Entscheidungsstichwort (Thema)

Maßgeblichkeit der Leistungsstufe für die Streitwertbestimmung bei "steckengebliebener" Stufenklage

 

Leitsatz (amtlich)

Auch wenn eine Stufenklage nach rechtskräftiger Entscheidung durch Teilurteil in der Auskunftsstufe mangels weiterem Betreiben der Sache nach Aktenordnung weggelegt wird, ist für die Höhe des Streitwertes nicht allein auf die Auskunftsstufe abzustellen, sondern gem. § 44 GKG auf den höheren der verbundenen Ansprüche, in der Regel also auf den Anspruch aus der Leistungsstufe. Für diesen Wert ist die Vorstellung des Klägers in der Klagbegründung maßgeblich, was nur dann anders sein kann, wenn sie ausnahmsweise schon aus sich heraus erkennbar ohne Realitätsgehalt erscheint.

 

Normenkette

GKG §§ 40, 44

 

Verfahrensgang

LG Lübeck (Beschluss vom 30.01.2014; Aktenzeichen 5 O 40/13)

 

Tenor

Die Beschwerde der Beklagten gegen den Streitwertbeschluss des Einzelrichters der 5. Zivilkammer des LG Lübeck vom 30.1.2014 wird zurückgewiesen.

Das Beschwerdeverfahren ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

Die Streitwertbeschwerde ist nach § 68 GKG zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg. Der Streitwert war nach § 63 Abs. 2 GKG festzusetzen, nachdem die Stufenklage nach Entscheidung über die erste Stufe nicht mehr weiter betrieben worden ist und die Sache nach Aktenordnung wegzulegen war.

Maßgeblich für die Höhe des Gebührenstreitwerts ist hier § 44 GKG: Wird mit der Klage auf Rechnungslegung oder Vorlegung eines Vermögensverzeichnisses oder Abgabe der eidesstattlichen Versicherung die Klage auf Herausgabe desjenigen verbunden, was der Beklagte aus dem zugrunde liegenden Rechtsverhältnis schuldet, ist für die Wertberechnung nur einer der verbundenen Ansprüche, und zwar der höhere, maßgebend. In der Regel ist das der Anspruch aus der Leistungsstufe. Es ist anerkannt, dass sich dieser Wert nach der Vorstellung des Klägers im Zeitpunkt der Erhebung der Klage bemisst (s. § 40 GKG), denn darin drückt sich sein Interesse aus, was er mit der Erhebung der Stufenklage insgesamt verfolgt. Die Vorstellung des Klägers ergibt sich aus seinem Sachvortrag in der Klagbegründung oder hilfsweise aus seinen Angaben für den Kostenvorschuss nach den §§ 12 Abs. 1 S. 1, 61 S. 1 GKG. Anders kann es nur dann sein, wenn die Klägervorstellung ausnahmsweise schon aus sich heraus erkennbar ohne Realitätsgehalt erscheint.

Hier hat der Kläger sein Interesse aus der Leistungsstufe in dem Schriftsatz vom 4.6.2013 - mit Hinweis auf einen vermuteten Wert des Nachlasses von 380.000 EUR (Barvermögen und Immobiliarvermögen) - unter Berücksichtigung seines Pflichtteils von 1/12 mit 31.666,67 EUR benannt. Dass dieser Wert von vornherein und aus sich erkennbar vollständig unrealistisch gewesen wäre, ist gerade nicht ersichtlich und ergibt sich insbesondere nicht aus dem Vorbringen der Beschwerdeführerin in ihrem Schriftsatz vom 30.7.2014.

Für die Streitwertfestsetzung ist unerheblich, dass die Leistungstufe allerdings (bislang) nicht aufgerufen worden und die Sache nach Aktenordnung wegzulegen ist.

Zwar wird für den Fall der sog. "steckengebliebenen" Stufenklage - die Leistungsstufe wird nicht mehr aufgerufen - von einer Ansicht vertreten, es sei für die Wertberechnung allein auf die Hilfsstufen abzustellen (OLG Stuttgart, 16. ZS, FamRZ 2005, 1765 f.; OLG Dresden MDR 1997, 691). Zur Begründung wird einerseits der Wortlaut des § 44 GKG angeführt, der nämlich die Möglichkeit eines höheren Wertes des Auskunftsanspruchs nicht ausschließe, und andererseits der Sinn und Zweck der Stufenklage, dem Kläger kostenreduzierend die Rechtshängigkeit eines noch unbestimmten Leistungsanspruchs kombiniert mit den Hilfsansprüchen zu ermöglichen. Aber diese Ansicht kann nicht überzeugen, weshalb die herrschende Meinung sich anders entscheidet (OLG Stuttgart, 8. und 11. ZS, FamRZ 2008, 533f und 534 f.; OLG Karlsruhe, ZEV 2009, 40; KG FamRZ 2007, 69 f.; OLG Saarbrücken AGS 2011, 91 ff. bei juris Rz. 21 - dort Rz. 20 mit weiteren Nachweisen für die herrschende Meinung in der Rechtsprechung; Teschner ErbR 2012, 194, 198 m.w.N.). Der Wortlaut von § 44 GKG führt nicht weiter, denn in aller Regel - und eben auch bei der steckengebliebenen Stufenklage - ist ausgehend von § 40 GKG der sich bei Klagerhebung unter Berücksichtigung der Vorstellung des Klägers ergebende Wert der rechtshängig gemachten Leistungsstufe der höhere. Zudem ist die mit der Stufenklage auch gewollte Möglichkeit der Kostenreduzierung und der Prozessrisikobeschränkung nicht grenzenlos zu gewährleisten. Diese Ziele werden durch die fehlende Zusammenrechnung der schließlich rechtshängig gemachten Ansprüche auf allen Stufen mit dem Vorteil der Verjährungshemmung bereits erreicht. Die Minderansicht verträgt sich gerade nicht mit dem bei Klagerhebung gewollten Ziel des Klägers, den Leistungsanspruch - wenn auch noch nicht beziffert - eben doch rechtshängig zu machen. Dann aber wird der Wert des klägerischen Begehrens auch von diesem Anspruch geprägt.

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