Entscheidungsstichwort (Thema)

Form der Einberufung der Mitgliederversammlung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die in Betracht kommenden Formen der Berufung der Mitgliederversammlung nach § 58 Nr. 4 BGB kann die Vereinssatzung grundsätzlich frei wählen, solange sichergestellt ist, dass jedes teilnahmeberechtigte Vereinsmitglied Kenntnis von der Anberaumung der Mitgliederversammlung erlangen kann.

2. Die Form der Berufung der Mitgliederversammlung muss hinreichend bestimmt sein. Die Bestimmung einer Vereinsatzung, wonach die Berufung der Mitgliederversammlung "in Textform" erfolgt, ist hinreichend bestimmt.

 

Normenkette

BGB § 58 Nr. 4, § 126b

 

Verfahrensgang

AG Kiel (Beschluss vom 08.03.2011)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Betroffenen vom 8.4.2011 wird der Beschluss des AG - Registergericht - Kiel vom 8.3.2011 geändert:

Das Registergericht wird angewiesen, den Betroffenen auf die Anmeldung der Vorstandsmitglieder K. und B. vom 30.11.2010 im Vereinsregister einzutragen.

 

Gründe

I. Der Betroffene begehrt die Eintragung des betroffenen Vereins im Vereinsregister.

Mit notariell beglaubigter Erklärung vom 30.11.2010 - URz ... des Notars G. in N. - haben die Vorstandsmitglieder K. und B. beim Registergericht die Gründung des Betroffenen zur Eintragung angemeldet. Mitglieder des Vorstands seien K. als Vorsitzender und B. als stellvertretender Vorsitzender. Der Anmeldung waren beigefügt Abschriften des Protokolls der Gründungsversammlung vom 18.10.2010, unterzeichnet von den vorgenannten Vorstandsmitgliedern und dem die Anmeldung beglaubigenden Notar, und der Satzung vom selben Tag, die von allen 8 erschienenen Gründungsmitgliedern unterzeichnet worden ist.

§ 9 der Satzung lautet:

"Einberufung von Mitgliederversammlungen"

Mitgliederversammlungen werden vom Vorsitzenden, bei dessen Verhinderung vom Stellvertretenden Vorsitzenden in Textform einberufen. Dabei ist die vom Vorstand festgelegte Tagesordnung mitzuteilen. Die Einberufungsfrist beträgt zwei Wochen. Zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Aufgabe der Einladung bei der Post unter der letzten dem Verein bekannten Mitgliederadresse."

Die Worte "in Textform" sind handschriftlich anstelle der im Satzungsentwurf ursprünglich maschinenschriftlich vorgesehenen und gestrichenen Worte "durch einfachen Brief" eingefügt worden.

Mit Zwischenverfügung vom 7.12.2010 hat das Registergericht mitgeteilt, dass eine Eintragung aufgrund der Anmeldung nicht möglich sei, weil § 9 der Satzung zu beanstanden sei. Durch die handschriftliche Einfügung sei die Satzung widersprüchlich geworden, weil die "Textform" keine Übersendung der Einladung per Post verlange, wie sie im letzten Satz des § 9 vorgesehen sei. Unabhängig davon sei eine Einladung in Textform ohne Angabe der gewählten Form unzulässig. § 58 Nr. 4 BGB verlange eine hinreichend bestimmte Regelung über die Form der Berufung. Die Textform würde die Einladung z.B. per maschinell erstellten Brief, E-Mail, Fax, Telegramm oder SMS-Nachricht erlauben. Die Wahl dieser mehreren nebeneinander bestehenden Berufungsmöglichkeiten gebe dem Mitglied keine Sicherheit mehr, auf welchem Wege es mit der Einladung zu rechnen habe. Sollte an der Formulierung "Textform" festgehalten werden, so müsse zumindest angegeben werden, in welcher Textform die Einladung erfolge, z.B. "in Textform (E-Mail)". Zur Erledigung der Einreichung einer geänderten Satzung aufgrund eines Mitgliederbeschlusses aller Gründungsmitglieder hat das Registergericht eine Frist von 2 Monaten gesetzt.

Gleichzeitig hat es darauf hingewiesen, dass die Textform keine der überkommenen Formzwecke (Warn-, Beweis-, Identitätsfunktion) erfülle, weil insbesondere weder eine eigenhändige schriftliche Unterschrift noch eine qualifizierte elektronische Signatur die Identität des Aussteller nachweise. Ob und welche Schwierigkeiten sich daraus für den Beweis eines gültigen Beschlusses der Mitgliederversammlung ergäben, möge selbst beurteilt werden.

Ob die Angaben in der Satzung, insbesondere in § 2 den Anforderungen zur Erlangung der Gemeinnützigkeit genügten, könne seitens des Registergerichts nicht beurteilt werden. Es werde anheimgestellt, vor Änderung der Satzung das zuständige Finanzamt dazu anzuhören.

Diese dem beglaubigenden Notar am 7.12.2010 zugestellte Zwischenverfügung ist reaktionslos geblieben, auch nachdem das Registergericht mit Verfügung vom 15.2.2011 darauf nochmals hingewiesen und angekündigt hat, dass es nach Ablauf von 2 Wochen die Anmeldung zurückweisen werde.

Mit Beschluss vom 8.3.2011 hat das Registergericht die Anmeldung aus den Gründen des in seiner Zwischenverfügung genannten Satzungsmangels unter Hinweis auf §§ 58 Nr. 4, 60 BGB zurückgewiesen.

Gegen diesen ihm am 9.3.2011 zugestellten Beschluss hat der Notar mit Fax vom 8.4.2011 Beschwerde eingelegt, mit der er beantragt, die Eintragung vorzunehmen. § 126b BGB regele mit der Textform einen neuen Formtyp, der lesbaren, aber unterschriftslosen Erklärung. Das Gesetz gehe selbst von der Zulässigkeit der Textform aus. Deshalb müsse auch die schriftl...

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