Entscheidungsstichwort (Thema)

Pfändung von Eigengeld eines Strafgefangenen

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Voraussetzung für alle von § 850 c ZPO erfaßten Bezüge ist, daß die Zahlung noch aussteht, der Schuldner also noch einen auf Zahlung in Geld zu erfüllenden Anspruch hat.

2. Das Eigengeld kann sowohl dem Zugriff der Gläubiger als auch der Verfügung des Gefangenen offenstehen.

 

Normenkette

ZPO §§ 850c, 850k; StVollzG § 51

 

Verfahrensgang

LG Lübeck (Entscheidung vom 05.01.1994; Aktenzeichen 7 T 763/93)

AG Lübeck (Aktenzeichen 51 M 2570/90)

 

Tenor

Die weitere Beschwerde wird auf Kosten des Schuldners zurückgewiesen.

Der Beschwerdewert wird für beide Rechtsmittelinstanzen auf 1.000, – DM festgesetzt.

 

Gründe

Die form- und fristgerecht eingelegte sofortige weitere Beschwerde des Schuldners ist gem. § 793 Abs. 2 ZPO statthaft. Sie ist auch gem. § 568 Abs. 2 Satz 2 ZPO zulässig, weil der angefochtene Beschluß des Landgerichts für den Schuldner einen neuen, selbständigen Beschwerdegrund enthält. Zu seinem Nachteil ist die Abhilfeentscheidung der Rechtspflegerin vom 22. November 1993 abgeändert worden.

In der Sache hat die weitere Beschwerde jedoch keinen Erfolg.

1.

Gepfändet hat die Gläubigerin den Anspruch des Schuldners auf Auszahlung des ihm als Eigengeld bereits gutgeschriebenen und künftig noch gutzuschreibenden Geldes mit den sich aus § 51 Abs. 4 StVollzG ergebenden Beschränkungen.

Zu Recht hat das Landgericht beanstandet, daß das Amtsgericht für das pfändbare Eigengeld, soweit es sich aus überwiesenem Arbeitseinkommen des Schuldners zusammensetze, eine Pfändung nur nach Maßgabe des § 850 c ZPO zugelassen hat.

Eine direkte Anwendung des § 850 c ZPO scheidet mangels Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen dieser Vorschrift aus.

Voraussetzung für alle von § 850 c ZPO erfaßten Bezüge ist nämlich, daß die Zahlung noch aussteht, der Schuldner also noch einen auf Zahlung in Geld zu erfüllenden Anspruch hat.

Es kann an dieser Stelle noch offen bleiben, ob der im § 43 Abs. 1 Satz 1 StVollzG geregelte Anspruch des Gefangenen auf ein Arbeitsentgelt trotz der weitgehenden Befugnisse der Anstalt, durch die Gutschrift auf verschiedene Konten die weitere Verwendung festzulegen, überhaupt im Sinne von § 850 Abs. 1 ZPO unmittelbar auf Zahlung in Geld gerichtet ist. Jedenfalls scheidet eine direkte Anwendung des § 850 c ZPO schon deshalb aus, weil der Anspruch mit Gutschrift auf die nach dem Strafvollzugsgesetz vorgesehenen Verwendungskonten (Überbrückungsgeld, Hausgeld und Eigengeld) gem. § 362 Abs. 1 BGB erfüllt und damit erloschen ist (OLG Hamm, NStZ 1988, 479, 480; LG Regensburg ZfStrVo 1981, 312, 314; Fluhr ZfStrVo 1989, 103, 106; Konrad ZfStrVo 1990, 203, 205 und 206).

Im Strafvollzugsgesetz selbst ist geregelt, daß die Anstalt den Anspruch auf das konkret verdiente Arbeitsgeld durch Gutschrift auf die genannten Konten erfüllt. Der Gefangene erwirbt mit den im Strafvollzugsgesetz geregelten Einschränkungen einen Anspruch auf Auszahlung erst wegen der ihm gutgeschriebenen Beträge. Bereits mit diesem Anspruchserwerb ist er aber andererseits wegen seines Arbeitsentgelts befriedigt (LG Berlin Rpfleger 1981, 445; Fluhr aaO.).

Mit der Erfüllung erlischt grundsätzlich der für den Anspruch auf Arbeitsentgelt selbst zuvor begründete Pfändungsschutz, sofern gesetzliche Vorschriften ihn nicht auf die Vermögenslage nach Erfüllung erweitern, wie dies in §§ 850 i Abs. 4 und 850 k ZPO für die dort geregelten Fälle geschehen ist.

Daß nach Erfüllung des Anspruchs des Schuldners auf Arbeitseinkommen durch seinen Arbeitgeber § 850 c ZPO nicht mehr einschlägig ist, ist in der Rechtssprechung der zivilrechtlichen Vollstreckungsgerichte einhellige Ansicht (Zöllen/Stöben, ZPO, 18. Auflage, § 850 Rdnr. 2; 850 k Rdnr. 1; LG Berlin aaO.).

Das ist schon auf Grund der Systematik des Rechts der Forderungspfändung so selbstverständlich, daß obergerichtliche Rechtsprechung, soweit ersichtlich, hierzu fehlt. Eine erloschene Forderung kann nicht gepfändet werden, Pfändungsschutzvorschriften gehen folglich ins Leere.

An ihre Stelle tritt Pfändungsschutz des durch die Erfüllung Erworbenen, etwa in §§ 811 Nr. 2 und 8, 850 i Abs. 4 und 850 k ZPO, soweit die jeweiligen Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt sind.

Wegen der grundsätzlichen Unanwendbarkeit des § 850 c ZPO auf eine bereits erfüllte Forderung auf Arbeitsentgelt kommt auch eine analoge Anwendung dieser Vorschrift auf ein aus Arbeitseinkommen herrührendes Guthaben nicht in Betracht. Es fehlt bereits an der Grundvoraussetzung jeder Analogie, nämlich an einem rechtsähnlichen Tatbestand (dazu Palandt/Heinrichs, BGB, 53. Auflage, Einl Rdnr 40). Allenfalls § 850 k ZPO käme als Grundlage für eine Analogiebildung in Betracht, da in dieser Vorschrift der Forderungspfändungsschutz über den Zeitpunkt des Erlöschens der Forderung hinaus auf ein aus Arbeitseinkommen gebildetes Guthaben erstreckt wird.

2.

Im Ergebnis zu Recht hat das Landgericht eine Erstreckung des § 850 k ZPO auf den Anspruch auf Auszahlung des Eigengeldes des Gefange...

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