Entscheidungsstichwort (Thema)

Umwandlung einer AG in eine KGaA - kein Stimmrecht für Inhaber stimmrechtloser Vorzugsaktien

 

Leitsatz (amtlich)

1. Bei dem Beschluss der Hauptversammlung einer AG über die Umwandlung in eine KGaA haben die Inhaber stimmrechtsloser Vorzugsaktien jedenfalls dann kein Stimmrecht, wenn kein Fall der §§ 140 Abs. 2 S. 1, 141 Abs. 1 und 2 AktG vorliegt.

2. In dem Umstand, dass das Gewicht des künftig nach § 140 Abs. 2 S. 1 AktG möglicherweise entstehenden Stimmrechts der Vorzugsaktionäre rechtsformbedingt in der KGaA geringer ist, liegt keine Beschränkung des Vorzugs.

 

Normenkette

AktG §§ 140-141, 243; UmwG §§ 16, 65, 198

 

Verfahrensgang

LG Lübeck (Beschluss vom 07.08.2007; Aktenzeichen 8 O 80/07)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss der Kammer für Handelssachen I des LG Lübeck vom 7.8.2007 wird zurückgewiesen.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens nach einem Gegenstandswert von 200.000 EUR.

 

Gründe

I. Die Hauptversammlung der Antragstellerin, einer börsennotierten Aktiengesellschaft, beschloss am 11.5.2007 die formwechselnde Umwandlung der Antragstellerin in die Rechtsform der Kommanditgesellschaft auf Aktien. Gegen diesen Beschluss hat die Antragsgegnerin am 11.6.2007 zu dem Aktenzeichen 8 O 73/07 LG Lübeck Anfechtungs-, hilfsweise Nichtigkeitsklage eingereicht, über die noch nicht entschieden ist. Im vorliegenden Verfahren hat die Antragstellerin - die Beklagte in dem genannten Klagverfahren - am 9.7.2007 einen Antrag im Freigabeverfahren gem. §§ 198 Abs. 3, 16 Abs. 3 Satz 1 UmwG mit dem Antrag eingereicht, festzustellen, dass die Erhebung der Klage gegen die Wirksamkeit des Beschlusses der Hauptversammlung der Antragstellerin vom 11.5.2007 über den Formwechsel der Gesellschaft in die Rechtsform der Kommanditgesellschaft auf Aktien unter Beitritt der X. AG und über die Feststellung der Satzung der Eintragung des Formwechsels in das Handelsregister nicht entgegensteht. Zur Begründung hat sie ausgeführt, die Klage der Antragsgegnerin im Hauptsacheverfahren sei offensichtlich unbegründet.

Die Antragsgegnerin ist diesem Begehren entgegengetreten.

Hinsichtlich des Vorbringens der Beteiligten im vorliegenden Verfahren wird auf die Gründe I des angefochtenen Beschlusses Bezug genommen.

Das LG hat dem Antrag stattgegeben und ausgeführt, die Voraussetzungen für den Freigabebeschluss nach den §§ 198 Abs. 3, 16 Abs. 3 Satz 1 UmwG seien gegeben, weil weder ein Anfechtungsgrund i.S.v. § 243 AktG noch ein Nichtigkeitsgrund i.S.v. § 241 AktG vorliege, die Klage im Hauptsacheverfahren deshalb voraussichtlich abzuweisen sei und auch in der Berufungs- und Revisionsinstanz keine Erfolgsaussicht biete.

Der Beschluss der Hauptversammlung der Antragstellerin vom 11.5.2007 verletzte nicht das Gesetz i.S.v. § 243 Abs. 1 AktG, weil er unter Missachtung eines Sonderstimmrechts der Inhaber von Vorzugsaktien - solche Aktien hält nach ihrem Vortrag auch die Antragsgegnerin - zustande gekommen sei. Ein solches Sonderstimmrecht habe den Vorzugsaktionären im Zusammenhang mit diesem Beschluss nicht zugestanden. Das ergebe sich aus den §§ 240 Abs. 1, 65 Abs. 2 UmwG, wonach stimmrechtslose Aktien an der Entscheidung grundsätzlich nicht beteiligt seien. Soweit sich Ausnahmen aus den §§ 140 Abs. 2, 141 Abs. 1 AktG ergeben würden, lägen die Voraussetzungen dieser Normen nicht vor. Ob das Sonderstimmrecht der Vorzugsaktionäre aus § 140 Abs. 2 AktG überhaupt einen Vorzug i.S.v. § 139 Abs. 1 AktG darstelle, könne dahinstehen, weil ein solches Recht gem. § 278 Abs. 3 AktG auch in der Kommanditgesellschaft auf Aktien für die Vorzugsaktionäre weiterhin bestehen würde. Ob sich der Einfluss der Vorzugsaktionäre durch den Umwandlungsbeschluss tatsächlich verringert habe, könne ebenfalls offen bleiben, weil die Einflussmöglichkeit von Vorzugsaktionären auf die Geschäftsführung nicht zu den Vorzügen stimmrechtloser Aktien i.S.v. § 139 Abs. 1 AktG gehöre.

Die Antragsgegnerin sei auch nicht zur Anfechtung gem. § 243 Abs. 2 AktG unter dem von ihr vorgetragenen Gesichtspunkt berechtigt, dass ein Aktionär mit der Ausübung des Stimmrechts für sich oder einen Dritten Sondervorteile zum Schaden der Gesellschaft oder der anderen Aktionäre zu erlangen versuche. Insoweit gelte nämlich, dass die Aktionäre rechtsformbedingte Minderungen ihrer Stimmkraft hinnehmen müssten, weil solches von dem Gesetzgeber mit der Schaffung des Umwandlungsgesetzes in Kauf genommen worden sei. Anhaltspunkte für eine gezielte Beeinträchtigung von Minderheiten im Sinne eines treuwidrigen Verhaltens lägen nicht vor. Der Umwandlungsbericht habe als Grund für die Umwandlung die Notwendigkeit zur Kapitalerhöhung angegeben. Es sei nicht ersichtlich, dass diese Umwandlung auf die Schwächung der Rechte der Vorzugsaktionäre abziele. Auch ihnen komme die Kapitalbeschaffung letztlich zugute, weil sie Unternehmenswachstum und Erzielung größerer Gewinne ermögliche.

Die Antragsgegnerin sei schließlich auch nicht zur Anfechtung gem. §...

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