Entscheidungsstichwort (Thema)

Verfahrenskostenhilfe nach Rechtskraft der Hauptsache

 

Leitsatz (amtlich)

1. Über die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe muss grundsätzlich zügig und wenn möglich grundsätzlich vor dem Termin in der Hauptsache entschieden werden.

2. Nach der Einlegung einer sofortigen Beschwerde gegen die Versagung von Verfahrenskostenhilfe ist unverzüglich über die Abhilfe bzw. Nichtabhilfe zu entscheiden. Für den Fall der Nichtabhilfe ist im Regelfall wegen des Gebots der prozessualen Fairness mit dem Hauptsacheverfahren inne zu halten und die Entscheidung über die sofortige Beschwerde abzuwarten.

3. Die Nichtabhilfeentscheidung des Familiengerichts im Rahmen des VKH-Beschwerdeverfahrens ist jedenfalls bei einer Begründung durch den Beschwerdeführer ebenfalls zu begründen.

4. Das Beschwerdegericht ist trotz des Eintritts der Rechtskraft in der Hauptsache nicht daran gehindert, die Erfolgsaussichten der Rechtsverteidigung anders als das Familiengericht zu beurteilen, wenn dieses die Entscheidung über die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe oder die Abhilfeentscheidung pflichtwidrig verzögert hat.

 

Normenkette

FamFG § 76; ZPO §§ 127, 572

 

Verfahrensgang

AG Schwarzenbek (Beschluss vom 23.05.2011; Aktenzeichen 22 F 680/10)

 

Tenor

Der Nichtabhilfebeschluss des AG - Familiengericht - Schwarzenbek vom 23.5.2011 wird aufgehoben.

Das Verfahren wird zur erneuten Entscheidung über die sofortige Beschwerde des Antragsgegners an das AG - Familiengericht - Schwarzenbek zurückverwiesen.

 

Gründe

I. Die Beteiligten streiten über Ansprüche auf Kindesunterhalt. Mit dem am 6.7.2010 beim Familiengericht eingegangenen Antrag begehrt die Antragstellerin vom Antragsgegner Kindesunterhalt für die gemeinsamen Kinder.

Im Verfahrenskostenhilfeprüfungsverfahren nahm der anwaltlich vertretene Antragsgegner durch Schriftsatz vom 6.9.2010 Stellung und beantragte seinerseits die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für die Rechtsverteidigung.

Mit Schreiben vom 26.10.2010 beraumte das Familiengericht Termin auf den 14.12.2010 an und wies den Antragsgegner darauf hin, dass die Erklärung über die persönlichen unwirtschaftlichen Verhältnisse nicht vorliegt. Weiterhin wurde dem Antragsgegner Gelegenheit zur weiteren Substantiierung seiner Einwendungen binnen einer Frist von zwei Wochen gegeben.

Mit Schriftsatz vom 23.11.2010 reichte der Antragsgegner die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse ein. Durch Beschluss vom 1.12.2010 wurde dem Antragsgegner teilweise Verfahrenskostenhilfe für die Rechtsverteidigung bewilligt.

Im Termin vom 14.12.2010 verhandelten die Beteiligten zur Hauptsache. Das Terminsprotokoll endete mit dem Beschluss, dass ein neuer Termin von Amts wegen anberaumt werden wird.

Mit Schriftsatz vom 6.1.2011 legte der Antragsgegner gegen die nur teilweise Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe durch das Familiengericht sofortige Beschwerde ein. In diesem Schriftsatz wurden zur Begründung der sofortigen Beschwerde auf vier A-4-Seiten Ausführungen zur Unterhaltsberechnung gemacht.

Unter dem 19.1.2011 beraumte das Familiengericht dann erneut Termin in der Hauptsache auf den 8.2.2011 an. In diesem Termin verhandelten die Beteiligten zur Hauptsache. Termin zur Verkündung einer Entscheidung wurde auf den 22.2.2011 anberaumt.

Am 22.2.2011 wurde dann der Hauptsachebeschluss verkündet. Weiterhin wurde am selben Tage durch das AG - Familiengericht - Schwarzenbek ein Verfahrenskostenhilfebeschluss betreffend den Antragsgegner erlassen, in dem die Verfahrenskostenhilfebewilligung für die Rechtsverteidigung zugunsten des Antragsgegners geringfügig erweitert wurde. Allerdings blieb auch dieser Beschluss hinter dem Antrag des Antragsgegners auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für die gesamte Rechtsverteidigung zurück. Zur Begründung wurde in diesem Verfahrenskostenhilfebeschluss auf die Gründe der Hauptsacheentscheidung verwiesen. Dieser Beschluss wurde mit einer Rechtsbehelfsbelehrung dahingehend versehen, dass gegen die Entscheidung sofortige Beschwerde eingelegt werden kann.

Der Antragsgegner legte dann gegen die Hauptsacheentscheidung fristgerecht Beschwerde ein. Der abändernde Verfahrenskostenhilfebeschluss wurde dem Antragsgegner unter dem 11.3.2011 zugestellt. Gegen diesen Beschluss legte der Antragsgegner erneut innerhalb der Beschwerdefrist sofortige Beschwerde ein. Die sofortige Beschwerde enthält fünf A-4-Seiten Begründung, in dem sich im Einzelnen mit der vom Familiengericht vorgenommenen Unterhaltsberechnung auseinandergesetzt wird.

Nach Aufforderung durch den zunächst zuständigen Einzelrichter des Beschwerdegerichts erließ das Familiengericht unter dem 23.5.2011 einen Nichtabhilfebeschluss ohne weitere Begründung.

Auf den Hinweis des Senates, dass die Hauptsachebeschwerde wegen der fehlenden Begründung unzulässig sei, nahm der Antragsgegner seine Beschwerde mit Schriftsatz vom 21.6.2011 zurück.

Mit Beschluss vom 4.7.2011 hat der Einzelrichter das die Verfahrenskostenhilfe betreffende Beschwerdeverfahre...

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