Rechtskräftig; Nichtzulassungsbeschwerde unbegründet durch BFH Beschluss VII B 65/19 vom 24. 7. 2019

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine vollstreckbare Ausfertigung eines gegen einen vollstreckbaren Verwaltungsakt gerichteten klageabweisenden Urteils für den Insolvenzverwalter

 

Leitsatz (amtlich)

Weist das Gericht eine gegen einen vollstreckbaren Verwaltungsakt gerichtete Klage ab, vollstreckt der Abgabenberechtigte nicht aus dem (abweisenden) Urteil, sondern nach wie vor aus dem Verwaltungsakt. Eine vollstreckbare Ausfertigung für den Insolvenzverwalter kann nicht erteilt werden.

 

Normenkette

FGO §§ 150 ff.; ZPO § 727; AnfG §§ 16-17

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 24.07.2019; Aktenzeichen VII B 65/19)

 

Tatbestand

I.

Das Finanzamt hat als Anfechtungsgläubiger einen Duldungsbescheid gem. § 191 Abs. 1 Satz 2 Abgabenordnung (AO) i.V.m. §§ 1, 2, 3 Abs. 2, 4 und 11 des Anfechtungsgesetzes (AnfG) vom 20. April 2012 erlassen und durch zwei Teilrücknahmen vom 13. März 2014 und vom 11. April 2014 u. a. auf die Duldung der Vollstreckung in den dem Ehemann der Klägerin ursprünglich gehörenden (...) Anteil an der Partnerschaft L begrenzt. Das Leistungsgebot datiert vom 16. Juni 2014 und die dazu ergangene Einspruchsentscheidung vom 23. März 2015.

Die Klägerin hat die Bescheide angefochten. Die Klage ist mit Urteil vom 22. März 2017 abgewiesen worden.

Die von der Klägerin am 21. April 2017 beim Bundesfinanzhof (BFH) erhobene Nichtzulassungsbeschwerde ist mit Beschluss vom 04. Mai 2018 als unzulässig verworfen worden. Damit ist Rechtskraft des Urteils im Verfahren 3 K 56/15 eingetreten. Die Klägerin als Anfechtungsgegnerin ist u. a. verpflichtet, den von ihrem Ehemann, Herrn C, anfechtbar erworbenen (...) Anteil an der Partnerschaft L zur Befriedigung der Gläubiger des Schuldners zur Verfügung zu stellen.

Über das Vermögen des Ehemannes der Klägerin, Herrn C, ist zwischenzeitlich mit Beschluss des Amtsgerichtes G vom 14. November 2017 das Insolvenzverfahren eröffnet und Herr Rechtsanwalt E zum Insolvenzverwalter bestellt worden.

Mit Schreiben vom 24. Juli 2018 beantragt der Insolvenzverwalter die Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung des Urteils vom 22. März 2017 in dem Verfahren 3 K 56/15. Er ist der Auffassung, dass der Antragsteller in Bezug auf den streitgegenständlichen Anfechtungsanspruch Rechtsnachfolger des Einzelgläubigers (Finanzamt G) mit einem insolvenzrechtlich modifizierten Anspruchsinhalt geworden sei. Gem. § 16 Abs. 1 Satz 1 Anfechtungsgesetz (AnfG) sei (ausschließlich) der Insolvenzverwalter berechtigt, die von den Insolvenzgläubigern erhobenen materiell-rechtlichen Anfechtungsansprüche zu verfolgen. Ein bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens noch laufendes Klageverfahren des Einzelgläubigers könne der Insolvenzverwalter aufnehmen. Den vormaligen Klageantrag (des anfechtenden Gläubigers) könne er dabei nach Maßgabe der §§ 143,144 und 146 der Insolvenzordnung (InsO) erweitern (§ 17 Abs. 2 AnfG). Dies gelte auch dann, wenn (wie hier) der materiell-rechtliche Anfechtungsanspruch durch den Gläubiger vorgerichtlich im Wege eines Duldungsbescheids verfolgt und der Duldungsbescheid sodann von dem Anfechtungsgegner (durch Erhebung einer prozessualen Anfechtungsklage) angegriffen worden sei. Auch in diesem Fall könne der Insolvenzverwalter den noch laufenden Prozess aufnehmen. Dem Insolvenzverwalter komme dabei die Rolle des Klägers zu. Die (prozessuale) Anfechtungsklage des Anfechtungsgegners werde zur Leistungsklage des Insolvenzverwalters. Wenn das Klageverfahren des Einzelgläubigers bereits abgeschlossen worden sei und aus Sicht des Gläubigers Erfolg gehabt habe, könne die Vollstreckungsklausel auf den Insolvenzverwalter als Rechtsnachfolger gemäß § 727 ZPO umgeschrieben werden. Dabei sei dem gegenüber § 11 AnfG geänderten Anspruchsinhalt nach Maßgabe des § 143 Abs. 1 InsO Rechnung zu tragen. Die Einzelgläubigeranfechtung sei gem. § 11 AnfG darauf gerichtet, dass der Anfechtungsgegner die Zwangsvollstreckung in den anfechtbar übertragenen Gegenstand dulde. Gem. § 143 Abs. 1 Satz 1 InsO gelte ein insolvenzrechtlich modifizierter Anspruchsinhalt: Der anfechtbar übertragene Gegenstand müsse zur Insolvenzmasse zurückgewährt werden. Insofern sei der Anteil an der o.g. Partnerschaftsgesellschaft einschließlich eines etwaigen Abfindungsanspruchs (§ 285 BGB) an den Antragsteller abzutreten.

Der Antragsteller beantragt,

Herrn Rechtsanwalt E als Insolvenzverwalter über das Vermögen des Herrn C (gem. Beschluss des Amtsgerichts G -Insolvenzgericht- vom 14. November 2017) von dem Urteil des Schleswig-Holsteinischen Finanzgerichts vom 22. März 2017 zum Aktenzeichen 3 K 56/15 eine vollstreckbare Ausfertigung zu erteilen und den vollstreckbaren Inhalt wie folgt zu fassen:

"Die Klägerin (Frau I) ist dazu verurteilt, an Herrn Rechtsanwalt E als Insolvenzverwalter über das Vermögen des Herrn C (gem. Beschluss des Amtsgerichts G - Insolvenzgericht- vom 14. November 2017) abzutreten: Ihren (Frau Is) Anteil an der Partnerschaft L einschlie...

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