Die Rücksichtnahme des einzelnen Eigentümers gegenüber der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer wirkt sich insbesondere beim Stimmverhalten in der Eigentümerversammlung aus. Grundsätzlich ist das Stimmrecht des Wohnungseigentümers Ausfluss seines Mitgliedschaftsrechts in der Wohnungseigentümergemeinschaft.[1] Es vermittelt ihm das Recht und die Möglichkeit, an der Gestaltung der rechtlichen Beziehungen und der wirtschaftlichen Verwaltung mitzuwirken.

 
Hinweis

Missbräuchliche Stimmrechtsausübung

Von einer missbräuchlichen und deshalb möglicherweise unzulässigen Stimmrechtsausübung kann ausgegangen werden, wenn sie offensichtlich nicht aus sachbezogenen, sondern ausschließlich aus sachfremden Motiven erfolgt, um der Gemeinschaft zu schaden. Dies im Einzelfall konkret nachzuweisen, ist schwierig. Von einer solch missbräuchlichen Ausübung wird ausgegangen, wenn ein Mehrheitseigentümer einen ihm persönlich verbundenen Verwalter einsetzt, dessen fehlende fachliche Eignung offenkundig ist.

Alleine die Ausnutzung der Stimmenmehrheit reicht hierfür nicht, selbst wenn sie 90 % ausmacht.[2] Allerdings führt selbst die missbräuchliche Stimmrechtsausübung nur zur Anfechtbarkeit, nicht aber zur Unwirksamkeit der zustande gekommenen Beschlüsse.[3]

Ein Stimmrechtsausschluss wegen rechtsmissbräuchlichen Verhaltens kommt allerdings nur ausnahmsweise und unter engen Voraussetzungen in Betracht. Es reicht nicht aus, dass der mit den Stimmen eines Mehrheitseigentümers gefasste Beschluss ordnungsmäßiger Verwaltung widerspricht, oder dass ein Wohnungseigentümer aufgrund seines Stimmgewichts Beschlussfassungen blockiert, obwohl es ein Gebot ordnungsmäßiger Verwaltung wäre, einen positiven Beschluss zu fassen.[4]

Ein regelrechter Ausschluss des Stimmrechts ist nur unter den in § 25 Abs. 4 WEG vorgesehenen Fällen denkbar.

Mögliche Schadensersatzansprüche

Einem Wohnungseigentümer kann es im Hinblick auf die schuldrechtliche Sonderverbindung zwischen den Mitgliedern einer Wohnungseigentümergemeinschaft verwehrt sein, die Wohnungseigentümergemeinschaft als Verband in Anspruch zu nehmen, wenn für den geltend gemachten Schaden ein Dritter in Anspruch genommen werden kann.

So ist bei bestehendem Versicherungsschutz durch eine Gebäudeversicherung ein geschädigter Miteigentümer verpflichtet, nicht den schädigenden Miteigentümer auf Schadensausgleich in Anspruch zu nehmen, wenn der geltend gemachte Schaden Bestandteil des versicherten Interesses ist, der Gebäudeversicherer nicht Regress nehmen könnte und nicht besondere Umstände vorliegen, die ausnahmsweise eine Inanspruchnahme des Schädigers durch den Geschädigten rechtfertigen. Hierfür ist ausschlaggebend, dass der Geschädigte bei dieser Sachlage im Regelfall kein vernünftiges Interesse daran hat, sich an den Schädiger zu halten und dass durch eine Inanspruchnahme des Miteigentümers das Miteinander der Wohnungseigentümer ernsthaft beeinträchtigt wird.

Entsprechende Grundsätze gelten im Fall möglicher Schadensersatzansprüche wegen einer Beschädigung des Sondereigentums eines Wohnungseigentümers etwa im Zuge von Sanierungsarbeiten durch Handwerksunternehmen. Ein geschädigter Wohnungseigentümer ist insoweit verpflichtet, vorrangig den von der Wohnungseigentümergemeinschaft beauftragten Handwerker in Anspruch zu nehmen, wenn nicht besondere Umstände vorliegen, die ausnahmsweise eine Inanspruchnahme der Wohnungseigentümergemeinschaft rechtfertigen.[5] Die zwischen den Mitgliedern einer Wohnungseigentümergemeinschaft bestehende Treue- und Rücksichtnahmepflicht begründet nämlich auch eine Rücksichtnahmepflicht des einzelnen Wohnungseigentümers gegenüber der Gemeinschaft.

[2] OLG Zweibrücken, Beschluss v. 10.7.1989, 3 W 72/82.
[5] LG Stuttgart, Urteil v. 11.5.2016, 10 S 2/16; Revisionszulassung.

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