Leitsatz

Die Ausgangslage

Viele GmbH-Satzungen sehen vor, dass Streitigkeiten zwischen den Gesellschaftern oder den Gesellschaftern und der Gesellschaft unter Ausschluss des ordentlichen Rechtsweges von einem Schiedsgericht entschieden werden sollen. Ob diese Schiedsklausel auch für Beschlussmängelstreitigkeiten gilt, war lange Zeit ungeklärt. In seiner ersten Entscheidung hatte der BGH nämlich erkannt, dass ein den Beschluss für unwirksam erklärender Schiedsspruch nur inter partes, also zwischen den Parteien des Schiedsverfahrens wirke. Im Verhältnis zu den nicht am Verfahren beteiligten Gesellschaftern könne das Schiedsgericht keine bindende Entscheidung treffen. Das führt zu Rechtsunsicherheit und -unklarheit, da dann ungewiss ist, ob und ggf. im Verhältnis zwischen welchen Beteiligten der Beschluss wirksam oder unwirksam ist; selbst widerstreitende Entscheidungen wären denkbar. Das ist bei Klagen vor staatlichen Gerichten anders: Hier gilt unumstritten auch im GmbH-Recht § 248 Abs. 1 Satz 1 AktG entsprechend, der die bindende Wirkung des Urteils auch allen nicht förmlich Beteiligten gegenüber anordnet ("inter-omnes-Wirkung"). Auf Schiedsverfahren wollte der BGH diese Bestimmung jedoch nicht entsprechend anwenden. An der unzureichenden "inter-partes-Wirkung" des Schiedsspruchs ließ er die Wirksamkeit von Schiedsklauseln auch für Beschlussmängelstreitigkeiten daher scheitern. Die Entscheidung kam für den Gesetzgeber, der gerade an der Novelle des Schiedsverfahrensrechts arbeitete, früh genug; er allein traute sich eine abstrakte Regelung nicht zu und überließ es der Rechtsprechung, die Frage im Einzelfall unter Berücksichtigung der konkreten Umstände zu klären.

Die Entscheidung de BGH

Diesen Ball hat der BGH nun aufgenommen. Der BGH erklärt § 248 Abs. 1 Satz 1 AktG auch für das Schiedsverfahren und für Schiedssprüche zu Beschlussmängelstreitigkeiten für entsprechend anwendbar. Er kommt - zutreffend - zu dem Schluss, dass die Rechtsfolge des § 248 Abs. 1 Satz 1 AktG eine Konsequenz aus der Anerkennung der Schiedsfähigkeit von Beschlussmängelstreitigkeiten sei. Dass sie aber schiedsfähig sind, daran kann angesichts des Wortlauts des § 1030 Abs. 1 ZPO an sich kein Zweifel bestehen; denn sie sind vermögensrechtliche Streitigkeiten im Sinn dieser Vorschrift. Dann muss aber folgerichtig auch die Rechtsfolge aus § 248 Abs. 1 Satz 1 AktG gelten, die im Übrigen auch im GmbH-Recht nur analog gilt, da das GmbH-Recht selbst insgesamt keine Vorschriften zu Beschlussmängeln enthält.

Wenn somit feststeht, dass Beschlussmängelstreitigkeiten schiedsfähig sind und Schiedsurteile, die die Unwirksamkeit von Beschlüssen feststellen, in analoger Anwendung des § 248 Abs. 1 Satz 1 AktG auch gegenüber allen übrigen Gesellschaftern wirken ("inter-omnes-Wirkung"), dann aber - so der BGH - muss gewährleistet sein, dass das Schiedsverfahren rechtsstaatlichen Mindestanforderungen genügt und die anderen Gesellschafter ausreichend Möglichkeit haben, sich an dem Verfahren zu beteiligen. Schiedsklauseln, die das nicht gewährleisten, sind nach § 138 BGB unwirksam.

Folgende Punkte sind nach Meinung des BGH zu beachten:

  • Jeder Gesellschafter muss über die Einleitung eines Schiedsverfahrens zur Anfechtung eines Beschlusses informiert werden. Er muss Gelegenheit haben, dem Verfahren beizutreten.
  • Damit ist die Schiedsrichterernennung entsprechend zu regeln; denn wesentliches Element der Schiedsgerichtsbarkeit ist, dass alle Beteiligten gleichermaßen Einfluss auf die Besetzung des Schiedsgerichts nehmen können. Der BGH lässt hier Mehrheitsentscheidungen zu: Jede Seite - die Kläger- und die Beklagtenseite - könne bei einem Dreierschiedsgericht je einen Schiedsrichter durch Mehrheitsbeschluss wählen.
  • Im Übrigen bedarf die Schiedsklausel, egal ob es sich um eine Schiedsvereinbarung i.S.v. § 1031 oder um eine statutarische Schiedsklausel gem. § 1066 ZPO handelt, des Einvernehmens sämtlicher Gesellschafter.
 

Hinweis

Mit dieser Entscheidung ist ein Stück Sicherheit eingekehrt. Grundsätzlich steht damit fest, dass Beschlussmängelstreitigkeiten auch Schiedsgerichten übertragen werden können. Sie sind schiedsfähig (§ 1030 Abs. 1 ZPO). Die Entscheidung des Schiedsgerichts wirkt analog § 248 Abs. 1 Satz 1 AktG gegenüber allen; unklare Rechtslagen werden so ausgeschlossen.

Auch nach Veröffentlichung der Entscheidungsgründe muss festgestellt werden, dass die richtige Formulierung der Schiedsklausel eine echte Herausforderung an die Kautelarpraxis ist:

  • Die Klausel muss gewährleisten, dass alle Gesellschafter umgehend informiert werden.
  • Sie müssen gleiche Chancen haben, sich am Verfahren zu beteiligen.
  • Sie müssen bei der Besetzung des Schiedsgerichts gleiche Rechte haben. Hier sollte der Ausweg des BGH vermieden werden, beide Seiten durch Mehrheitsbeschluss einen parteiernannten Schiedsrichter bestellen zu lassen; das birgt nur neues Streitpotential im Ernennungsverfahren. Besser ist es, von vornherein die Gesamtbesetzung einer neutralen Stelle zu übertragen.
  • Vorsorglich s...

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