Leitsatz

Die Wohnungseigentümer können ihre individuellen Schadensersatzansprüche gegen den Verwalter wegen der ihnen in einer Anfechtungsklage auferlegten Kosten vergemeinschaften. Etwas anderes gilt bei Schadensersatzansprüchen wegen Kosten, die einem Wohnungseigentümer durch die Beauftragung eines eigenen Rechtsanwalts entstanden sind.

 

Normenkette

WEG § 10 Abs. 6 Satz 3

 

Das Problem

  1. Die Wohnungseigentümer einer Wohnungseigentumsanlage unterliegen in 3 Anfechtungsklagen. Gegenstand der Anfechtungsklagen waren Beschlüsse nach § 28 Abs. 5 WEG, mit denen die Wohnungseigentümer Abrechnungsentwürfe des Ex-Verwalters B genehmigt hatten. Den Wohnungseigentümern entstehen durch die erfolglose Verteidigung gegen diese Klagen Kosten von 45.402,44 EUR.
  2. Nach Hinweis des neuen Verwalters, B könnte den Wohnungseigentümern insoweit aus dem Verwaltervertrag als Vertrag zu ihren Gunsten Schadensersatz schulden, beschließen die Wohnungseigentümer, B in Regress zu nehmen. Ferner ermächtigen sie den aktuellen Verwalter, B namens der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer K zu verklagen.
  3. Das Amtsgericht (AG) weist diese Klage ab. Auf die Berufung der K verurteilt das Landgericht (LG) B hingegen unter Zurückweisung im Übrigen zur Zahlung von 45.013,49 EUR nebst Zinsen und vorgerichtlicher Anwaltskosten. Mit der Revision verfolgt B seinen Klageabweisungsantrag weiter. Er meint im Kern, die K sei nicht berechtigt, die den Wohnungseigentümern entstandenen Schäden einzuklagen. Ohne Erfolg!
 

Die Entscheidung

Das LG bejahe ohne Rechtsfehler die Befugnis der K, Schadensersatzansprüche gegen B im eigenen Namen geltend zu machen.

 

Kommentar

  1. Die Prozessführungsbefugnis der K bedürfte keiner näheren Begründung, wenn Gegenstand der Klage und der Entscheidung des LG ein (behaupteter) eigener Anspruch der K wäre, der ihr gemäß § 10 Abs. 6 Satz 2 WEG grundsätzlich zustehen könne. Insoweit würde der allgemein anerkannte Grundsatz gelten, dass derjenige, der behaupte, Inhaber eines bestimmten Rechts zu sein, prozessual die Befugnis habe, dieses Recht im eigenen Namen einzuklagen. Über eigene Ansprüche der K habe das LG jedoch keine Entscheidung getroffen.
  2. Denn das LG lege seiner Entscheidung zugrunde, mit der Klage würden Schadensersatzansprüche der Wohnungseigentümer wegen der durch die 3 Anfechtungsklagen entstandenen und von ihnen aufgrund der Verteilung im Rahmen der jeweiligen Abrechnungen getragenen Kosten geltend gemacht werden. Es gehe also um (behauptete) Schäden der Wohnungseigentümer und die Geltendmachung von deren Schadensersatzansprüchen gegen B als frühere Verwalterin. Auch wenn der Verwaltervertrag mit der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer geschlossen werde, kämen solche eigenen Schadensersatzansprüche der jeweiligen Wohnungseigentümer wegen Pflichtverletzungen des Verwalters auch in Betracht, weil der Verwaltervertrag Schutzwirkungen zugunsten der Wohnungseigentümer entfalte (Hinweis auf BGH, Beschluss v. 7.7.2016, V ZB 15/14, NJW-RR 2017 S. 464 Rn. 9). Um solche Ansprüche handele es sich hier. Über einen möglichen eigenen Schadensersatzanspruch der K habe das LG demgegenüber nicht befunden. Ob sich aus der Behauptung, B habe durch unberechtigten Zugriff auf das Verwaltungsvermögen zur Deckung der Prozesskosten der Anfechtungsklage ihre Pflichten aus dem Verwaltervertrag verletzt, ein eigener Anspruch der K ergebe, habe das LG offengelassen. Deshalb bedürfe es keiner Entscheidung, ob ein Schaden (auch) der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer schon allein dadurch entstanden sei, dass die Kosten zunächst aus ihren Mitteln bestritten worden seien. Dies erscheine allerdings jedenfalls dann zweifelhaft, wenn die Kosten erfolgreich auf die verklagten Wohnungseigentümer umgelegt werden konnten (Hinweis auf Abramenko, ZfIR 2019, S. 30).
  3. Da K ein fremdes Recht im eigenen Namen geltend mache, bedürfe sie hierfür einer Ermächtigung. Gemäß § 10 Abs. 6 Satz 3 Halbsatz 1 WEG übe die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer die "gemeinschaftsbezogenen Rechte der Wohnungseigentümer" aus. Gemeinschaftsbezogen im Sinne dieser Vorschrift seien nur Rechte, die im Interesse der Wohnungseigentümer oder aus Gründen des Schuldnerschutzes eine einheitliche Rechtsverfolgung erforderten. Hier fehlt es an dieser Voraussetzung bereits deshalb, weil eine gemeinsame Empfangszuständigkeit der geschädigten Wohnungseigentümer nicht gegeben sei. Bei den mit der Klage geltend gemachten Schadensersatzansprüchen handele es sich jeweils um individuelle Ansprüche, die jeder Wohnungseigentümer im Hinblick auf den ihm entstandenen Schaden grundsätzlich alleine und ohne Mitwirkung der anderen Wohnungseigentümer geltend machen könne (Hinweis auf BGH, Beschluss v. 2.10.1991, V ZB 9/91, BGHZ 115 S. 253, 258). Insoweit liege der Fall anders als bei Schadensersatzansprüchen, die auf die Verletzung des gemeinschaftlichen Eigentums gestützt werden würden. Solche Ansprüche seien einheitlich geltend zu machen (Hinweis auf BGH, Urteil v. 17.12.2010, V ZR 125/10, NJW 2011 S. 1351 Rn. 10 und BGH...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge