Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeld II. befristeter Zuschlag nach Bezug von Arbeitslosengeld. Berechnung des Unterschiedsbetrages. Anteil des Hilfebedürftigen am Arbeitslosengeld II der Bedarfsgemeinschaft als Vergleichswert. verfassungskonforme Auslegung

 

Orientierungssatz

Unter verfassungskonformer Auslegung ist bei der Berechnung des Unterschiedsbetrages nach § 24 Abs 2 SGB 2 der Summe des zuletzt bezogenen Arbeitslosengeldes und Wohngeldes des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen nicht der Gesamtbetrag des an alle Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft zu zahlenden Arbeitslosengeld II gegenüberzustellen, sondern nur der auf den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen entfallende individuelle Anteil des Arbeitslosengeld II.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 19.03.2008; Aktenzeichen B 11b AS 23/06 R)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Höhe der Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB II für den Zeitraum vom 01.01.2005 bis 31.05.2005, insbesondere die Zahlung eines Zuschusses für den beigeladenen Andreas Milke (A. M.).

Die ... 1970 geborene Klägerin lebt seit 1997 mit ihrem ... 1960 geborenen Lebenspartner A. M., dem Beigeladenen in einer eheähnlichen Gemeinschaft. Sie haben eine ... 2000 geborene gemeinsame Tochter, J W, die mit ihnen zusammenlebt.

Die Grundmiete der gemeinsamen Wohnung beträgt 261,76 € monatlich, die Betriebskosten belaufen sich auf 65,37 € und die monatlichen Heizkosten auf 41,76 €.

Für die Tochter J bezieht die Klägerin monatlich 154,00 € Kindergeld.

Der Beigeladene zahlt 78,00 € monatlich Unterhalt an eine weitere, ... 1991 geborene Tochter aus einer früheren Verbindung.

Der Beigeladene bezog zuletzt Arbeitslosengeld (Alg) bis zum 15.12.2003 in Höhe von 178,99 € wöchentlich (BE 385,00 €, Steuerklasse II, erhöhter Leistungssatz).

Anschließend bezog der Beigeladene ab dem 16.12.2003 Arbeitslosenhilfe (Alhi) bis zum 31.12.2003 in Höhe von 152,25 € und ab dem 01.01.2004 in Höhe von 151,90 €.

In der Zeit vom 01.03.2004 bis 30.06.2004 hatte er ein beitragspflichtiges Beschäftigungsverhältnis und bezog anschließend - ab dem 01.07.2004 - wiederum Alhi in der bisherigen Höhe.

Zudem bezog der Beigeladene vom 01.04. bis 31.12.2004 Wohngeld in Höhe von monatlich 41,06 €.

Die Klägerin selber bezog in den zwei dem 01.01.2005 vorausgegangenen Jahren kein Alg, sondern Alhi, zuletzt in Höhe von 61,79 € wöchentlich (BE 155,00 €) sowie Krankengeld in Höhe von 74,94 €.

Am 21.10.2004 beantragte die Klägerin für sich, den Beigeladenen und die Tochter J ab dem 01.01.2005 die Zahlung von Alg II.

Mit Bescheid vom 16.11.2004 wurden der Klägerin für die Bedarfsgemeinschaft betreffend den Zeitraum vom 01.01.2005 bis 31.05.2005 monatlich 994,55 € Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB II bewilligt.

Durch Änderungsbescheid vom 06.12.2004 korrigierte die Beklagte die Krankenkasse.

Auf Anfragen der Klägerin vom 04.01.2005 und 23.02.2005 nahm die Beklagte erneut eine Prüfung der Zahlung eines befristeten Zuschlages gemäß § 24 SGB II vor.

Mit Bescheid vom 02.03.2005 lehnte sie die Zahlung eines solches Zuschlages ausdrücklich ab. Das zuletzt bezogene Alg und das Wohngeld seien zusammenzurechnen (775,62 € + 41,06 € = 816,68 €). Diese Summe sei mit dem zu zahlenden Alg II-Betrag zu vergleichen. Die Leistungen nach Alg II seien hier höher als die Leistungen Alg und Wohngeld. Demnach bestehe kein Anspruch auf den Zuschlag.

Hiergegen hat die Klägerin mit Niederschrift am 09.03.2005 Widerspruch eingelegt. Das Einkommen ihres Partners von 816,86 € habe ihm allein zugestanden, sei jedoch jetzt mit der Bedarfsgemeinschaft gleichgesetzt worden. Von der Bedarfsgemeinschaft stünden ihm - wie ausgewiesen - jedoch nur 415,85 € zu. Zum damaligen Zeitpunkt hätten sie ein Gesamteinkommen von 1.388,36 € gehabt.

Mit Widerspruchsbescheid vom 20.04.2005 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Auf den Gesamtbedarf in Höhe von 1.148,55 € sei das Kindergeld von 154,00 € anzurechnen.

Soweit der erwerbsfähige Hilfebedürftige Alg II innerhalb von zwei Jahren nach dem Ende des Bezuges von Alg erhalte, habe er in diesem Zeitraum Anspruch auf einen monatlichen Zuschlag. Dieser betrage zwei Drittel des Unterschiedsbetrages zwischen dem von dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen zuletzt bezogenen Alg und dem Krankengeld sowie dem an den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen und die mit ihm in Bedarfsgemeinschaft lebenden Angehörigen zu zahlenden Alg II. Hier überstiegen jedoch die an die Bedarfsgemeinschaft gezahlten Leistungsbeträge das an den Beigeladenen gezahlte Alg und das Wohngeld.

Gegen diesen am 20.04.2005 abgesandten Widerspruchsbescheid hat die Klägerin am 19.05.2005 Klage zum Sozialgericht Dresden (SG) erhoben.

Die Berechnung des Zuschlages nach § 24 SGB II sei nicht zutreffend erfolgt: In dem Bescheid vom 06.12.2004 sei für A. M., den Lebenspartner der Klägerin, der Bedarf mit 415,85 € veranschlagt worden.

Dem gegenüber habe er zuletzt 816,68 € monatlich erzielt (775,65 € Alg + 41,06 Wohngeld). Die Differenz zwischen beiden Beträg...

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