Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende. Auslegung Antrag in Bezug auf Leistungsbeginn. Einkommensberücksichtigung. Ehegatteneinkommen. Altersrente. keine Absetzung der Verluste aus selbstständiger Tätigkeit. fehlende Rechtsgrundlage für Verlustausgleich

 

Leitsatz (amtlich)

1. Zur Auslegung eines Antrages auf Arbeitslosengeld II in Bezug auf den begehrten Leistungsbeginn.

2. Für einen Verlustausgleich zwischen verschiedenen Einkommensarten (hier Altersrente einerseits, Verluste oder negatives Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit andererseits) gab es auch für die Zeit vor dem Inkrafttreten von § 5 S 2 Alg II-V (juris: AlgIIV 2008) zum 1.1.2008 im SGB 2 keine Rechtsgrundlage (Fortführung von LSG Chemnitz vom 10.1.2006 - L 3 B 233/05 AS-ER) .

 

Tenor

I. Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 16. Juni 2008 wird zurückgewiesen.

II. Die außergerichtlichen Kosten der Klägerin sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II), zuletzt nur noch für die Zeit vom 24. November 2005 bis 31. Dezember 2007, einschließlich eines befristeten Zuschlages nach § 24 SGB II.

Die 1947 geborene, erwerbsfähige Klägerin war bis zum 14. Dezember 2005 selbständig tätig. Ihr Einkommen aus dieser selbständigen Tätigkeit belief sich im Jahr 2005 auf 520,00 EUR. Vom 15. bis zum 28. Dezember 2005 erhielt die Klägerin Arbeitslosengeld in Höhe von kalendertäglich 21,95 EUR, insgesamt in Höhe von 307,30 EUR. Danach hatte sie keine eigenen Einkünfte.

Bereits am 24. November 2005 war der Klägerin der Antrag auf Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II ausgehändigt worden. Die Antragsunterlagen nebst Anlagen gab sie am 19. Dezember 2005 beim Beklagten ab. Einen weiteren Antrag stellte die Klägerin später nicht mehr.

Die Klägerin bewohnt zusammen mit ihrem Ehemann eine 55m² große 3-Zimmer-wohnung. Nach den mit Schriftsatz vom 8. November 2011 vorgelegten Unterlagen betrug die monatliche Grundmiete (einschließlich eines Anteils für Modernisierung/Wertver-besserung sowie für Instandhaltung) zunächst 335,38 EUR, im Jahr 2006 sodann 337,72 EUR und im Jahr 2007 schließlich 342,19 EUR. Für die Jahre 2005 bis 2007 betrugen die monatlichen Vorauszahlungen für die Betriebskosten 89,00 EUR, 99,00 EUR und 93,00 EUR, die Vorauszahlungen für Heizung einschließlich Warmwasseraufbereitung 82,00 EUR, 115,18 EUR und 139,00 EUR.

Der 1935 geborene Ehemann der Klägerin bezog als Altersrentner eine monatliche Rente in Höhe von 1.316,28 EUR. Im streitbefangenen Zeitraum war er als Vermittler von Finanzdienstleistungen selbständig tätig. Nach einer beigefügten “Jahresübersicht 2005 der betriebswirtschaftlichen Einnahmen/Ausgaben in Euro„ wurden für den Ehemann Einnahmen in Höhe von 6.357,85 EUR und Ausgaben in Höhe von 14.888,32 EUR angesetzt. In einer weiteren Darstellung des Betriebsergebnisses für das Jahr 2005 wurden den Gesamteinnahmen in Höhe von 8.737,57 EUR Gesamtausgaben in Höhe von 10.528,75 EUR gegenüber gestellt. Für die Gewinnermittlung machte er unter anderem einen Betrag in Höhe von 1.342,65 EUR p. A. für ein Arbeitszimmer geltend. Dieses Zimmer befindet sich in der ehelichen Wohnung. Seine Beiträge für eine Haftpflichtversicherung betrugen im Jahr 149,62 EUR (= 12,47 EUR monatlich).

Der Beklagte lehnte den Antrag vom 24. November 2005 mit Bescheid vom 6. März 2006 ab, weil die Klägerin nicht hilfebedürftig sei. Dem Bescheid waren in Anlage Bedarfsberechnungen für die Monate November und Dezember 2005 beigefügt.

Die Klägerin legte am 30. März 2006 Widerspruch ein. Das Einkommen ihres Ehemannes sei nicht korrekt berechnet worden. Nach dem Einkommenssteuerrecht werde das negative Betriebsergebnis von der Altersrente abgesetzt. Außerdem sei die Anrechnung von 90 % der Regelleistung nicht korrekt. Sie legte unter anderem einen Vorschlag für die Bedarfsberechnung für Dezember 2005 sowie für eine Bedarfsberechnung betreffend ihren Ehemann auch der Grundlage des Einkommenssteuergesetzes vor.

Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 22. August 2006 zurück.

Mit der am 22. September 2006 erhobenen Klage hat die Klägerin zum einen geltend gemacht, dass sie keine Leistungen ab dem 24. November beantragt habe. Vielmehr habe sie bei der Antragstellung deutlich gemacht, dass sie Leistungen erst ab dem 29. Dezember 2005 begehre, weil sie ab diesem Zeitpunkt über kein eigenes Einkommen verfüge. Für die Nichtberücksichtigung des negativen Einkommens ihres Ehemannes gebe es keine Rechtsgrundlage. Zudem würde diese Nichtberücksichtigung dem Ziel des SGB II, eine Reintegration in den Arbeitsmarkt zu ermöglichen, widersprechen. Ihr Ehemann führe die Erwerbstätigkeit fort, um ihr eine Rückkehrmöglichkeit offen zu halten.

Das Sozialgericht hat die Klage mi...

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