Verfahrensgang

SG Leipzig (Urteil vom 19.01.1996; Aktenzeichen S 3 An 263/94)

 

Tenor

I. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 19. Januar 1996 wird zurückgewiesen

II. Der Beklagte hat auch im Berufungsverfahren die außergerichtlichen Kosten des Klägers zu tragen.

III. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die von dem Beklagten vorgenommene Begrenzung der Entgelte des Klägers in der Zeit vom 01.05.1954 bis zum 31.12.1978 gemäß § 6 Abs. 2 des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes (AAÜG) vom 25. Juli 1991 (BGBl. I S. 1606, 1677).

Der am … geborene Kläger nahm zum 03.01.1949 eine Tätigkeit als Feuerwehrmann bei der Berufsfeuerwehr der Stadt Leipzig auf. Ab dem 01.06.1950 war er als Feuerwehrmann im Zugdienst beim Volkspolizeikreisamt … bis 30.04.1954 tätig. 1954 wurde er in die Sonderversorgung der Angehörigen der Deutschen Volkspolizei, der Organe der Feuerwehr und des Strafvollzuges (Sonderversorgungssystem der Anlage 2 Nr. 2 zum AAÜG) aufgenommen.

Ab dem 01.09.1954 war er bei der Abteilung Feuerwehr (F) der Bezirksbehörde der Deutschen Volkspolizei (BDVP) beschäftigt und zwar zunächst weiter im Zugdienst sowie später u.a. als Instrukteur für örtlichen Brandschutz bzw. als Offizier für betrieblichen und vorbeugenden Brandschutz, zuletzt im Dienstgrad eines Hauptmanns der Feuerwehr. Im streitbefangenen Zeitraum hat der Kläger an der Bekämpfung von Großbränden aktiv teilgenommen, indem er vor Ort den Einsatz koordinierte und leitete. Mit Bescheid vom 04.01.1979 wurde ihm vom Ministerium des Inneren (MdI) ab dem 01.01.1979 antragsgemäß eine Invalidenrente bewilligt.

Im Überführungsbescheid vom 08.02.1994 begrenzte der Beklagte die vom Kläger in der Zeit vom 01.05.1954 bis zum 31.12.1978 erzielten jährlichen Entgelte auf die Werte der Anlagen 4 und 5 zum AAÜG.

Durch Schreiben vom 21.02.1994 legte der Kläger gegen den Überführungsbescheid des Beklagten Widerspruch ein und rügte die dort vorgenommene Begrenzung seiner Entgelte.

Der Widerspruch des Klägers wurde durch Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 07.06.1994 mit der Begründung zurückgewiesen, eine Tätigkeit in der Abteilung Feuerwehr der ehemaligen BDVP werde als Funktion im Sinne des § 6 Abs. 3 AAÜG bewertet, da eine Tätigkeit in diesem Bereich nicht im Sinne einer Tätigkeit des vor Ort im Löschdienst tätigen Feuerwehrangehörigen zähle. Die Angehörigen des Organs Feuerwehr in der Abteilung Feuerwehr der BDVP zählten nicht zu den Angehörigen der Berufsfeuerwehr im Sinne der Ausnahmeregelung nach § 6 Abs. 4 i.V.m. der Anlage 7.

Mit seiner am 23.06.1994 zur Rechtsantragstelle des Sozialgerichts Leipzig erhobenen Klage verfolgte der Kläger sein Begehren weiter.

Durch Urteil vom 19.01.1996 hat das Sozialgericht Leipzig der Klage stattgegeben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 08.02.1994 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.06.1994 verurteilt, das vom Kläger erzielte Arbeitsentgelt in dem Zeitraum vom 01.05.1954 bis 31.12.1978 ungekürzt bis zu den Werten der Anlage 3 nach § 6 Abs. 1 AAÜG festzustellen. Das Gericht führte zur Begründung aus, daß auf den Kläger die Ausnahmevorschrift des § 6 Abs. 4 i.V.m. der Anlage 7 zum AAÜG Anwendung finde.

Mit Schriftsatz vom 26.04.1996, Eingang beim Sozialgericht Leipzig am 30.04.1996, hat der Beklagte gegen das am 11.04.1996 zugestellte Urteil des Sozialgerichts Leipzig Berufung eingelegt. Er ist der Ansicht, daß entgegen der Rechtsansicht des Sozialgerichts Leipzig die Begriffe „Organ Feuerwehr” und „Berufsfeuerwehr” nicht gleichzusetzen seien. Wenn der Gesetzgeber alle Angehörigen des „Organs” Feuerwehr der ehemaligen DDR hinsichtlich der Ansprüche und Anwartschaften gegenüber der gesetzlichen Rentenversicherung der Bundesrepublik Deutschland hätte gleichbehandeln wollen, dann hätte er diesen Ausdruck in der Anlage 7 zu § 6 Abs. 4 verwandt und nicht den Begriff „Berufsfeuerwehr”, der sowohl nach dem Recht der ehemaligen DDR als auch nach dem Recht der Altbundesländer nicht mit dem Begriff „Feuerwehr”, der z.B. auch die damalige Feuerwehr umfasse, synonym sei. Daraus folge, daß der Gesetzgeber des AAÜG hier habe differenzieren wollen. Den Volkspolizeikreisämtern (VPKA) hätten als unterste Ebene des Organs Feuerwehr die Feuerwehrkommandos als die Feuerwehreinheiten, die humanitäre Hilfe vor Ort leisteten, d.h. die Dienste leisteten, die in der Bundesrepublik Deutschland insgesamt den sogenannten Berufsfeuerwehren zugeordnet sind, unterstanden.

Demgegenüber habe die Abteilung F der BDVP, der der Kläger angehörte, politisch und verwaltungsmäßig geprägte übergeordnete Funktionen der allgemeinen Staatsverwaltung unter den Bedingungen der ehemaligen DDR, insbesondere der ideologischen Durchdringung und Aufsicht wahrgenommen. Bei der Tätigkeit des Klägers in der Abteilung F der BDVP habe es sich daher überwiegend um eine administrative Arbeit gehandelt, die der Tätigkeit in der Berufsfeuerwehr nicht gleichgesetzt werden könne und die nicht ...

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