Entscheidungsstichwort (Thema)

Rente wegen Erwerbsminderung. Berufsunfähigkeit. Facharbeiter. Berufskraftfahrer. Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit bzw Berufsunfähigkeitsrente. Berufsschutz. Verweisbarkeit. Mehrstufenschema. Berufsausbildung in der DDR. Güterverkehr. Personenverkehr. Mitarbeiter in der Poststelle. Pförtner. Zeitliche Leistungseinschränkung. Medizinische Beweiswürdigung. Wegefähigkeit. Betriebsunübliche Pausen

 

Leitsatz (amtlich)

Versicherte, die zu Zeiten der DDR den Beruf des Berufskraftfahrers erlernt und in diesem Beruf langjährig auch nach Inkrafttreten der Berufskraftfahrer Ausbildungsverordnung vom 19. April 2001 zumindest dreijährig tätig waren und überwiegend Tätigkeiten im erlernten Berufsbild ausgeübt haben, genießen Berufsschutz auf der Stufe des Facharbeiters. Maßgeblich ist bei dieser Bewertung vor allem, dass der zu Zeiten der DDR erlernte Beruf des Berufskraftfahrers sowohl zum Transport von Gütern als auch zum Transport von Personen befähigte und damit die nach altem bundesrepublikanischem Recht geteilten Berufsausbildungen vereinigte.

 

Normenkette

SGB VI §§ 43, 240

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Chemnitz vom 20. September 2012 abgeändert. Die Beklagte wird unter Abänderung des Bescheides vom 4. Mai 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. August 2011 verurteilt, dem Kläger, ausgehend von einem Leistungsfall am 19. März 2008, Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit ab 1. Februar 2011 nach Maßgabe und in Höhe der gesetzlichen Bestimmungen zu zahlen.

II. Im Übrigen wird die Berufung des Klägers zurückgewiesen.

III. Die Beklagte hat dem Kläger dessen notwendige außergerichtliche Kosten zur Hälfte zu erstatten.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Gewährung einer Versichertenrente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung.

Der 1952 geborene Kläger erlernte von September 1966 bis August 1969 den Beruf des Dachdeckers, den er mit Facharbeiterzeugnis vom 1. September 1969 abschloss. Er war anschließend von September 1969 bis Dezember 1973 als Dachdecker beschäftigt. Im Dezember 1973 nahm er eine Tätigkeit als Kraftfahrer auf, die er bis Dezember 1981 ausübte, während der er sich berufsbegleitend qualifizierte und mit Facharbeiterzeugnis vom 17. Juni 1978 den Ausbildungsberuf des Berufskraftfahrers erlernte. Von Januar 1982 bis Oktober 1990 war er als Lagerarbeiter tätig und qualifizierte sich während dieser Tätigkeit in der Zeit von Juni 1986 bis Juni 1988 zum Meister der Lagerwirtschaft. Von November 1990 bis September 1992 war er als Leiter eines Geflügelhandels tätig. Von März 1993 bis November 1996 war er als Bauarbeiter beschäftigt. Von Juli 1997 bis September 2009 war er erneut als Berufskraftfahrer tätig. Er erlitt am 19. März 2008 während der Berufsausübung einen Arbeitsunfall, bei dem er sich nach einem Sturz eine Knie- und Unterschenkelfraktur des rechten Beines zuzog. Er bezog anschließend Verletztengeld und eine Verletztenrente von der Berufsgenossenschaft sowie Krankengeld von der Krankenkasse.

Den am 12. Juni 2009 gestellten ersten Antrag auf Gewährung einer Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 8. Oktober 2009 und bestätigendem Widerspruchsbescheid vom 11. März 2010 ab. Die hiergegen am 24. März 2010 erhobene Klage nahm der Kläger, nachdem das Sozialgericht Chemnitz ein Gutachten auf orthopädischem Fachgebiet von Dr. B… (Facharzt für Orthopädie und Chirotherapie) am 8. Dezember 2010 erstellen ließ, am 1. Februar 2011 im Rahmen der mündlichen Verhandlung zurück.

Den zugleich im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 1. Februar 2011 gestellten erneuten Antrag auf Gewährung einer Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 4. Mai 2011 und bestätigendem Widerspruchsbescheid vom 25. August 2011 ab und stützte sich auf das im vorangegangenen Klageverfahren erstellte Gutachten von Dr. B…. Im Ergebnis der medizinischen Sachaufklärung sei festzustellen, dass bei ihm ein Leistungsvermögen für mindestens sechs Stunden täglich für leichte bis mittelschwere Arbeiten überwiegend im Sitzen, zeitweise auch im Stehen oder Gehen, ohne häufiges Bücken oder Knien, ohne Ersteigen von Leitern und Gerüsten, ohne Zwangshaltungen, ohne besondere Anforderungen an die Gang- und Standsicherheit, ohne Einwirkung von Erschütterungen und Vibrationen sowie ohne Tätigkeiten mit Absturzgefahr vorliege. Eine rentenrechtlich relevante Einschränkung der Wegefähigkeit sei nicht belegt. Das Leistungsvermögen sei nach eingehender Untersuchung und Befunderhebung sowie unter Auswertung aller einschlägigen Unterlagen eingeschätzt worden. Die zur Entscheidungsfindung erheblichen medizinischen Unterlagen seien schlüssig und überzeugend begründet. Eine weitere medizinische Sachaufklärung sei nicht notwendig. Mit diesem Leistungsvermögen könne der Kläger zwar nicht mehr als Berufskraftfah...

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