Entscheidungsstichwort (Thema)

Ermittlung des Monatsbetrags der Rente. Beitrittsgebiet. aktueller Rentenwert (Ost) im Jahr 2016. Herstellung einheitlicher Einkommensverhältnisse. Verfassungsmäßigkeit. Rentenanpassungsmitteilung. Rentenformel. Bestimmtheitsgrundsatz. Gleichheitsgebot. Gestaltungsspielraum. Stand der Deutschen Einheit. Lebenshaltungskosten. Einkommensniveau. Beobachtungspflicht des Gesetzgebers. Diskriminierungsverbot. Sozialpakt

 

Leitsatz (amtlich)

Die Zugrundelegung des allgemeinen Rentenwertes (Ost) bei der Berechnung der Höhe eines gesetzlichen Altersrentenanspruchs verstößt auch im Jahr 2016 nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art 3 Abs 1 GG.

 

Orientierungssatz

1. Die Sonderregelungen für das Beitrittsgebiet in den §§ 254b, 254c, 255a SGB 6 sind im Hinblick auf die besondere Ausnahmesituation nach der Wiedervereinigung nicht verfassungswidrig (Anschluss an BSG vom 14.3.2006 - B 4 RA 41/04 R = SozR 4-2600 § 255a Nr 1).

2. Die Herstellung einheitlicher Einkommensverhältnisse im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland, wie in § 254b Abs 1 SGB 6 vorausgesetzt, ist noch nicht erfolgt.

3. Es ist auch nicht ersichtlich, dass der Gesetzgeber seiner diesbezüglichen Beobachtungspflicht nicht nachkommt.

4. § 254b Abs 1 SGB 6 verstößt auch nicht gegen § 33c SGB 1 iVm §§ 2 Abs 1 Nr 5, 3 Abs 1 und 2 AGG.

5. § 254b Abs 1 SGB 6 verstößt zudem auch nicht gegen Art 9 und 10 Nr 3 WiSoKuPakt.

 

Normenkette

SGB VI § 254b Abs. 1, § 63 Abs. 6, §§ 64, 68, 255a; SGB X § 44 Abs. 1 S. 1; SGB I § 33c; AGG § 2 Abs. 1 Nr. 5, § 3 Abs. 1-2; GG Art. 3 Abs. 1, Art. 20 Abs. 3

 

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 19. Oktober 2015 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger einen Anspruch auf Zahlung einer höheren Altersrente für schwerbehinderte Menschen unter Zugrundelegung des jeweils aktuellen Rentenwertes "West" anstelle des aktuellen Rentenwertes (Ost) hat.

Der am 1949 geborene Kläger bezieht aufgrund Rentenantrags vom 13. Juni 2013 Altersrente für schwerbehinderte Menschen ab 1. Juli 2013, die ihm mit Rentenbescheid vom 22. Juli 2013 bewilligt wurde. Der Rentenbescheid vom 22. Juli 2013 wies einen monatlichen Rentenzahlbetrag in Höhe von 1.420,75 Euro ab 1. Juli 2013 aus, der sich aus einem Wert des Rechts der Rente in Höhe von 1.583,01 Euro monatlich abzüglich eines Beitragsanteils zur Krankenversicherung in Höhe von 129,81 Euro monatlich sowie eines Beitrags zur Pflegeversicherung in Höhe von 32,45 Euro monatlich zusammensetzte. Der Berechnung der Rente ab 1. Juli 2013 legte die Beklagte, neben 1,5976 persönlichen Entgeltpunkten und den aktuellen Rentenwert in Höhe von 28,14 Euro monatlich, 59,7533 persönliche Entgeltpunkte (Ost) und den aktuellen Rentenwert (Ost) in Höhe von 25,74 Euro monatlich zu Grunde.

Einen gegen diesen Rentenbescheid am 22. August 2013 erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit - bestandskräftig gewordenem - Widerspruchsbescheid vom 15. Januar 2014 zurück.

Mit Überprüfungsantrag vom 29. Mai 2014, der bei der Beklagten am 6. Juni 2014 einging, begehrte der Kläger, die Anwendung des aktuellen Rentenwertes (Ost) durch die Anwendung des aktuellen Rentenwertes "West" bei der Rentenberechnung zu ersetzen. Den Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 17. Juli 2014 ab; den hiergegen gerichteten Widerspruch des Klägers vom 25. Juli 2014 wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 25. September 2014 zurück: Die Zugrundelegung des aktuellen Rentenwertes (Ost) bei der Rentenberechnung des Klägers sei geltendes Recht, an das sie gebunden sei.

Die hiergegen am 14. Oktober 2014 mit der Begründung erhobene Klage, die ungleiche Bewertung der festgestellten Entgeltpunkte mit dem aktuellen Rentenwert (Ost) anstatt mit dem aktuellen Rentenwert "West" verstoße gegen geltendes Recht, sei gleichheitswidrig und benachteilige ostdeutsche Rentner, hat das Sozialgericht Leipzig mit Urteil vom 19. Oktober 2015 abgewiesen. Die Beklagte sei nicht verpflichtet, die Altersrente unter Berücksichtigung des aktuellen Rentenwertes "West" zu berechnen. Vielmehr habe sie zutreffend die zeitlich befristete Regelung des § 254b des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VI) angewandt, nach der bis zur Herstellung einheitlicher Einkommensverhältnisse der aktuelle Rentenwert (Ost) anzuwenden sei. Die entsprechenden Vorschriften seien nicht verfassungswidrig. Einheitliche Einkommensverhältnisse in Ost und West lägen nach wie vor nicht vor. Ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz sei nicht ersichtlich.

Gegen den am 18. Dezember 2015 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 13. Januar 2016 Berufung eingelegt, mit der er sein Begehren weiterverfolgt. Er begehre weiterhin die Anwendung des aktuellen Rentenwerts "West" anstatt, wie bisher, des aktuellen Rentenwertes (Ost) für seine festgestellten Rentenpunkte. Nach nunmehr fünfundzwanzig Jahren deutscher Einheit stelle s...

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