Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialversicherungs- und Beitragspflicht. Mitglieder des Studentenrates einer Sächsischen Hochschule (hier: Sprecher und Finanzreferent). Aufwandsentschädigung

 

Orientierungssatz

Die Tätigkeit im Rahmen der Mitgliedschaft eines Studentenrates einer Sächsischen Hochschule (hier: Sprecher und Finanzreferent) gegen Zahlung einer pauschalen Aufwandsentschädigung, die sich nicht nach einem tatsächlichen finanziellen Aufwand bestimmt, stellt ein nichtselbständiges Beschäftigungsverhältnis dar, das als solches der Versicherungs- und Beitragspflicht in der Sozialversicherung unterliegt.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 27.07.2011; Aktenzeichen B 12 KR 10/09 R)

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 16. März 2007 und der Bescheid der Beklagten vom 18. August 2004 aufgehoben, soweit darin eine Verpflichtung des Klägers zur Nachentrichtung von Sozialversicherungsbeiträgen aufgrund der von der Beklagten angenommenen Beitragspflicht für Aufwandsentschädigungen der Sprecher und Finanzreferenten an der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur L festgestellt worden ist.

II. Die Beklagte trägt 60 Prozent der Kosten des Verfahrens vor dem Sozialgericht Leipzig und in vollem Umfang die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Die Revision wird zugelassen.

IV. Der Streitwert wird für das erstinstanzliche Verfahren auf 17.274,17 Euro festgesetzt, der für das Berufungsverfahren auf 10.437,44 Euro.

 

Tatbestand

Der Kläger wendet sich nur noch gegen seine Heranziehung zu Sozialversicherungsbeiträgen auf Aufwandsentschädigungen für die Sprecher und den Finanzreferenten des Studentenrats an der Hochschule für Technik, Wissenschaft und Kultur L (HTWK), der Beigeladenen zu 19.

Am 24.03.2004 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass vom 24.05.2004 bis zum 11.06.2004 eine Betriebsprüfung beim Landesamt für Finanzen - Außenstelle L - für den Prüfzeitraum vom 01.01.2000 bis zum 31.12.2002 in Form einer Selektionsprüfung vorgesehen sei. In Aussicht genommen war dabei, die Finanzbuchhaltung von 24 im ehemaligen Regierungsbezirk L befindlichen Behörden zu überprüfen, bei denen das Landesamt für Finanzen die Abrechnung der Bezüge der dort beschäftigten Mitarbeiter übernimmt.

Auf Anfrage der Beklagten vom 19.04.2004 übermittelte das Finanzamt L III am 23.04.2004 den Bericht vom 21.01.2004 über die Lohnsteuer-Außenprüfung beim Kläger. Dabei war festgestellt worden, dass im Prüfungszeitraum an die Sprecher und den jeweils gewählten Finanzreferenten des Studentenrats der Beigeladenen zu 20 Aufwandsentschädigungen steuerfrei ausgezahlt worden seien. Während der Zeit der Übernahme dieser Funktionen hätten sich die Betreffenden je nach Umfang der Tätigkeit im Urlaubssemester befunden (Finanzreferent: 1,0 Vollbeschäftigungseinheiten (VbE), Sprecher je 0,5 bis 1 VbE). Das Studium sei für diese Zeit ausgesetzt bzw. je nach Tätigkeitsumfang teilweise fortgeführt worden. Die ausgezahlten Gelder seien beim BAföG-Amt anzugeben gewesen und bei der Beantragung dieser Leistung angerechnet worden. Die Zahlungen an die Mitglieder des Studentenrates seien als Arbeitslohn im Sinne des § 19 Abs. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) anzusehen, da diese ausschließlich als Gegenleistung für die zur Verfügung gestellte individuelle Arbeitskraft erfolgt seien. Eine Anerkennung als steuerfreie Aufwandsentschädigungen im Sinne des § 3 Nr. 12 Satz 2 EStG sei nicht in Betracht zu ziehen, da die gezahlten Beträge nicht dazu bestimmt gewesen seien, Aufwendungen abzugelten, die steuerlich als Werbungskosten oder Betriebsausgaben abziehbar wären. Eine steuerfreie Aufwandsentschädigung liege auch insoweit nicht vor, soweit sie den Aufwand an Zeit und Arbeitsleistung sowie den entgangenen Arbeitsverdienst abgelte. Die Aufwandsentschädigungen hätten sich im Kalenderjahr 2000 auf 18.950,00 DM, für das Kalenderjahr 2001 auf 27.672,00 DM und für die Monate Januar und Februar 2002 auf 2.180,00 € belaufen. Der Kläger war verpflichtet worden, die auf die gewährten Aufwandsentschädigungen anfallende Lohnsteuer nachzuzahlen. Der entsprechende Bescheid ist bestandskräftig geworden.

Die Beklagte ermittelte bei der Auswertung der Finanzbuchhaltung der Beigeladenen zu 19 für das Jahr 2002 Aufwandsentschädigungen des Studentenrates in Höhe von 12.144,00 €. Laut Protokoll der Schlussbesprechung vom 10.06.2004 sei festgestellt worden, dass im Prüfungszeitraum an die Sprecher des Studentenrats und den Finanzreferenten Aufwandsentschädigungen beitragsfrei gezahlt worden seien, obwohl es sich dabei um Arbeitsentgelt im Sinne des § 14 Abs. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) gehandelt habe. In der Schlussbesprechung am 14.06.2004 überreichte die Beklagte dem Kläger einen Bescheidentwurf. Demnach seien 18.156,31 € nachzuberechnen. Unter anderem seien die Aufwandsentschädigungen für die Sprecher und den Finanzreferenten des Studentenrates der Beigeladenen zu 20 beitragspflichtig, da es sich dabei um Arbeitsentgelt im Sinne des § 14 Abs. 1 SG...

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