Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Statthaftigkeit der Beschwerde gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe. Notwendigkeit der Beiordnung eines Rechtsanwalts. Abwägung nach den Umständen des Einzelfalls

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Beschwerde gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe ist statthaft, wenn dies mit der Begründung geschehen ist, die Beiordnung eines Rechtsanwaltes erscheine nicht erforderlich.

2. Ob der Rechtschutzsuchende fremde Hilfe zur effektiven Ausübung seiner Rechte benötigt oder sich selbst helfen kann, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab.

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Sozialgerichts Dresden vom 30. November 2010 aufgehoben.

Dem Antragsteller wird für das Verfahren S 38 AS 6711/10 beim Sozialgericht Dresden ab 26.10.2010 Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt M… H…, Dresden, beigeordnet.

Derzeit sind keine Raten zu zahlen. Zahlungen aus dem Vermögen sind nicht zu leisten.

 

Gründe

I.

Der Antragsteller und Beschwerdeführer (im Folgenden: Antragsteller) begehrt Prozesskostenhilfe für ein Klageverfahren beim Sozialgericht Dresden, in dem die Beteiligten um die Höhe des Zuschusses zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung des Antragstellers nach den Vorschriften des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (SGB II) streiten.

Dem 1966 geborenen Antragsteller wurden mit Bescheid vom 07.04.2010 monatliche Leistungen für die Zeit von 01.04.2010 bis 30.09.2010 vom beklagten Jobcenter (im Folgenden: Beklagter) und ein Zuschuss gemäß § 26 SGB II in Höhe von 126,05 EUR zur Krankenversicherung und in Höhe von 18,05 EUR zur Pflegeversicherung bewilligt. Der dagegen gerichtete Widerspruch, mit dem der Antragsteller die Erstattung seiner gesamten tatsächlich aufgewendeten, höheren Versicherungsbeiträge begehrte, blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 10.09.2010; zugestellt am 13.09.2010). Schon im Widerspruchsverfahren war der Antragsteller durch seine jetzigen Prozessbevollmächtigten vertreten.

Am 13.10.2009 hat der Antragsteller beim Sozialgericht Dresden Klage erhoben, mit der er sein Begehren weiterverfolgt, und hierfür die Gewährung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten beantragt. Mit der Klageschrift wird vorgetragen, dass die Begrenzung des Zuschusses zu den Versicherungsbeiträgen für die private Kranken- und Pflegeversicherung von Hilfebedürftigen nach dem SGB II verfassungswidrig sei. Der Antragsteller weise darauf hin, dass er nicht im Basistarif versichert sei, da dieser Betrag noch erheblich über dem derzeitigen Beitrag in seinem Versicherungsverhältnis liege. Zu der Rechtsfrage sei derzeit bei dem Bundessozialgericht (BSG) unter dem Aktenzeichen B 14 AS 36/10 R ein Revisionsverfahren anhängig. Am 26.10.2010 ist die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nebst Belegen nachgereicht worden.

Die Anregung des Sozialgerichts vom 23.11.2010 an die Beteiligten, das Ruhen des Verfahrens bis zur Entscheidung des BSG zu beantragen, hat der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers dahin beantwortet, dass das BSG die Rechtsfrage voraussichtlich im Januar 2011 entscheiden werde, soweit der Gesetzgeber bis dahin keine gesetzliche Änderung herbeigeführt habe; in Bezug auf diesen Zeitraum werde eine Zustimmung zum Ruhen des Verfahrens nicht erteilt. Der Beklagte hat sich nicht geäußert.

Das Sozialgericht hat mit Beschluss vom 30.11.2010 die Gewährung von Prozesskostenhilfe abgelehnt, weil die Vertretung durch einen Rechtsanwalt gemäß § 121 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) nicht erforderlich sei. Der Antragsteller hätte das Verfahren mit der Klageerhebung im Hinblick auf das beim BSG anhängige Verfahren ruhend stellen können, um seine Rechte zu wahren. Für diesen Fall habe das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass es nicht zu beanstanden sei, wenn die Fachgerichte in einem Fall, in dem ein Betreiben des eigenen Verfahrens in zumutbarer Weise zurückgestellt oder ruhend gestellt werden könne, davon ausgingen, dass eine anwaltliche Vertretung nicht erforderlich sei. Für den Fall, dass beim Revisionsgericht bereits ein Musterverfahren anhängig gewesen sei, gelte dies auch für die Klageerhebung.

Gegen den dem Prozessbevollmächtigten am 07.12.2010 zugestellten Beschluss richtet sich die am 17.12.2010 beim Sächsischen Landessozialgericht eingegangene Beschwerde des Antragstellers. Zur Begründung trägt er vor, die Vorschriften über die Prozesskostenhilfe sollten zu einer Gleichstellung des bemittelten und des unbemittelten Bürgers führen. Der Kläger könne die Erfolgsaussichten der Klage überhaupt nicht beurteilen und wisse auch nicht, ob ein Revisionsverfahren anhängig sei. Weiterhin sei zu prüfen, ob es tatsächlich um die gleiche Rechtsfrage gehe, da er nicht im Basistarif versichert sei. Allein die Möglichkeit, ein Verfahren ruhend zu stellen, könne die Notwendigkeit eines Anwaltes nicht ausschließen.

Der Antragsteller beantragt,

den Beschluss des Sozialgerichts Dresden vom 30.11.2010 aufzuheb...

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