Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren

 

Leitsatz (amtlich)

Die Beschwerdeausschlussregelung des § 172 Abs. 3 Nr. 2 SGG erfasst nicht nur die erstmalige Entscheidung über einen Prozesskostenhilfeantrag, sondern auch die Entscheidung im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens nach § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 120 Abs. 4 ZPO.

 

Tenor

I. Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Chemnitz vom 27. Mai 2010 wird als unzulässig verworfen.

II. Außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Der Klägerin wendet sich gegen einen Beschluss im Überprüfungsverfahren, mit dem die Bewilligung von Prozesskostenhilfe ohne Zahlungsverpflichtung in eine Bewilligung mit einer Zahlungsverpflichtung abgeändert wurde.

Der Klägerin ist mit Beschluss vom 27. Juni 2007 Prozesskostenhilfe ohne Zahlungsverpflichtung aus dem Einkommen und Vermögen bewilligt worden. Im Rahmen des Überprüfungsverfahrens hat das Sozialgericht die Bewilligung mit Beschluss vom 27. Mai 2010 dahingehend abgeändert, dass der Klägerin nach näheren Bestimmungen eine Ratenzahlungsverpflichtung auferlegt worden ist. In der dem Beschluss angefügten Rechtsmittelbelehrung ist über die Beschwerde als statthaftes Rechtsmittel belehrt worden.

Die Klägerin hat gegen den ihr am 3. Juni 2010 zugestellten Beschluss am 5. Juli 2010, einem Montag, Beschwerde eingelegt und gerügt, dass die Berechnung des Sozialgerichtes fehlerhaft sei.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

den Beschluss des Sozialgerichtes Chemnitz vom 27. Mai 2010 aufzuheben.

Der Beschwerdegegner vertritt die Auffassung, dass die Beschwerde nicht statthaft sei, und dass auch eine unrichtige Rechtsmittelbelehrung den Rechtmittezug nicht zu eröffnen vermöge.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten aus beiden Verfahrenszügen Bezug genommen.

II.

1. Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Chemnitz vom 27. Mai 2010 ist nicht statthaft und damit gemäß § 202 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) i. V. m. § 572 Abs. 2 Satz 2 der Zivilprozessordnung (ZPO) zu verwerfen.

Gemäß § 172 Abs. 1 SGG findet gegen die Entscheidungen der Sozialgerichte mit Ausnahme der Urteile und gegen Entscheidungen der Vorsitzenden dieser Gerichte die Beschwerde an das Landessozialgericht statt, soweit nicht in diesem Gesetz anderes bestimmt ist. Etwas anderes ist in § 172 Abs. 3 Nr. 2 SGG bestimmt. Danach ist die Beschwerde gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe ausgeschlossen, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe verneint.

Nach der inzwischen gefestigten obergerichtlichen Rechtsprechung werden im Sinne dieser Regelung die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe nicht nur verneint, wenn der Prozesskostenhilfeantrag mangels prozesskostenhilferechtlicher Bedürftigkeit insgesamt abgelehnt wird, sondern auch, wenn an Stelle einer Bewilligung ohne Einschränkung eine Bewilligung mit einer Zahlungsbestimmung ergeht, mithin eine Teilablehnung erfolgt (vgl. die eingehenden Nachweise bei SächsLSG, Beschluss vom 3. Mai 2010 - L 3 AS 608/09 B PKH - JURIS-Dokument Rdnr. 10).

Die Beschwerdeausschlussregelung des § 172 Abs. 3 Nr. 2 SGG erfasst ferner nicht nur die erstmalige Entscheidung über einen Prozesskostenhilfeantrag, sondern auch die Entscheidung im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens nach § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 120 Abs. 4 ZPO (vgl. bereits SächsLSG, Beschluss vom 3. Mai 2010 - L 3 AS 608/09 B PKH - JURIS-Dokument Rdnr. 11 [zur Ablehnung eines Abänderungsantrages mit dem Ziel, die Ratenzahlungsverpflichtung aufzuheben]; vgl. auch LSG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 7. Dezember 2009 - L 19 B 13/09 AL - JURIS-Dokument Rdnr. 5 ff.; LSG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 14. Januar 2010 - L 20 AS 2026/10 B - JURIS-Dokument Rdnr. 8 ff.).

Dem steht nicht die Rechtsprechung einiger Landessozialgerichte entgegen, wonach Beschwerden gegen die Aufhebung einer Prozesskostenhilfebewilligung vom Wortlaut des § 172 Abs. 3 Nr. 2 SGG nicht erfasst werden (vgl. LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 21. Februar 2011 - L 13 AL 5384/10 B - JURIS-Dokument Rdnr. 2; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 8. Februar 2011 - L 13 AL 2819/10 B - JURIS-Dokument Rdnr. 2; LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 14. Januar 2011 - L 1 AL 137/09 B - JURIS-Dokument Rdnr. 2; a. A.: LSG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 14. Januar 2010 - L 20 AS 2026/10 B - JURIS-Dokument Rdnr. 10 f.). Ob dieser Rechtsauffassung beizutreten ist, kann vorliegend dahingestellt bleiben. Denn zumindest die nachträgliche Anordnung einer Verpflichtung zur Ratenzahlung oder zur Zahlung aus dem Vermögen ist keine bloße Teilaufhebung einer dem Grunde nach fortbestehenden Bewilligung von Prozesskostenhilfe, sondern eine Neufassung der Bewilligungsentscheidung. Umfang und Modalitäten der Zahlungsverpflichtung müssen nach einer erneu...

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