Entscheidungsstichwort (Thema)

Zulässigkeit eines Statusfeststellungsverfahrens nach § 7a SGB 4, wenn die Einzugsstelle bereits bestandskräftig über den sozialversicherungsrechtlichen Status als Beschäftigter entschieden hat. Rücknahme von Verwaltungsakten anderer Behörden. zuständige Behörde. Verurteilung eines beigeladenen Versicherungsträgers zur Leistung

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Statusfeststellungsverfahren nach § 7a SGB 4 ist nicht zulässig, wenn die Einzugsstelle bereits bestandskräftig über den sozialversicherungsrechtlichen Status als Beschäftigter entschieden hat. Auch in diesem Falle ist iS des § 7a Abs 1 S 1 SGB 4 ein Verfahren bei einem anderen Versicherungsträger eingeleitet gewesen.

 

Orientierungssatz

1. Ein anderes Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung kann nur insoweit ein Statusfeststellungsverfahren ausschließen, als es dieselbe Tätigkeit zum Gegenstand hat.

2. Aus § 44 Abs 3 SGB 10 bzw § 48 Abs 4 SGB 10 folgt, dass eine Behörde, wenn sie für die Sachentscheidung zuständig ist, auch Verwaltungsakte anderer Behörden zurücknehmen oder aufheben darf.

3. Ein Beigeladener kann nicht nach § 75 Abs 5 SGG verurteilt werden, wenn er bereits einen - den Streitgegenstand betreffenden - bindend gewordenen ablehnenden Bescheid erteilt hat (vgl BSG vom 4.5.1999 - B 2 U 19/98 R = SozR 3-2200 § 1150 Nr 2). Denn § 75 Abs 5 SGG ist nicht als eine andere Bestimmung des Gesetzes iS des § 77 SGG anzusehen, mit der die Schranke der Bindungswirkung durchbrochen werden kann. Dies gilt selbst für die Fälle, in denen der Kläger einen Anspruch auf Rücknahme des früheren Bescheides nach § 44 Abs 1 SGB 10 geltend machen kann, da diese Vorschrift das Verwaltungsverfahren betrifft und das Recht der Behörde zur Rücknahme eines bindend gewordenen Verwaltungsaktes und die Pflicht zu einer evtl Neufeststellung regelt. Dagegen kann sie prozessuale Befugnisse des Gerichts nicht erweitern (vgl BSG vom 4.5.1999 - B 2 U 19/98 R aaO.

 

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Leipzig vom 15. Juli 2005 wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten im Hauptsacheverfahren über die Feststellung des Status als Beschäftigte.

Die 1957 geborene Klägerin war seit 01.04.1995 als Rundfunkgebührenbeauftragte für den Mitteldeutschen Rundfunk tätig.

Mit Bescheid vom 01.07.1999 stellte die beigeladene Krankenkasse fest, dass die Klägerin keine abhängige Beschäftigung im Sinne des § 7 Abs. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) ausübe, sondern selbständig tätig sei.

Am 01.07.2004 beantragte die Klägerin bei der beklagten Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA - seit 01.10.2005: Deutsche Rentenversicherung Bund [DRV Bund]) die Feststellung ihres sozialversicherungsrechtlichen Status als Rundfunkgebührenbeauftragte. Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 12.07.2004 die Durchführung eines Statusfeststellungsverfahrens mit der Begründung ab, die Beigeladene habe bereits über den sozialversicherungsrechtlichen Status entschieden und das Vorliegen einer selbständigen Tätigkeit festgestellt. Den hiergegen gerichteten Widerspruch, mit dem die Klägerin zugleich die Überprüfung des Bescheides der Beigeladenen vom 01.07.1999 begehrte, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 20.12.2004 zurück. Ein Statusfeststellungsverfahren könne bei ihr gemäß § 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV nicht durchgeführt werden, weil bereits ein anderer Versicherungsträger eine Entscheidung über den sozialversicherungsrechtlichen Status getroffen habe. Nur diesem sei es möglich, den betreffenden Verwaltungsakt aufzuheben. Es stehe frei, dort einen Überprüfungsantrag zu stellen.

Am 24.01.2005 hat die Klägerin beim Sozialgericht Leipzig (SG) Klage erhoben und zugleich die Gewährung von Prozesskostenhilfe (PKH) beantragt. Die Beklagte könne sich nicht auf § 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV berufen, weil zum Zeitpunkt der Antragstellung kein Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung eingeleitet gewesen sei, sondern bereits eine bestandskräftige Entscheidung der Beigeladenen vorgelegen habe. Auch sei es der Beklagten nicht verwehrt, sich nach einer bestandskräftigen Entscheidung eines anderen Versicherungsträgers erneut zu positionieren. Zudem hätte nach Stellung des Überprüfungsantrags keine Widerspruchsentscheidung ergehen dürfen; vielmehr hätte der Antrag unverzüglich an die dafür zuständige Beigeladene weitergeleitet werden müssen.

Im Gegensatz zur Beklagten hat die mit Beschluss vom 18.05.2005 beigeladene Krankenkasse die Auffassung vertreten, selbst eine von ihr getroffene Statusentscheidung stünde einer Entscheidung der Beklagten über den Überprüfungsantrag gemäß § 44 Abs. 3 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) nicht entgegen.

Mit Beschluss vom 15.07.2005 hat das SG den Antrag auf PKH abgewiesen. Die Klage habe keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Ein Antrag nach § 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV könne nur gestellt werden, solange weder bei der Einzugsstelle noch bei einem anderen Versicherungsträger ein Verwaltungsverfahren eingeleitet sei...

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