Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankheitsbedingte Kündigung. Darlegungslast

 

Leitsatz (redaktionell)

Im Rahmen der Kündigungsschutzprozesses um eine krankheitsbedingte Kündigung wird bei der abgestuften Darlegungs- und Beweislast ein wenigstens laienhafter Vortrag des Arbeitnehmers zu den medizinischen Ursachen der Ausfallzeiten und zu den positiven Perspektiven für den zukünftigen Gesundheitszustand gefordert. Außerdem muss es der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber durch die Entbindung der Ärzte von der Schweigepflicht ermöglichen, nunmehr eine medizinisch fundierte Prognose der zukünftigen gesundheitlichen Entwicklung des Arbeitnehmers vornehmen zu können.

 

Normenkette

KSchG § 1; ZPO § 138 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Leipzig (Urteil vom 09.11.2004; Aktenzeichen 11 Ca 523/04)

 

Nachgehend

BAG (Beschluss vom 15.09.2009; Aktenzeichen 3 AZN 404/09)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Leipzig vom 09.11.2004 – 11 Ca 523/04 – wird

zurückgewiesen.

2. Die erstinstanzlichen Kosten trägt der Beklagte zu 5/9 und der Kläger zu 4/9.

Die zweitinstanzlichen Kosten sowie die Kosten des Revisionsverfahrens trägt der Kläger.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit der außerordentlichen, hilfsweise erklärten ordentlichen Kündigung des Beklagten vom 30.01.2004. Der Kläger begehrt außerdem, zu den bisherigen Arbeitsbedingungen bis zu einer rechtskräftigen Enscheidung weiterbeschäftigt zu werden. Hilfsweise beantragt der Beklagte, das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung aufzulösen.

Der am …1968 geborene Kläger ist seit 01.01.1992 für den Beklagten als Nachrichtensprecher und redaktioneller Mitarbeiter tätig. Die vereinbarten Vertragsbedingungen bestätigten der Beklagte sowie der Kläger jeweils mit Schreiben vom 13.04.1992 (Bl. 131; Bl. 284 d. A.).

Mit Schreiben vom 30.01.2004 (Bl. 22 d. A.) kündigte der Beklagte das Arbeitsverhältnis außerordentlich, hilfsweise ordentlich zum 31.03.2004.

Der Kläger ist in einem Großraumbüro des Beklagten tätig. Dort befindet sich ein PC-Arbeitsplatz zur persönlichen Nutzung durch den Kläger. Am 06.01.2004 arbeitete der Kläger an seinem Arbeitsplatz. Von 12:00 Uhr bis 12:05 Uhr verlas der Kläger Nachrichten. An jenem Tag waren u. a. auch die Zeugen … und … im Großraumbüro tätig. Am Abend des 06.01.2004 verlas der Kläger entgegen der ursprünglichen Dienstplanung wegen eines Tausches der Dienste keine Nachrichten.

Am 06.01.2004 um 03:46 Uhr veröffentliche die Nachrichtenagentur … eine Meldung mit der Überschrift „… schließt rot-rotes Bündnis in … nicht aus” (Bl. 311 f. d. A.).

Am 06.01.2004 um 12:51 Uhr wurde eine inhaltlich veränderte Fassung der Agenturmeldung nunmehr mit der Überschrift „… will rot-rotes Bündnis in …” (Bl. 304 d.A.) von der E-Mail-Adresse … an die E-Mail-Adresse … und … verschickt.

Der Kläger bewarb sich bei der Wahl zum Sächsischen Landtag als Mitglied der … um einen … Wahlkreis. Im Wettbewerb um die Spitzenkandidatur der … in Sachsen sprach sich der Kläger für die Landesvorsitzende der … … und gegen den Fraktionsvorsitzenden … aus.

Durch das beim Beklagten eingerichtete Referat DV-/IT-Sicherheit wurde eine technische Überprüfung vorgenommen. Das Ergebnis wurde mit dem Ablaufprotokoll vom 14.04.2004 (Bl. 301 d. A.) zusammengefasst.

Mit Schreiben vom 09.01.2004 (Bl. 911 d. A.) teilte der Prozessbevollmächtigte des Klägers mit, dass der Kläger in einer beabsichtigten Anhörung nur mit anwaltlicher Unterstützung teilnehmen wird.

Am 16.01.2004 fand ein Gespräch statt, an dem der Kläger sowie Rechtsanwalt … einerseits und der Chefredakteur des Beklagten …, die Redaktionsleiterin Frau … und Herr … (Leiter der Hauptabteilung Recht) andererseits teilnahmen.

Der Beklagte unterliegt dem Geltungsbereich des Tarifvertrages für freie Mitarbeiterinnen und freie Mitarbeiter des … (Bl. 1033 ff d. A.). Der Kläger ist Mitglied der tarifvertragschließenden Gewerkschaft.

Am 06.01.2004 parkte der Kläger seinen Pkw außerhalb des Betriebsgeländes. Von seinem Arbeitsplatz im 4. Stock des Bürogebäudes des Beklagten zum Betriebstor benötigt der Kläger fünf Minuten.

Mit Schreiben vom 08.01.2004 gaben die Zeugen … (Bl. 968 d. A.), … (Bl. 969 d. A.) und … (Bl. 967 d. A.) jeweils eine Erklärung ab. Die Zeugin … gab ebenfalls am 08.01.2004 eine Erklärung (Bl. 970 d. A.) ab. Die Zeugin gab an, den Kläger am 06.01.2004 bis zu ihrem Verlassen des Büros „bis ca. 12:40 Uhr” den Kläger an seinem Arbeitsplatz gesehen zu haben.

Der Kläger hat erstinstanzlich behauptet, dass die Kündigungen vom 30.01.2004 unwirksam seien. Weder liege ein wichtiger Grund für eine fristlose Kündigung vor noch sei die hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung sozial gerechtfertigt. Nach seiner Erinnerung habe er sich am 06.01.2004 um 11:21 Uhr und auch um 12:17 Uhr nicht an seinem Arbeitsplatz befunden. Mit Schriftsatz vom 01.11.2004 hat der Kläger bestritten, dass er unter seinem Nutzernamen um 11:21 Uhr in das Kommunikationsnetz und um 12:17 Uhr in das E-Mail-Syst...

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