Verfahrensgang

ArbG Dresden (Urteil vom 16.11.1993; Aktenzeichen 7 Ca 3530/93)

 

Tenor

1.

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Dresden vom 16.11.1993 – 7 Ca 3530/93 – teilweise abgeändert.

Es wird festgestellt, daß das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien auch nicht durch die hilfsweise ordentliche Kündigung mit Schreiben der Beklagten vom 7.5.1993 aufgelöst worden ist.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 1/4, die Beklagte zu 3/4.

2.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten in zweiter Instanz noch um die Rechtswirksamkeit einer hilfsweise ausgesprochenen ordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses zwischen ihnen mit Schreiben der Beklagten vom 7.5.1993.

Der am 5.7.1956 geborene ledige Kläger ist seit 11.3.1991 bei der Beklagten als Omnibusfahrer tätig. Dem Arbeitsverhältnis liegt zugrunde der Arbeitsvertrag vom 1.7.1991 (Bl. 7 d.A.). Der Monatsverdienst des Klägers belief sich zuletzt auf ca. 2.488,00 DM brutto.

Die Beklagte war kommunaler Eigenbetrieb der Stadt D. und wurde in eine AG umgewandelt (Eintragung im Handelsregister am 1.7.1993).

Am 11.4.1993 gab der bei der Beklagten beschäftigte Fahrmeister H. über eine Vorfall an diesem Tage gegen 15.30 Uhr folgende Meldung ab (Bl. 19 d.A.):

„Ich fuhr mit dem OP-Bus die P. L. in Richtung P. Als ich über die Kuppe K. kam, fuhr im Gegenverkehr Herr S. stadtwärts. Dieser fuhr jedoch links an der Staukolonne vorbei. Ich mußte abbremsen, um ihm die „Einordnung” in die Fahrzeugkolonne zu ermöglichen. Ein vor mir fahrender VW-Kleinbus mußte auf den Gehweg ausweichen, damit Herr S. überhaupt weiter konnte. Dies ist eine äußerst rücksichtslose Fahrweise und es muß dagegen eingeschritten werden.”

Der bei der Beklagten beschäftigte Omnibusfahrer L. gab am 13.4.1993 über ein Vorkommnis an diesem Tage folgende Meldung ab (Bl. 20 d.A.):

„Ich fuhr mit dem W. D. V. von B. kommend dem Kollegen S. mit dem K. im Zuge der Linie … in Richtung G. hinterher. Die S. wurde durch diesen Kollegen sehr zügig befahren (ersichtlich Fahrtenschreiberblatt 13.4.1993). An der abknickenden Vorfahrtsstraße wurde ein B 1000 rechts überholt und abgedrängt. An der Haltestelle G. W. hatten sich mehrere PKW angestellt und wollten nach rechts in die W. be … einbiegen. Kollege S. fuhr links vorbei und bog rücksichtslos nach rechts ab.

Durch das beherzte Reagieren der PKW-Fahrer konnte ein Zusammenstoß vermieden werden. Über dieses Verhalten war ich sprachlos! …”

Hierauf behielt die Beklagte am 13.4.1993 die

Betriebsfahrerlaubnis des Klägers ein.

Dagegen erhob der Kläger mit Schreiben vom 20.4.1993 (Bl. 23 d.A.) Einspruch. Mit Schreiben vom 21.4.1993 kündigte die Beklagte dem Kläger an, sie werde ihm die Betriebsfahrerlaubnis im Falle eines positiven Ausgangs einer kurzfristig stattfindenden Überprüfung durch die Fahrschule wieder aushändigen.

Die angekündigte Überprüfung des Klägers durch die betriebliche Fahrschule der Beklagten fand am 26.4.93 statt. Der Leiter dieser Fahrschule teilte mit Schreiben vom 26.4.93 (Bl. 25/26) dem Hauptabteilungsleiter Betrieb- und Verkehr der Beklagten, Herrn K. mit, der Kläger habe weder die theoretische noch die praktische Überprüfung bestanden. Er schlage deshalb vor, dem Kläger wegen angezeigter Zweifel am „Vertrauen in eine sichere und ordnungsgemäße Beförderung” die Betriebsfahrberechtigung für ein Minimum von 6 Monaten zu entziehen.

Mit Schreiben vom 4.5.93 (Bl. 27 d.A.) entzog Herr Köhler dem Kläger die Betriebsfahrberechtigung für Omnibusse gemäß § 18 Abs. 2 c und e DZ Betrieb.

In der Zeit vom 16.4.93 bis 5.5.93 wurde der Kläger aushilfsweise auf den von der Beklagten betriebenen Bergbahnen (Schwebe- und Standseilbahn in D.) beschäftigt. Zum Befahren dieser Bahnen ist eine Betriebsfahrerlaubnis für Omnibusse nicht erforderlich.

Mit Schreiben vom 5.5.93 beantragte der Leiter der Abteilung Personalwirtschaft der Beklagten die Zustimmung des Betriebsrates zur fristlosen, hilfsweise zum 30.6.93 auszusprechenden fristgerechten Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Kläger (Bl. 28 d.A.).

Der stellvertretende Vorsitzende des Betriebsrates äußerte sich mit 2 Schreiben vom 7.5.93 an die Abteilung Personalwirtschaft wie folgt:

„Fristlose Kündigung (Anhörungsfragebogen vom 5.5.93, eingegangen im Betriebsrat am 5.5.93) des Herrn Jürgen Schäfer gemäß § 102 BetrVG. Der Betriebsrat wurde lt. § 99 BetrVG zur Kündigung angehört, (siehe Bl. 29 d.A.) sowie „Die fristlose Kündigung wurde zur Kenntnis genommen” (Bl. 55 d. A.).”

Mit Schreiben vom 7.5.93 (Bl. 5/6 d.A.) kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger außerordentlich mit sofortiger Wirkung, vorsorglich ordentlich zum 30.6.93, da der Kläger nicht mehr in der Lage sei, seine Arbeitsaufgaben als Omnibusfahrer zu erfüllen und ein anderer geeigneter Arbeitsplatz nicht zur Verfügung stünde.

Gegen diese Kündigung richtet sich die am 12.5.93 beim Arbeitsgericht eingegangene Klage des Klägers.

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, der Betriebsrat sei nicht ausreichend...

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