Entscheidungsstichwort (Thema)

Anforderungen an die Darlegung vergütungspflichtiger Überstunden

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Macht ein Arbeitnehmer eine Vergütung für geleistete Überstunden geltend, so hat er darzulegen, wann er welche Tätigkeit ausgeführt hat.

2. Dabei genügt die bloße Bezugnahme auf der Klageschrift in einem Umfang von mehreren 100 Seiten als Anlage beigefügte Stundenaufstellungen nicht, da diese lediglich zur Erläuterung des schriftsätzlichen Vortrages dienen, diesen aber nicht ersetzen.

 

Normenkette

ZPO § 130; BGB § 611 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Dresden (Entscheidung vom 08.07.2015; Aktenzeichen 11 Ca 557/14)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 21.12.2016; Aktenzeichen 5 AZR 363/16)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Dresden vom 08.07.2015 - 11 Ca 557/14 - wird auf dessen Kosten

z u r ü c k g e w i e s e n .

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten im Berufungsrechtszug noch um die Verpflichtung der Beklagten, dem Kläger Überstunden zu vergüten.

Der Kläger war vom 15.09.2008 bis zum 19.02.2014 bei der Beklagten als Kraftfahrer beschäftigt. Seine regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit betrug 48 Stunden, die vereinbarte Bruttomonatsvergütung lag zuletzt bei ca. 1.600,00 €.

Der Kläger hat seiner Klageschrift erstinstanzlich als Anlagenkonvolut handschriftliche Aufzeichnungen in einem Umfang von reichlich 250 Seiten beigefügt. Für den Zeitraum 01.01.2011 bis 30.11.2013 ergäben sich daraus aufaddiert 1.488,60 Überstunden. Multipliziert mit einem Stundensatz von 7,67 € brutto errechne sich ein Gesamtbetrag i. H. v. 11.417,56 € brutto.

Der Kläger hat erstinstanzlich zuletzt - soweit für das Berufungsverfahren noch von Relevanz - beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 11.417,56 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 21.12.2013 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat bestritten, dass der Kläger die von ihm vorgetragenen Überstunden geleistet habe. Zumindest ab dem Jahre 2012 habe der Kläger immerhin zwischen Lenk- und Schichtzeiten unterschieden. Diese Zeiten fielen jedoch deutlich auseinander.

Was der Kläger in den zusätzlich zur Lenkzeit angegebenen Schichtzeiten gemacht haben wolle, verschweige er. Sie sei bereits nicht in der Lage nachzuvollziehen, ob die behaupteten Lenkzeiten zuträfen. Selbst wenn dies aber unterstellt würde, könne sie jedenfalls nicht überprüfen, welche Tätigkeiten der Kläger in der zusätzlich angegebenen Schichtzeit von regelmäßig mehreren Stunden täglich erledigt haben wolle und ob diese Tätigkeiten betrieblich veranlasst und damit als Arbeitszeit zu vergüten gewesen seien.

Mit Urteil vom 08.07.2015 hat das Arbeitsgericht die auf Zahlung von Überstunden gerichtete Klage mit der Begründung abgewiesen, durch die Inbezugnahme seiner Selbstaufzeichnungen und der darin enthaltenen pauschalen Erklärungen genüge der Kläger seiner Darlegungslast nicht. Wegen der weiteren Einzelheiten dieser Entscheidung wird auf das Urteil selbst Bezug genommen (vgl. Bl. 378 bis 387 d. A.).

Gegen das ihm am 31.07.2015 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts hat der Kläger am 13.08.2015 Berufung eingelegt und diese - nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 02.11.2015 - mit am 02.11.2015 beim Sächsischen Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz begründet.

Auf den Seiten 3 bis 68 seiner 68-seitigen Berufungsbegründung übernimmt der Kläger die erstinstanzlich handschriftlich zur Gerichtsakte gereichten Schichtzeiten, nennt diese allerdings nicht mehr so, sondern nunmehr "gefahrene Stunden". Zusätzlich wird unter dem jeweiligen Datum die gefahrene Tour angegeben. Dies reiche nach der auch vom Arbeitsgericht angezogenen Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 16.05.2012 - 5 AZR 347/11 - aus.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Dresden vom 08.07.2015 - 11 Ca 557/14 - abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an ihn 11.417,56 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 21.12.2013 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Auf den Seiten 3 bis 68 seiner Berufungsbegründung trage der Kläger lediglich "Wein in alten Schläuchen" vor. Tabellarisch sei dort nur zusammengefasst, was bisher handschriftlich als Beweis angeboten worden sei. Die Aufschreibung leide zudem erkennbar unter dem Mangel, dass die angegebenen Zeiten nunmehr alles Fahrtzeiten ("gefahrene Stunden") gewesen sein sollen. Das sei offensichtlich falsch, da zwingend Vor- und Nacharbeiten zu den Fahrten angefallen seien. Pausenzeiten seien ebenso wenig vorgetragen worden wie Wartezeiten, die nicht zwangsläufig Arbeitszeit seien.

Wegen des weiteren tatsächlichen Vorbringens der Parteien wird Bezug genommen auf ihre wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Protokoll der letzten mündlichen Verhandlung vom 21.01.2016.

 

Entscheidungsgründe

Die gemäß § 64 Abs. 1 und 2 ArbGG an sich statthafte, gemäß den §§ 66 A...

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