Entscheidungsstichwort (Thema)

Anspruch eines Arbeitnehmers auf Verkürzung der Stufenlaufzeit i.S. von § 17 Abs. 2 S. 1 TVöD BT-V

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Ein Arbeitnehmer hat keinen Anspruch auf Verkürzung der Stufenlaufzeit i.S. von § 17 Abs. 2 S. 1 TVöD BT-V, sondern lediglich einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung des Arbeitgebers.

2. Ein klagbarer Anspruch auf Ausübung des Ermessens dahin, dass die Stufenlaufzeit zu einem bestimmten Zeitpunkt reduziert wird und der Arbeitnehmer ab diesem Zeitpunkt einen Rechtsanspruch auf die Vergütung der höheren Stufe hat, besteht nur dann, wenn das Ermessen des Arbeitgebers auf Null reduziert ist.

3. Eine solche Ermessensreduzierung auf Null kommt etwa bei einer Verletzung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes in Betracht.

4. Macht der Arbeitnehmer eine solche geltend, so hat er darzulegen und ggfls. zu beweisen, dass der Arbeitgeber ihn gegenüber vergleichbaren Arbeitnehmern ungleich behandelt hat.

 

Normenkette

TVöD BT-V § 17 Abs. 2 S. 1; TVöD BT-V § 16 Abs. 3 S. 1; SGB II § 44d Abs. 4

 

Verfahrensgang

ArbG Chemnitz (Entscheidung vom 11.11.2014; Aktenzeichen 12 Ca 1449/14)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 09.06.2016; Aktenzeichen 6 AZR 321/15)

 

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Chemnitz vom 11.11.2014 - 12 Ca 1449/14 - wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

2. Die Revision wird für die Klägerin zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über einen Anspruch der Klägerin auf Verkürzung der Stufenlaufzeit gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 TVöD.

Der beklagte Landkreis ist Mitglied im Kommunaler Arbeitgeberverband Sachsen e.V. (KAV). Er hat zusammen mit der Bundesagentur für Arbeit zur einheitlichen Durchführung der Grundsicherung für Arbeitsuchende für sein Gebiet eine gemeinsame Einrichtung gemäß § 44 b SGB II gebildet (= Jobcenter ...). In der gemeinsamen Einrichtung werden sowohl Arbeitnehmer der Bundesagentur für Arbeit als auch solche des Beklagten beschäftigt. Am 31.01.2013 beschloss die Trägerversammlung der gemeinsamen Einrichtung "Grundsätze der Qualifizierungsplanung und Personalentwicklung im Jobcenter ..." für die Zeit ab dem 01.01.2013. Unter dem 11.09.2013 verabschiedete die Trägerversammlung die "Regelung zur Stellenbesetzung in den gemeinsamen Einrichtungen und zur Ausübung von personalrechtlichen Befugnissen der Geschäftsführerin des Jobcenters ... gem. § 44 c Abs. 2 Nr. 8 SGB II". Darin heißt es u. a.:

"Für die Rechtmäßigkeit aller Entscheidungen der Geschäftsführerin sind die für die gemeinsame Einrichtung und die Träger geltenden rechtlichen Bestimmungen maßgeblich (z.B. haushaltsrechtliche Voraussetzungen, Höhergruppierungsgrundsätze).

Das gilt auch für eine mit der Höher-/Herabgruppierung verbundene tarifliche Stufenzuordnung (Entwicklungs- bzw. Erfahrungsstufe)."

Die Klägerin ist seit dem 01.01.2009 auf der Grundlage eines schriftlichen Arbeitsvertrages vom 18.12.2008 (Anlage K 1 zur Klageschrift vom 08.07.2014; Bl. 6 ff. d. A.) beim Beklagten angestellt. Arbeitsvertraglich vereinbarten die Parteien für die Dauer der Mitgliedschaft des Beklagten im KAV u. a. die Anwendbarkeit des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst (TVöD) und des Besonderen Teils Verwaltung in der für den Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) jeweils geltenden Fassung. Seit Beginn ihrer Anstellung ist die Klägerin im Jobcenter ..., Standort ..., als Fallmanagerin eingesetzt. Seit dem 01.10.2009 erhält sie eine Vergütung der Entgeltgruppe 10 TVöD-VKA, zuletzt in Höhe der Stufe 3.

Am 01.10.2013 führte die unmittelbare Vorgesetzte der Klägerin, die Teamleiterin Frau ..., mit dieser ein Mitarbeitergespräch betreffend die Leistungseinschätzung für die Zeit vom 01.01. bis 31.12.2013. In einer schriftlichen Dokumentation des Gesprächs vom 09.10.2013 (Anlage K 3 zur Klageschrift vom 08.07.2014; Bl. 10 ff. d. A.) ist betreffend die Leistungen der Klägerin zusammenfassend ausgeführt:

"Frau ... werden erhebliche über dem Durchschnitt liegende Leistungen bescheinigt.

Sie wird deshalb auf Grundlage von § 17 Abs. 2 TVöD für das vorzeitige Aufrücken in den Stufen vorgeschlagen."

Im Protokoll der Entwicklungskonferenz 2013 betreffend die kommunalen Mitarbeiter im Jobcenter ... vom 19.12.2013 (Anlage K 1 zum Schriftsatz des Beklagten vom 26.09.2014; Bl. 32 d. A.) ist betreffend die Klägerin Folgendes vermerkt:

Bemerkungen

Festlegungen EK

wünscht keine Personalentwicklung;

Führungskraft schlägt Stufenvorrückung vor

LRA wendet §§ 17 u. 18 TVöD nicht an.

Begründung durch Träger. Dankschreiben der GF mit Hinweis, dass § 17 nicht umsetzbar ist.

In der Folge teilte die Geschäftsführerin des Jobcenters der Klägerin mit Schreiben vom 13.01.2014 (Anlage K 4 zur Klageschrift vom 08.07.2014; Bl. 13 d. A.) mit, dass ein leistungsbezogener Aufstieg für Beschäftigte des Beklagten nicht umsetzbar sei, da keine Dienstvereinbarung zur leistungsorientierten Bezahlung zwischen dem Beklagten und dessen Personalrat abgeschlossen worden sei. Fü...

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