Entscheidungsstichwort (Thema)

Voraussetzungen der Arglistanfechtung durch den Versicherer

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Versicherer ist nicht verpflichtet, einen Versicherungsnehmer vor Vertragsschluss über die Rechtsfolgen falscher Antworten zu gefahrerheblichen Umständen zu belehren.

 

Verfahrensgang

LG Saarbrücken (Urteil vom 09.10.2003; Aktenzeichen 12 O 11/03)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des LG Saarbrücken vom 9.10.2003 - 12 O 11/03 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 115 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Zwangsvollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

5. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 34.907,08 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Kläger, ein Brunnenbaupolier, nimmt die Beklagte aus einer Berufsunfähigkeitszusatzversicherung in Anspruch.

Der Kläger beantragte unter dem 15.7.2000 bei der Beklagten den Abschluss einer Risiko-Lebensversicherung sowie einer Berufsunfähigkeitszusatzversicherung. Für den Fall der Berufsunfähigkeit wurde eine monatliche Rentenzahlung von 1.000 DM vereinbart (Versicherungsschein vom 27.9.2000, Bl. 68 f. d.A.). Das Antragsformular (Bl. 91 d.A.) enthielt Fragen zur Gesundheit des Klägers. Die Frage Nr. 1 - "Litten Sie in den letzten zehn Jahren oder leiden Sie zurzeit an Krankheiten, Störungen oder Beschwerden (z.B. Herz oder Kreislauf, Atmungs-, Verdauungs-, Harn- oder Geschlechtsorgane, Wirbelsäule, Nerven, Psyche, Blut, Zucker, Fettstoffwechsel, Geschwülste oder sonstige Erkrankungen)? Wann, woran, wie lange, Folgen?" - beantwortete der Kläger mit "Schleimbeutelentzündung/Knie". Auf die Frage Nr. 2 - "Sind Sie in den letzten zehn Jahren untersucht, beraten, behandelt oder operiert worden? Wann und weshalb, beanspruchte Ärzte?" - gab der Kläger eine Knieoperation an. Als den über seine Gesundheitsverhältnisse am besten unterrichteten Arzt nannte der Kläger Herrn Dr. T., B. Die übrigen Fragen verneinte er.

Tatsächlich war der Kläger zwischen dem 8.5.1995 und dem 12.4.1999 wegen Schulterschmerzen links, Ischialgie, Periarthritis humeruscapularis, Hexenschuss, Lumboischialgie, Schultersteife links, Lumbago und akutem Muskelhartspann - wie das angefochtene Urteil festgestellt hat und in dem Berufungsverfahren unstreitig geworden ist (Bl. 140 d.A.) - arbeitsunfähig erkrankt.

Die Beklagte übersandte dem Kläger zunächst eine Antragskopie zur Klärung der Frage, wann die Schleimbeutelentzündung aufgetreten ist und ob ihre Folgen ausgeheilt seien. Der Kläger erwiderte darauf "1999 Monat 8v". Daraufhin bat die Beklagte Herrn Dr. T. um einen ärztlichen Bericht, den sie unter dem 24.7.2000 erhielt. Auf die Frage, wegen welcher Gesundheitsstörungen oder Krankheiten Herr Dr. T. den Kläger bisher untersucht oder behandelt habe, antwortete Herr Dr. T. mit "Knieproblemen auf der rechten Seite". Auf die Frage nach Arbeitsunfähigkeitszeiten in den letzten drei Jahren gab er an: "Problematik mit der Bursitis am rechten Knie und Infekte". Daraufhin policierte die Beklagte unter dem 27.9.2000 den Vertrag.

Im Frühjahr 2002 begab sich der Kläger in ärztliche Behandlung wegen eines Lendenwirbelsäulensyndroms, degenerativer Wirbelsäulenveränderungen und einer Hüftgelenksarthrose rechts. Danach erhob er am 12.4.2002 bei der Beklagten Ansprüche aus der Berufsunfähigkeitsversicherung. Dabei gab er an, dass er seit drei Jahren in Zusammenhang mit der Erkrankung der Wirbelsäule und der Hüfte arbeitsunfähig sei. Die Auskünfte der zuständigen Krankenkasse, die die Auflistung der Arbeitsunfähigkeitszeiten der letzten Jahre enthielten, gingen bei der Beklagten am 26.6.2002 ein; Angaben der LVA, die die korrespondierenden Krankheitsbilder und deren Verlauf beschrieben, erhielt die Beklagte am 25.6.2002.

Mit Schreiben vom 9.7.2002, dem Kläger am 13.7.2002 zugegangen, erklärte die Beklagte ggü. dem Kläger, dass sie von dem Versicherungsvertrag zurücktrete, seinen Abschluss gleichzeitig wegen arglistiger Täuschung anfechte.

Der Kläger hat behauptet, seit April 2002 könne er in seinem Beruf als Brunnenbaupolier überhaupt nicht mehr tätig werden; die weitere Berufsausübung berge die Gefahr einer Querschnittslähmung.

Das LG hat die Klage mit der angefochtenen Entscheidung abgewiesen. Dagegen wendet sich der Kläger mit seiner Berufung.

Der Kläger meint, die angefochtene Entscheidung habe ihm zu Unrecht arglistiges Verhalten unterstellt; andere Gründe als Arglist könnten das Verschweigen der Vorerkrankung tragen, weil er der Auffassung gewesen sei, nur angeben zu müssen, worunter er zum Zeitpunkt der Antragstellung noch gelitten habe. Gegen ein arglistiges Verhalten spreche auch der Umstand, dass er die Anschrift seines Hausarztes im Antragsformular angegeben habe. Im Übrigen dürfe sich die Beklagte auf Arglist auch nicht berufen, weil sie es in der ...

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