Leitsatz (amtlich)

Der Betreiber einer sog. Portalwaschanlage ist in Erfüllung der gebotenen Verkehrssicherung nicht gehalten, den Waschbetrieb durch Bereitstellung von Personal oder die Einrichtung einer Videoüberwachung lückenlos zu überwachen. Vielmehr kann es im Einzelfall genügen, die Bürsten zu Beginn des Waschbetriebs sorgfältig nach Fremdkörpern abzusuchen.

 

Verfahrensgang

LG Saarbrücken (Urteil vom 08.12.2011; Aktenzeichen 9 O 146/11)

 

Tenor

1. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil der 9. Zivilkammer des LG Saarbrücken vom 8.12.2011 - 9 O 146/11 - aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung auch über die Kosten des Berufungsverfahrens an das LG zurückverwiesen.

2. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Im vorliegenden Rechtstreit nimmt die Klägerin als Leasingnehmerin eines Kraftfahrzeugs der Marke BMW Xl den Beklagten als Betreiber einer sog. Portal-Wagenwaschanlage auf Schadensersatz in Anspruch.

Am 31.12.2010 fuhr der Ehemann der Klägerin, der Zeuge U. H., gegen 10:25 Uhr mit dem am 28.5.2010 zugelassenen Fahrzeug in die Waschanlage des Beklagten. Nach dem Waschvorgang fuhr er zunächst in die D. Innenstadt. Dort stellte er fest, dass das Fahrzeug zerkratzt war. Es gab eine Vielzahl tiefgehender Lackkratzer im Bereich des Kühlergrills, der Motorhaube, der Frontscheibe, am Fahrzeugdach, an der Heckklappe, den Bremsleuchten, am Heckwischer sowie den Stoßfängern hinten. Der Zeuge fuhr sofort zur Tankstelle des Beklagten zurück und meldete der dort anwesenden Mitarbeiterin des Beklagten die festgestellten Schäden.

Sodann wurde Einigkeit erzielt, den nächsten Reinigungsvorgang abzuwarten. Der Zeuge W., der nach dem Zeugen H. die Waschanlage des Beklagten benutzt hatte, stellte ähnliche Beschädigungen an seinem Fahrzeug fest. Daraufhin suchten die Zeugen H. und W. mit der Mitarbeiterin des Beklagten die Waschanlage nach Fremdkörpern in den Bürsten ab. Hierbei wurden jedoch keine Fremdgegenstände festgestellt.

Die Mitarbeiterin des Beklagten erklärte sich sodann bereit, schriftlich zu bestätigen, dass sowohl das Fahrzeug der Klägerin als auch das Fahrzeug des Zeugen W. in der streitgegenständlichen Waschanlage beschädigt worden waren (BI. 38 d.A.).

Die Klägerin hat behauptet, das Fahrzeug sei vor dem Waschvorgang schadensfrei gewesen und habe sich die Lackschäden während des Waschvorgangs zugezogen. Sie trägt vor, es könne nicht mehr nachvollzogen werden, worauf der Schaden genau zurückzuführen sei. Möglicherweise resultiere er aus einem Mangel der Anlage oder einen Defekt der Waschbürsten. Es sei nicht nachvollziehbar, dass der Schaden daher rühre, dass von dem vor dem Fahrzeug der Klägerin gereinigten Fahrzeug eine Antenne abgerissen worden sei. Falls die am Unfalltag alleine in der Tankstelle anwesende Zeugin zu Beginn ihrer Schicht gegen 6:00 Uhr morgens überhaupt eine Kontrolle der Anlage durchgeführt haben sollte - was die Klägerin bestritten hat - sei es aufgrund der schlechten Sichtverhältnisse für die Zeugin nahezu unmöglich gewesen, eine ordnungsgemäße Überprüfung vorzunehmen. Es sei daher durchaus nahe liegend, dass sich bereits zu diesem Zeitpunkt Fremdkörper in den Waschbürsten befunden hätten, die jedoch mangels ordnungsgemäßer Kontrolle nicht entdeckt worden seien.

Überdies sei eine einzige Kontrolle am frühen Morgen des Tages auch nicht ausreichend gewesen, zumal zu berücksichtigen sei, dass auch das Ausfahrtor der Waschanlage defekt gewesen sei. Dies habe für den technischen Ablauf des Anlagebetriebs eine zusätzliche Gefahrenlage bedeutet und hätte eine gesteigerte Kontrolle nach sich ziehen müssen.

Die Klägerin hat den Beklagten erstinstanzlich auf Erstattung der Reparaturkosten i.H.v. netto 6.146,51 EUR, einer Wertminderung i.H.v. 800 EUR sowie Erstattung von Sachverständigengutachten i.H.v. zuletzt 982,87 EUR sowie auf Zahlung einer Unkostenpauschale i.H.v. 25,56 EUR in Anspruch genommen. Hinsichtlich des Feststellungsantrags hat die Klägerin vorgetragen, dass sie ihr Fahrzeug bislang noch nicht habe reparieren lassen, weshalb für den Fall der Reparatur noch weiter gehende Ansprüche, insbesondere Nutzungsausfall, entstehen könnten.

Die Klägerin hat beantragt,

1. den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 7.954,94 EUR nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seitdem 4.2.2011 zu zahlen-,

2. festzustellen, dass der Beklagte weiterhin verpflichtet ist, der Klägerin weiter gehenden Schaden, insbesondere reparaturbedingten Nutzungsausfall aus dem Unfallereignis vom 31.12.2010 in der Waschstraße des Beklagten zu ersetzen;

3. den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin vorgerichtliche, verzugsbedingte Rechtsanwaltskosten i.H.v. 718,40 EUR nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 4.2.2011 zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat behauptet, dass die Schäden am Fahrzeug der Klägerin durch eine 30 cm lange Dachantenne verursacht worden ...

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