Leitsatz (amtlich)

Es ist im Rahmen der Schadensschätzung nach § 287 Abs. 1 ZPO nicht erfahrungswidrig, dass eine unter 10 % liegende Beeinträchtigung in der Haushaltsführung durch Umorganisation oder Einsatz von Hilfsmitteln mit zumutbarem Aufwand schadensvermeidend kompensiert werden kann.

 

Verfahrensgang

LG Saarbrücken (Urteil vom 18.05.2012; Aktenzeichen 1 O 168/10)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 1. Zivilkammer des LG Saarbrücken vom 18.5.2012 - 1 O 168/10 - mit der Maßgabe abgeändert, dass sich die in Ziff. 2) tenorierte Schadensersatzforderung von 17.760 EUR auf 17.234,40 EUR und die in Ziff. 3 zugesprochene Rente von 150 EUR auf 142,50 EUR reduziert. Ziff. 5 des Urteilstenors wird hinsichtlich der zuerkannten vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten von 1.196,43 EUR auf 569,30 EUR abgeändert. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung i.H.v. 120 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Zwangsvollstreckung i.H.v. 120 % des beizutreibenden Betrages Sicherheit leistet.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Im vorliegenden Rechtsstreit nimmt die Klägerin die beklagte Haftpflichtversicherung auf Zahlung von Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall in Anspruch.

Am 30.3.2005 war die Klägerin als Beifahrerin in dem von ihrem Ehemann gesteuerten Fahrzeug ihres Sohnes auf der B 51 unterwegs. In Höhe des Kreuzungsbereichs der wollte der Unfallgegner mit seinem bei der Beklagten haftpflichtversicherten Fahrzeug (damaliges amtliches Kennzeichen:) nach links abbiegen. Er übersah hierbei das entgegenkommende Fahrzeug, so dass es zur Kollision kam. Die vollständige Haftung der Beklagten steht außer Streit.

Bei dem Unfall wurde die damals 51-jährige Klägerin erheblich verletzt: Sie erlitt einen Bruch des rechten Schlüsselbeines. Für den Zeitraum von 6-8 Wochen musste sie einen sog. Rucksackverband tragen. Vom 30.3. bis 31.5.2005 war sie zu 100 % in der Erwerbsfähigkeit beschränkt. Im Zeitraum vom 1.6. bis 31.7.2005 bestand eine 50-prozentige Minderung der Erwerbsfähigkeit. Ein fachorthopädisches Gutachten der Winterbergkliniken kam zu dem Ergebnis, dass bei der Klägerin eine dauerhafte Minderung der Erwerbsfähigkeit von 10 % verbleibe.

Die Klägerin litt fortdauernd unter erheblichen Schmerzen und Einschränkungen im Bereich des rechten Schultergelenks. Sie hat die Auffassung vertreten, dass zum Ausgleich der erlittenen Schmerzen die Zahlung eines Schmerzensgeldes von 11.000 EUR angemessen sei. Unstreitig leistete die Beklagte vorprozessual auf das geltend gemachte Schmerzensgeld einen Betrag von 5.000 EUR. Die Differenz bildet den Gegenstand des Klageantrags zu 1). Darüber hinaus hat die Beklagte beginnend mit dem 1.7.2010 eine monatliche Schmerzensgeldrente i.H.v. 50 EUR geltend gemacht.

Die Klägerin hat des Weiteren einen Anspruch auf Erstattung des Haushaltsführungsschadens erhoben. Sie hat hierzu behauptet, dass sie mit ihrem Ehemann, zwei Kindern und einem Enkelkind zum Zeitpunkt des Unfalls eine Wohnung mit einer Größe von 120 m2 sowie einer Terrasse bewohnt habe. Eine Spülmaschine und ein Trockner seien nicht vorhanden gewesen. Sie werde auf Dauer in ihrer Haushaltstätigkeit um 20 % eingeschränkt bleiben. Insbesondere sei ihr bis heute das Putzen von Fenstern, Gardinen sowie das Einräumen von Gegenständen in Oberschränke nicht möglich. Unter Zugrundelegung eines Stundensatzes von zehn Euro für eine Ersatzkraft hat die Klägerin einen Haushaltsführungsschaden für den Zeitraum bis zum 30.6.2010 i.H.v. 12.960 EUR geltend gemacht, wobei sie eine Haushaltstätigkeit in gesunden Tagen von 4h pro Tag in Ansatz gebracht hat. Ab dem 1.7.2010 hat die Klägerin eine monatliche Haushaltsführungsrente von 150 EUR geltend gemacht.

Die Klägerin hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin ein in das Ermessen des Gerichts gestelltes weiteres Schmerzensgeld i.H.v. mindestens 5.500 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 % über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

2. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin Schadensersatz (Haushaltsführungsschaden) i.H.v. 17.760 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 % über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

3. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin ab dem 1.7.2010 eine vierteljährlich vorauszahlbare monatliche Rente i.H.v. 600 EUR jeweils im Voraus zum 1.1., 1.4., 1.7. und 1.10. eines jeden Jahres bis zum 31.12.2019 sowie rückständige Rente seit dem Verkehrsunfall vom 30.3.2005 für den Zeitraum vom 1.4.2005 bis 30.6.2010 i.H.v. 12.400 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 % über dem jeweils gültigen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen;

4. es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sämtliche materiellen und immateriellen Zukunftsschäden zu ersetzen, die aus...

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