Entscheidungsstichwort (Thema)

Erfolglose Insolvenzanfechtung von Teilzahlungen auf eine sofort fällige Vergleichssumme

 

Leitsatz (amtlich)

Erbringt der Schuldner Teilleistungen i.S.v. § 266 BGB und nimmt der Gläubiger diese an, so stellt dies keinen Fall inkongruenter Deckung dar, welcher zu einer Insolvenzanfechtung nach § 131 Abs. 1 Nr. 2 InsO berechtigt.

 

Verfahrensgang

LG Saarbrücken (Urteil vom 30.04.2007; Aktenzeichen 6 O 212/06)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des LG Saarbrücken vom 30.4.2007 - 6. O. 212/06 - abgeändert: Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 8.892,34 EUR festgesetzt.

5. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger ist der Insolvenzverwalter der R. GmbH & Co. KG. Im vorliegenden Rechtsstreit macht er einen Anspruch aus Insolvenzanfechtung geltend. Der Anfechtung liegen zwei Zahlungen der Schuldnerin an die Beklagte zugrunde.

Die beklagte Gesellschaft des bürgerlichen Rechts erbrachte über einen Zeitraum von mehreren Jahren Bauleistungen für die Schuldnerin. Insbesondere führte sie als Subunternehmerin Bauleistungen für das Bauvorhaben H. in N. aus und stellte diese der Schuldnerin in Rechnung. Aufgrund von Mängeln in der Bauausführung der Beklagten vereinbarten die Schuldnerin und die Beklagte in einem Vergleich vom 5.8.2004, dass die Schuldnerin der Beklagten noch 19.500 EUR zu zahlen habe. Nach Abzug weiterer Rechnungen verblieb ein Betrag von 11.481,38 EUR zugunsten der Beklagten. Hierauf zahlte die Schuldnerin am 17.8.2004 5.000 EUR und am 22.9.2004 3.892,34 EUR. Den Restbetrag zahlte sie nicht mehr. In der insgesamt angespannten Geschäftsbeziehung kam es öfters vor, dass die spätere Schuldnerin der Beklagten zustehende Geldbeträge einbehielt.

Durch Eröffnungsbeschluss vom 12.1.2005 und aufgrund Antrags vom 16.11.2004 wurde über das Vermögen der R. GmbH & Co KG das Insolvenzverfahren wegen Zahlungsunfähigkeit und wegen Überschuldung eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter ernannt.

Der Kläger hat behauptet, bei der Schuldnerin seien zum 27.11.2003 Verbindlichkeiten i.H.v. 141.908,83 EUR fällig gewesen, während sich zum 31.12.2003 die Höhe der Verbindlichkeiten auf 239.837,29 EUR belaufen habe. Zum 26.5.2004 habe die Gesamtsumme der fälligen Verbindlichkeiten rund 161.000 EUR und am 30.6.2004 309.943,06 EUR betragen. Wegen der grundlosen Vornahme der beiden Abschlagszahlungen habe die Beklagte davon ausgehen müssen, dass die Schuldnerin nicht mehr zahlungsfähig gewesen sei.

Der Kläger hat beantragt, die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger einen Betrag i.H.v. 8.892,34 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 %-Punkten hieraus über dem Basiszinssatz seit Rechtskraft zzgl. nicht anrechenbarer außergerichtlicher Rechtsanwaltsgebühren i.H.v. 311,85 EUR zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat behauptet, weder im Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses noch im Zeitpunkt der darauf folgenden Zahlungen der Schuldnerin habe sie Kenntnis von einer Krisensituation bei der Schuldnerin gehabt. Diese werde mit Nichtwissen bestritten, da sie über keinerlei Kenntnisse zu den internen Vorgängen bei der Schuldnerin verfügt habe.

Das LG hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen Steuerberater M..

Mit Urteil vom 30.4.2007, auf dessen Inhalt gem. § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen wird, hat das LG der Klage stattgegeben. Das LG hat zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die Voraussetzungen einer Insolvenzanfechtung gem. § 131 Abs. 1 Nr. 2 InsO seien gegeben. Die Schuldnerin sei im Zeitpunkt der beiden Zahlungen vom 17.08. und 22.9.2004 zahlungsunfähig gewesen. Zahlungsunfähigkeit habe unter Zugrundelegung der Aussage des Zeugen M. spätestens zum 30.6.2004 vorgelegen. Inkongruenz sei deshalb zu bejahen, weil die Schuldnerin innerhalb der Drei-Monats-Frist der Beklagten entgegen dem Vergleichswortlaut und entgegen § 266 BGB Abschlagszahlungen geleistet habe. Da diese Zahlungen zu einer Verkürzung der Insolvenzmasse und damit zu einer Benachteiligung der übrigen Gläubiger geführt hätten, sei auch eine Gläubigerbenachteiligung gem. § 129 InsO eingetreten.

Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung, mit der sie vorträgt, ein Fall der Inkongruenz sei vorliegend nicht gegeben. Sinn und Zweck der Vorschrift des § 131 InsO sei es, zu verhindern, dass in der Krisensituation an den Gläubiger unberechtigte, ihm nicht zustehende Sicherheiten oder Befriedigungen gegeben würden, was vorliegend nicht der Fall gewesen sei. Die Zahlungsweise der Gemeinschuldnerin habe ihren Grund in erheblichen Unstimmigkeiten zwischen dem zwischenzeitlich verstorbenen Geschäftsführer der Schuldnerin und dem Gesellschafter B. der Beklagten gehabt. Aus der Besonderheit der Geschäftsbeziehung und der bestehenden Streitigkeiten sei es nachvollziehbar, dass es nachträglich einseitig veranlasste Summenabweichungen...

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