Leitsatz (amtlich)

›1. Zum Umfang der Mitarbeitspflicht eines bereits berufstätigen Kindes in der Nebenerwerbslandwirtschaft der Eltern.

2. Soweit eine Verpflichtung des bereits berufstätigen Kindes bestand, in seiner Freizeit im Betrieb der Eltern mitzuhelfen, können bei einer Verletzung des Kindes Schadensersatzansprüche der Eltern aus BGB §§ 845, 1619 und des Kindes selbst nach BGB §§ 842, 843 nebeneinander bestehen.

3. Der Schadensersatzanspruch wegen Gesundheitsverletzung umfaßt auch die Fahrtkosten der Eltern zu Krankenhausbesuchen während der Bewußtlosigkeit des Kindes.‹

65000 DM [32500 EUR] Schmerzensgeld für einen 17-jährigen Lehrling wegen eines Verkehrsunfalls für ein schweres Schädelhirntrauma mit Hirnödem und Einblutungen in den hinteren Thalamus, ferner für einen Kniescheibentrümmerbruch rechts mit operativer Entfernung der Kniescheibe, eine Armplexusläsion links, eine Wadenbeinverletzung links, sowie für ein stumpfes Bauchtrauma und eine Zahnverletzung mit einer MdE von 30 % auf Dauer.

56 Tage stationäre Behandlung, davon 19 Tage Koma, zweifache Operation, 2 Monate Gips. 4 Monate Reha.

Dauerschaden im rechten Bein: Überstreckbarkeit und Beugebehinderung des Kniegelenks mit Verschlechterungstendenz; subjektive Beschwerden (körperliche Schmerzen), Störungen in der Konzentation und Merkfähigkeitseinbußen mit leichter Wesensänderung in Form erhöhter Reizbarkeit, Aggressivität und Depressivität.

Der Geschädigte kann deswegen keine Arbeiten mehr ausführen, die mit Bücken, Heben oder Stehen verbunden sind. Abbruch der Lehre kurz vor Prüfung.Berufliche Umschulung vom Kfz-Schlosser zum Bürokaufmann. Arbeitslosigkeit.

 

Verfahrensgang

LG Saarbrücken (Aktenzeichen 1 O 117/84)

 

Tatbestand

Der Kläger nimmt die Beklagten aus einem Verkehrsunfall vom 23.04.1982 auf Schadensersatz in Anspruch. Die Haftung der Beklagten steht außer Streit.

Der Kläger, der kurz vor der Ablegung der Gesellenprüfung als KFZ-Schlosser stand, wurde bei dem Unfall schwer verletzt. Er erlitt insbesondere ein schweres Schädelhirntrauma sowie einen Kniescheibentrümmerbruch rechts. Die Kniescheibe mußte operativ entfernt werden. Infolge der Beinverletzung kann er keine Arbeiten mehr ausführen, die mit Bücken, Heben oder Stehen verbunden sind. In den Jahren 1984/85 wurde er zum Bürokaufmann umgeschult. Bis Mitte 1986 war er arbeitslos.

Die Beklagte zu 2) hat an den Kläger ein Schmerzensgeld von 60.000,-- DM gezahlt. Weiterhin hat sie den Sachschaden in Höhe von 2.092,50 DM und die Kosten der Zahnbehandlung in Höhe von 799,92 DM beglichen. Auf die Fahrtkosten der Eltern anläßlich von Krankenhausbesuchen hat sie 1.500,-- DM geleistet.

Die Eltern des Klägers führen nebenberuflich einen landwirtschaftlichen Betrieb, in dem der Kläger vor dem Unfall mitgeholfen hat.

Der Kläger hat den Verdienstausfall für die Zeit vom 01.07.1982 bis 31.03.1984 auf 26.541,82 DM beziffert. Außerdem macht er aus abgetretenem Recht einen Schadensersatzanspruch wegen entgangener Dienstleistungen für die Eltern (§ 845 BGB) für die Zeit vom 23.04.bis 31.10.1982 und 01.03. bis 31.10.1983 in Höhe von insgesamt 17.199,60 DM geltend. Für Krankenhausbesuche der Eltern (Fahrtkosten) verlangt er über die geleisteten 1.500,-- DM hinaus weitere 959,52 DM. Zum Ausgleich des immateriellen Schadens hält er einen Betrag von mindestens weiteren 40.000,-- DM für gerechtfertigt.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn ein über die bereits gezahlten 60.000,-- DM hinausgehendes angemessenes Schmerzensgeld sowie weitere 44.700,04 DM nebst 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

hilfsweise weitere 35.058,68 DM nebst Zinsen zu zahlen und festzustellen, daß die Beklagten verpflichtet sind, ihn von der Steuerpflicht der Schadensersatzrente von 35.058,68 DM freizustellen.

Die Beklagten haben Klageabweisung beantragt.

Durch das angefochtene Urteil, auf das Bezug genommen wird, hat das Landgericht dem Kläger - nach Beweisaufnahme - als Ersatz des Verdienstausfallschadens 16.899,56 DM zugesprochen und die Beklagten verurteilt, den Kläger insoweit von der Steuerpflicht freizustellen. An Fahrtkostenersatz wurden dem Kläger restliche 37,20 DM (1.537,20 DM abzüglich gezahlter 1.500,-- DM) zuerkannt. Die weitergehende Klage wurde abgewiesen. In den Entscheidungsgründen wird ausgeführt: Die Beweisaufnahme habe ergeben, daß der Kläger ab dem 01.07.1982 in dem KFZ-Betrieb des Zeugen angestellt worden wäre, so daß er Anspruch auf Ersatz des Verdienstausfalls erlangt habe, der sich auf insgesamt 16.899,56 DM netto belaufe. Für entstandene Fahrtkosten schuldeten die Beklagten nur noch 37,20 DM, weil die Fahrten der Eltern zur Zeit der Bewußtlosigkeit des Klägers (ca. 3 Wochen) nicht dessen Heilung gedient haben könnten. Der Schadensersatzanspruch wegen entgangener Dienstleistungen zugunsten der Eltern scheitere schon daran, daß eine wirksame Abtretung nicht vorliege. Zum Ausgleich des immateriellen Schadens stehe dem Kläger kein über die geleisteten 60.000,-- DM hinausgehend...

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