Leitsatz (amtlich)

Der Versicherer ist leistungsfrei, wenn der Versicherungsnehmer ein von seiner Ehefrau ausgefülltes Schadenformular blanko unterschreibt, in dem sie die Frage nach einem tatsächlichen Alkoholgenuss des Versicherungsnehmers vor einem Unfall verneint.

 

Verfahrensgang

LG Saarbrücken (Urteil vom 30.11.2005; Aktenzeichen 12 O 203/05)

 

Tenor

1. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des LG Saarbrücken vom 30.11.2005 - Az: 12 O 203/05 - wird zurückgewiesen.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

5. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 11.800 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Klägerin verlangt vom Beklagten Leistungen aus einer Unfallversicherung zurück.

Der Beklagte unterhielt seit September 2003 eine Unfallversicherung bei der Klägerin, der die American Express Vital Express Unfallversicherungs-Bedingungen (Bl. 11 ff. d.A.) zugrunde lagen. Diese sehen unter Ziff. 5.1.1. einen Leistungsausschluss für Unfälle durch Geistes- oder Bewusstseinsstörungen, auch soweit diese auf Trunkenheit beruhen, vor. Ziff. 6.2. verlangt ein wahrheitsgemäßes Ausfüllen und unverzügliches Zurücksenden der von der Klägerin übersandten Unfallanzeigen. Ziff. 7 beschreibt die Folgen von Obliegenheitsverletzungen, die nach Eintritt des Versicherungsfalles zu erfüllen sind.

Am 4.12.2004 gegen 1:35 Uhr wurde der Beklagte beim Überqueren der Richard-Wagner-Straße in S. von einem Pkw erfasst. Die Straße ist dort vierspurig. Die erste, vom Beklagten betretene Spur wurde zum Parken verwendet, die beiden nächsten Spuren benutzte der aus Sicht des Beklagten von links kommende Verkehr, die vierte Spur diente dem Verkehr von rechts. Der Beklagte wurde von einem von rechts kommenden Pkw in der Mitte der vierten Fahrspur, rund 2 Meter vor Erreichen des Bürgersteiges angefahren. Der Fahrer dieses Pkw's war zum Unfallzeitpunkt erheblich alkoholisiert (mindestens 1,86o/oo BAK). Der Beklagte, der ebenfalls vor dem Unfall Alkohol getrunken hatte, wurde erheblich verletzt und musste sich in stationäre Krankenhausbehandlung begeben. In der vom Beklagten unterschriebenen Unfallanzeige vom 30.12.2004 (Bl. 20 ff. d.A.) war die Frage nach Alkoholkonsum in den letzten 12 Sunden vor dem Unfall mit "Nein" angekreuzt. In der Unfallanzeige war über der Unterschrift in hervorgehobenem Druck darauf hingewiesen, dass vorsätzlich oder grob fahrlässige unwahre bzw. lückenhafte Angaben auch dann zum Verlust des Versicherungsanspruchs führen können, wenn dem Versicherer kein Nachteil entsteht, und dass der Versicherungsnehmer auch dann für den Inhalt dieser Unfallanzeige verantwortlich ist, wenn er sie nicht selbst ausgefüllt hat.

Die Klägerin erbrachte daraufhin unter ausdrücklichem Rückforderungsvorbehalt mit dem Hinweis, sie habe die Ermittlungsakte noch nicht eingesehen (Bl. 28 ff. d.A.), Versicherungsleistungen (Krankenhaustagegeld) i.H.v. 11.800 EUR an den Beklagten. Nachdem die Klägerin durch Einsicht in die amtliche Ermittlungsakte festgestellt hatte, dass dort eine BAK des Beklagten von 2,79 o/oo festgehalten war (Bl. 34 d.A.), lehnte sie weitere Versicherungsleistungen ab und forderte die erbrachten Leistungen zurück.

Die Klägerin behauptete, der Beklagte habe eine BAK von 2,79 o/oo gehabt. Der Unfall beruhe auf seiner trunkenheitsbedingten Bewusstseinsstörung. Der Beklagte behauptete, seine Ehefrau habe ihm beim Ausfüllen der Unfallanzeige geholfen und die Frage nach einem Alkoholkonsum mit "Nein" angekreuzt. Das LG verurteilte den Beklagten antragsgemäß zur Rückzahlung der Versicherungsleistung i.H.v. 11.800 EUR nebst Zinsen.

Der Beklagte hat dagegen Berufung eingelegt und beantragt, unter Aufhebung des am 30.11.2005 verkündeten Urteils des LG Saarbrücken, Aktenzeichen 12 O 203/05, die Klage abzuweisen.

Erstmals in der Berufungsschrift behauptet der Beklagte, er habe wegen seines Gesundheitszustandes nicht erkannt, welche Rechtsfolgen seine Unterschrift habe.

Die Klägerin verteidigt das angegriffene Urteil und beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

II. Die Berufung ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg. Das Urteil des LG beruht weder auf einer Verletzung des Rechts noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung.

Die Klägerin hat einen Anspruch nach § 812 Abs. 1 S. 1 Fall 1 BGB gegen den Beklagten auf Rückzahlung der Versicherungsleistung. Die Klägerin ist gem. Ziff. 6.2 und 7 der Versicherungsbedingungen i.V.m. §§ 6 Abs. 3, 34 VVG leistungsfrei, so dass der Beklagte Zahlungen ohne Rechtsgrund erhalten hat. Der Beklagte hat die Klägerin vorsätzlich nicht über seinen erheblichen Alkoholkonsum aufgeklärt.

(1.) Nach Ziff. 6.2 und 7 der Versicherungsbedingungen i.V.m. §§ 6 Abs. 3, 34 VVG ist der Versicherer von der Verpflichtung zur Leistung frei, wenn eine nach Eintritt des Versicherungsfalles zu erfüllende Obliegenheit verletzt wird, es sei denn, dass die Verletzung weder auf Vorsatz noch auf...

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