Leitsatz (amtlich)

Ein eintrittspflichtiger Haftpflichtversicherer, der ohne jede schriftliche Korrespondenz allein auf telefonische Anforderung Schadensersatz an den Fahrer des unfallbeschädigten Fahrzeugs leistet, handelt grob fahrlässig, wenn er weiß, dass dieser nicht der Fahrzeughalter ist und wenn dessen Eigentum und Anspruchsberechtigung nach dem Inhalt des Haftpflichtgutachtens zweifelhaft waren und er sich das Eigentum nicht in geeigneter Form hat belegen lassen. Der Fahrzeugeigentümer muss die Zahlung nicht nach § 851 BGB gegen sich gelten lassen.

 

Verfahrensgang

LG Saarbrücken (Urteil vom 27.04.2010; Aktenzeichen 14 O 269/08)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Klägerin wird das am 27.4.2010 verkündete Urteil des LG Saarbrücken - Az. 14 O 269/08 - dahin abgeändert, dass die Beklagte verurteilt wird, an die Klägerin 3.567,83 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basissatz seit dem 24.1.2008 sowie 402,82 EUR vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weiter gehende Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.

II. Die Kosten des Rechtsstreits fallen zu 54 % der Klägerin und zu 46 % der Beklagten zur Last. Die Kosten des Streithelfers hat zu 54 % die Klägerin und im Übrigen hat sie der Streithelfer selbst zu tragen.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

V. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 7.758,92 EUR festgesetzt.

 

Gründe

A. Die Klägerin begehrt Schadensersatz wegen eines Verkehrsunfalls, der sich am 8.12.2007 ereignet hat.

An dem Unfall beteiligt waren das vom damaligen Lebensgefährten der Klägerin, Herrn N. S., der dem Rechtsstreit nach Streitverkündung auf Seiten der Beklagten beigetreten ist, geführte und auf die Klägerin zugelassene Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen und das bei der Beklagten haftpflichtversicherte Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen.

Die volle Eintrittspflicht der Beklagten steht außer Streit.

Streitig ist, ob die Klägerin Alleineigentümerin des Fahrzeugs war und ob sie wegen des Direktanspruchs nach § 7 Abs. 1 StVG i.V.m. § 3 Nr. 1 und 2 PflVG in der bis zum 31.12. 2007 geltenden Fassung aktivlegitimiert ist.

Der Peugeot wurde am 30.5.2005 als Gebrauchtfahrzeug beim Autohaus R. zum Preis von 20.000 EUR erworben. Bei Abschluss des Kaufvertrages wurde eine Baranzahlung von 7.500 EUR geleistet. Zu diesem Zweck gewährte der Streithelfer der Klägerin ein Darlehen i.H.v. 7.500 EUR. Streit besteht, ob die Klägerin das Darlehen wie behauptet im August 2006 zurückgezahlt hat (Bl. 71, 106 d.A.).

Der Restkaufpreis wurde durch ein Darlehen finanziert, das die Bank in M. der Klägerin gewährte. In Ziff. X 2. a) des schriftlichen Darlehensvertrages vom 30.5.2005 hat die Klägerin das Fahrzeug an die Bank sicherungsübereignet. Darüber hinaus hat die Klägerin in Ziff. X 2. b) alle Ansprüche aus den für das Fahrzeug abgeschlossenen Versicherungen sowie alle Ansprüche, die ihr aus einem Unfall oder einer Beschädigung des Fahrzeugs gegen Schadensverursacher oder deren Versicherungen zustehen, einschließlich des Anspruches auf Nutzungsausfallentschädigung, an die Bank abgetreten (Bl. 77 f. d.A.).

In einer von ihm als Antragsteller und der Klägerin als Darlehensnehmerin unterzeichneten schriftlichen Drittbenutzer-Vereinbarung vom 31.5.2005 gestattete die Bank dem Streithelfer mit Einverständnis der Klägerin, das ihr sicherungsübereignete Fahrzeug zu benutzen und es auf sich zuzulassen und zu versichern (Bl. 82 d.A.).

Der Streithelfer ließ das Fahrzeug zunächst auf sich zu. Am 4.8.2006 wurde es auf die Klägerin zugelassen (Bl. 91, 92 d.A.), in der Folge aber weiter vom Streithelfer benutzt (Bl. 112 d.A.).

Nach dem Unfall brachte der Streithelfer das Fahrzeug zum Autohaus zur Reparatur. Das Autohaus beauftragte in Absprache mit dem Streithelfer und der Klägerin das Sachverständigenbüro am 12.12.2007 mit der Erstattung eines Schadensgutachtens (Bl. 49 d.A.).

Das Sachverständigenbüro übersandte das schriftliche Haftpflichtgutachten vom 17.12.2007 auf Veranlassung des Streithelfers nebst einer von diesem unterzeichneten Sicherungsabtretungsvereinbarung vom 8.12.2007 (Bl. 93 d.A.) unmittelbar an die Beklagte.

Nach Übersendung der Unterlagen meldete der Streithelfer den Schaden gegenüber der Beklagten telefonisch zur Regulierung auf Gutachtenbasis an.

Die Beklagte zahlte am 17.1.2008 an den Streithelfer die sich aus dem Haftpflichtgutachten ergebenden Nettoreparaturkosten von 3.744,87 EUR. Die Gutachterkosten von 648,13 EUR zahlte sie im Hinblick auf die Abtretungserklärung unmittelbar an das Sachverständigenbüro.

Die Klägerin hatte das Fahrzeug am 18.12.2007 beim Autohaus abgeholt und die Fa. mit der Erstellung eines (weiteren) Haftpflichtgutachtens beauftragt, obwohl ihr bekannt war, dass das Sachverständigenbüro bereits ein Gutachten erstattet hatte.

Mit Schreiben vom 24.1.2008 forderte die Klägerin die Beklagte unter Vorlage des Gutachtens der Fa. vom 21.12.2007 mit der Behauptung, sie sei Eigentümerin und...

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