Leitsatz (amtlich)

Die Überlassung einer von dem Antragsformular getrennten "Mitteilung" über die Folgen der Verletzung vorvertraglicher Anzeigeobliegenheit, genügt den Anforderungen an eine gesonderte Belehrung nicht, wenn nicht im Zusammenhang mit den Antragsfragen hinreichend deutlich auf diese Information hingewiesen wird.

 

Normenkette

VVG § 19 Abs. 5

 

Verfahrensgang

LG Saarbrücken (Urteil vom 24.05.2013; Aktenzeichen 14 O 111/12)

 

Tenor

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des LG Saarbrücken vom 24.5.2013 - 14 O 111/12 - wie folgt abgeändert.

Es wird festgestellt, dass der zwischen den Parteien abgeschlossene Versicherungsvertrag mit der Versicherungsnummer 0-00.000.000-0 gemäß Versicherungsschein vom 10.3.2009 fortbesteht und nicht durch die Rücktrittserklärungen vom 11.8.2010 und vom 3.2.2011 beendet worden ist.

Im Übrigen werden die Klage abgewiesen und die weiter gehende Berufung zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 115 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger zuvor in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 44.133,60 EUR festgesetzt.

5. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten über den Fortbestand einer Berufsunfähigkeitsversicherung.

Der Kläger, von Beruf Fliesenleger, unterhielt bereits seit dem Jahr 2002 eine Berufsunfähigkeitsversicherung bei der Beklagten mit einer Berufsunfähigkeitsrente i.H.v. 200 EUR (Versicherungsschein-Nr.:... vom 12.12.2002, Anlage B6). Nach Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit empfahl ihm der Versicherungsvertreter der Beklagten, der Zeuge D. M., mit welchem der Kläger privat bekannt ist, eine Erhöhung des Versicherungsschutzes. Mit Schreiben vom 13.1.2009 kündigte der Kläger den Vertrag aus dem Jahr 2002 (Bl. 50 d.A.) und beantragte im Februar 2009 die Gewährung von Berufsunfähigkeitsschutz mit einer garantierten monatlichen Rente i.H.v. 2.000 EUR.

Auf Seite 3 des Antragsformulars war - insgesamt in Fettdruck - formuliert:

"Gesundheitsfragen allgemein

Allgemeine Hinweise zum Versicherungsantrag

Im Rahmen der Antragsprüfung bitten wir Sie, uns einige Fragen zu beantworten. Wichtig dabei ist, dass Sie alle Ihnen bekannten Gefahrumstände angeben, die für unsere Entscheidung zur Risikoübernahme erheblich sind. Dazu zählen auch Umstände, die möglicherweise für Sie keine oder nur eine geringe Bedeutung haben oder die aus Ihrer Sicht noch nicht die Schwere einer Krankheit aufweisen.

...

Allgemeine Aufklärung zum Versicherungsantrag

Falls Sie die gestellten Fragen falsch oder unvollständig beantworten, kann dies dazu führen, dass Sie Ihren Versicherungsschutz verlieren oder dass später Vertragsanpassungen - auch rückwirkend - notwendig werden.

Wir möchten dies gerne vermeiden, müssten aber bei Verletzung Ihrer vorvertraglichen Anzeigepflicht im Interesse der anderen Versicherten von rechtlichen Maßnahmen, wie z.B. Rücktritt vom Vertrag oder Anfechtung des Vertrages oder Kündigung des Vertrages oder auch Verweigerung der beantragten Leistung, Gebrauch machen. Bitte tragen Sie durch Ihre Antworten zu einem für Sie dauerhaft wirksamen Versicherungsschutz bei".

Daran schlossen sich - überwiegend ebenfalls in Fettdruck - zunächst "Allgemeine Fragen an die versicherte Person" nach weiteren Versicherungen für den Fall der Berufsunfähigkeit, Erwerbsminderung, des Verlustes von Grundfähigkeiten, der Invalidität, der Pflegebedürftigkeit und nach besonderen Gefahren in der Freizeit an.

Darauf folgten - ebenfalls in Fettdruck - die wie folgt formulierten

"Gesundheitsfragen

Bei den in Klammern angegebenen Erkrankungen oder Beschwerden [welche nicht fett gedruckt waren] handelt es sich um Beispiele zur Verdeutlichung der Fragestellung. Diese sollen Ihnen helfen, die Fragen zu beantworten ...

1. Bitte nennen Sie uns Ihre Körpergröße und Ihr Gewicht:

2. Bestehen oder bestanden bei Ihnen in den letzten 5 Jahren Krankheiten, Gesundheitsstörungen, Beschwerden und erfolgten Behandlungen oder Beratungen (ärztliche, psychologische/psychotherapeutische, heilkundliche) wegen:

a. des Herzens, des Kreislaufs, der Arterien, der Venen, (z.B. Bluthochdruck, Krampfadern, Arterienverkalkungen, Durchblutungsstörungen, Gefäßveränderungen, Herzklappenfehler, Angina pectoris, Herzinfarkt, Schlaganfälle)?

...

e. des Gehirns, des Rückenmarks, der Nerven (z.B. Migräne, Schwindel, Hirnhautentzündung, Krampfanfälle, Epilepsie, Multiple Sklerose, Lähmungen, Parkinsonkrankheit, Nervenentzündungen, oder -schädigungen, Taubheitsgefühle, chronische Schmerzen)?

...

m. der Wirbelsäule, Knochen, Muskeln, Gelenke, Bänder, Sehnen (z.B. Hexenschuss, Bandscheibenvorfälle, Rückenschmerzen, Morbus Bechterew, Schulterschmerzen, Hüftveränderungen, Knochenbrüche, Rheuma, chronische Schmerzen, Muskelschwund, Gelenkverschleiß, Arthrose, Meniskusverletzungen, Bänderrisse, Sehnenscheiden- oder Schleimbeutelentzündunge...

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