Leitsatz (amtlich)

Richtet der Geschädigte eines Verkehrsunfalls, welcher sich im Inland unter Beteiligung eines ausländischen Kraftfahrzeugs ereignet hat, ein spezifiziertes Anspruchsschreiben unmittelbar an eine (vermeintliche) Regulierungsgesellschaft im Inland statt an den im Prozess passivlegitimierten Deutsches Büro Grüne Karte e.V., so trägt er die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass es sich hierbei um die von dem beklagten Verein beauftragte Regulierungsgesellschaft gehandelt hat. Nur in diesem Fall muss sich der beklagte Verein den Zugang des Anspruchsschreibens nach § 164 Abs. 3 BGB zurechnen lassen mit der Folge, dass die ihm zuzubilligende Prüffrist ausgelöst wird.

 

Verfahrensgang

LG Saarbrücken (Aktenzeichen 6 O 224/18)

 

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Landgerichts Saarbrücken vom 02. April 2019 - 6 O 224/18 - wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Klägerin.

3. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

4. Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 1.637,88 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Bei einem Verkehrsunfall am 27.02.2018 in K. fuhr der Fahrer des in Polen zugelassenen und versicherten Fahrzeugs mit dem amtlichen Kennzeichen ... auf das Fahrzeug der Klägerin mit dem amtlichen Kennzeichen ... auf. Der Klägerin entstand ein Fahrzeugschaden von 4.250 EUR wie Sachverständigenkosten in Höhe von 1.261,73 EUR.

Die Prozessbevollmächtigten der Klägerin wandten sich mit Emailschreiben vom 15.03.2018 (Anlage K 2, Bl. 6 ff. d.A.) an eine "Crawford & Company" in Düsseldorf unter Hinweis darauf, dass diese für die Schadensregulierung zuständig sein müsse, da das unfallverursachende Fahrzeug in Polen bei der Polins haftpflichtversichert sei. Sie bezifferten den Unfallschaden mit vorläufig 5.612,73 EUR und forderten die angeschriebene Gesellschaft auf, diesen Betrag bis zum 29.03.2018 auszugleichen.

Nachdem von dort keine Reaktion erfolgte, wandten sich die Prozessbevollmächtigten der Klägerin mit Faxschreiben vom 01.06.2018 (Anlage K 5, Bl. 32 d.A.) an den beklagten Verein unter Hinweis darauf, dass die ihnen als deutsche Regulierungsbeauftragte der polnischen Versicherung genannte Gesellschaft auf wiederholte Anmahnungen nicht reagiert habe, weshalb nunmehr die Ansprüche unmittelbar gegen den passivlegitimierten Verein geltend gemacht würden, dieses unter Einräumung einer nur noch kurzen Regulierungsfrist bis zum 22.06.2018.

Mit Emailschreiben ebenfalls vom 01.06.2018 (Bl. 77 d.A.) an die Prozessbevollmächtigten der Klägerin bat die Broadfire by Crawford & Company (Deutschland) GmbH in Düsseldorf um erneute Übersendung des Emailschreibens vom 15.03.2018. Mit weiterem Emailschreiben vom 04.06.2018 (Anlage K 4, Bl. 78 d.A.) teilte sie mit, im Rahmen der Internal Regulations 4. KH-Richtlinie Regulierungshilfe im Namen des beklagten Vereins für Rechnung des ausländischen Kfz-Haftpflichtversicherers Polins zu leisten, und bat um die Übersendung weiterer Unterlagen.

In der Folgezeit benannte der beklagte Verein den Prozessbevollmächtigten der Klägerin gegenüber die InterEurope AG in Düsseldorf als inländische Regulierungsbeauftragte.

Mit Faxschreiben vom 14.06.2018 (Anlage K 6, Bl. 33 f. d.A.) übersandten die Prozessbevollmächtigten der Klägerin ihr Anspruchsschreiben vom 15.03.2018 an die InterEurope AG und setzten dieser eine Regulierungsfrist bis zum 23.06.2018.

Mit Emailschreiben vom 22.06.2018 (Anlage K 7, Bl. 79 d.A.) teilte die Broadfire by Crawford & Company (Deutschland) GmbH mit, dass der ausländische Versicherer an die Zusendung der Deckungsbestätigung erinnert worden sei, und forderte zugleich zur Übersendung von Nachweisen (Unfallanzeige, Gutachten) auf, um die Haftung beurteilen zu können.

Nach Einreichung der Klageschrift vom 03.07.2018 beim Landgericht Saarbrücken am 06.07.2018 (Bl. 1 d. A.) über eine Hauptforderung in Höhe von 5.612,73 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit und außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 571 EUR hat die Klägerin auf die Kostenrechnung des Landgerichts vom 06.07.2018 am 26.07.2018 den Gerichtskostenvorschuss eingezahlt (Bl. II d. A.).

Die InterEurope AG hat auf der Grundlage ihres Abrechnungsschreibens vom 16.07.2018 (Bl. 50 d. A.) am 26.07.2018 die Klageforderung vollumfänglich gezahlt. Am 01.08.2018 ist die Klage dem beklagten Verein zugestellt worden (Bl. 39 d. A.). Mit Schriftsatz vom 04.09.2018 (Bl. 54 f. d.A.) hat die Klägerin die Klage zurückgenommen und die Auffassung vertreten, die Kosten seien dem Beklagten aufzuerlegen, der Veranlassung zur Klage gegeben habe.

Mit Beschluss vom 02.04.2019, auf den Bezug genommen wird (Bl. 84 ff. d. A.), hat das Landgericht die Kosten des Rechtsstreits der Klägerin auferlegt. Diese hat am 08.04.2019 sofortige Beschwerde eingelegt mit dem (sinngemäßen) Antrag, unter Abänderung des angefochtenen Beschlusses die Kosten des Rechtsstreits dem Beklagten aufzuerlegen (Bl. 94 ff. d. A.). Das Landg...

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