Leitsatz (amtlich)

Verletzt sich die Kundin eines Kreditinstitutes bei dem Versuch, den Handlauf der Eingangstreppe zu ergreifen, weil sie in der Eile mit dem Handrücken dagegen schlägt, so begründet es keine Verletzung von Verkehrssicherungspflichten, dass der Handlauf im Bereich der Schadensstelle nicht abgerundet, sondern zylindrisch ausgestaltet war, weil ein absolut gefahrloser Zustand nicht erwartet werden kann und die Klägerin den Handlauf so hinnehmen musste, wie er sich ihr erkennbar darbot.

 

Verfahrensgang

LG Saarbrücken (Aktenzeichen 1 O 60/18)

 

Tenor

I. Der Senat beabsichtigt nach Beratung, die Berufung nach § 522 Abs. 2 ZPO einstimmig ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss zurückzuweisen.

II. Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen drei Wochen.

 

Gründe

I. Mit ihrer am 6. März 2018 zum Landgericht Saarbrücken erhobenen Klage hat die Klägerin das beklagte Kreditinstitut wegen eines von ihr erlittenen Unfalles am 30. März 2017 zwischen 15h00 und 15h30 auf Schadensersatz und Schmerzensgeld in Anspruch genommen.

Die Klägerin ist Kundin der Beklagten und erledigt ihre Bankgeschäfte regelmäßig über deren Filiale in Perl. Diese ist vom Kundenparkplatz aus über eine breite dreistufige, rechts und links jeweils durch ein Geländer mit einem Handlauf gesicherte Treppe zu erreichen (Lichtbilder Bl. 37, 38 GA). Am fraglichen Tage wurde die Klägerin gegen 15h30 von einer Mitarbeiterin der Beklagten in der Selbstbedienungszone der Bank vorgefunden, wobei sie laut schluchzte und sich den Arm und ihr Bein hielt, woraufhin ärztliche Hilfe herbeigerufen wurde. Bei einer anschließenden Schadensmeldung am 26. Juni 2017 gab die Klägerin an, sie sei am fraglichen Tag zur Filiale gekommen, um Überweisungen abzugeben; als sie gemerkt habe, dass nicht genügend Deckung auf dem Konto war, sei sie zum Auto zurückgerannt, um Geld zum Einzahlen zu holen, dann sei sie hastig zur Filiale zurückgerannt und beim Treppenaufstieg gestürzt, wobei sie mit der Hand gegen das Geländer geprallt und hingefallen sei. Ausweislich des "Zwischenberichts" der Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie in Merzig vom 4. April 2017 (Bl. 6 f. GA) wurde bei der Klägerin infolge des anlässlich der Anamnese so beschriebenen Herganges eine MHK III Mehrfragmentefraktur rechts festgestellt und mittels offener Reposition und Osteosynthes mittels winkelstabiler Platte operativ behandelt. Ein Attest zur Vorlage beim Arbeitgeber des Arztes für Chirurgie, Unfallchirurgie und Handchirurgie A. Sch. vom 23. Mai 2017 bescheinigt der Klägerin verletzungsbedingte Einschränkungen der rechten Hand für den Zeitraum von vier Wochen (Bl. 9 GA). Die Klägerin hat durch ihren Prozessbevollmächtigten Schadensersatzansprüche mit Schreiben vom 12. September 2017 dem Grunde nach geltend gemacht, die von dem Haftpflichtversicherer der Beklagten mit Schreiben vom 18. September 2017 zurückgewiesen wurden (Bl. 10f., 12 f. GA).

Die Klägerin hatte durch ihren Prozessbevollmächtigten zunächst schriftsätzlich behauptet, sie habe sich beim Begehen der Treppe am Handlauf festgehalten und sei auf Grund der Konstruktion des Handlaufs mit dem Knauf am Ende des Handlaufs von dem Handlauf abgerutscht und gefallen; dabei habe sie eine so tiefgehende Wunde der rechten Mittelhand erlitten, dass diese operativ habe versorgt werden müssen (Bl. 3 GA). Nach gerichtlichen Hinweisen auf Bedenken gegen die Schlüssigkeit ihres Vorbringens (Bl. 53, 72 GA) hat sie - unter Berufung auf sprachliche Schwierigkeiten - hiervon abweichend beanstandet, dass der rechts an der Treppe angebrachte Handlauf nicht mit einem Knauf ende, sondern "scharfkantig rechtwinklig gerade" verlaufe, was eine erhebliche Verletzungsgefahr begründe und nicht dem Stand der Technik entspreche; dieser scharfkantige rechtwinklige Abschluss des rechten Handlaufs an der Treppe zum Zugang der Filiale sei Ursache ihrer Verletzung der rechten Mittelhand gewesen (Bl. 63, 69 GA). In ihrer Anhörung vor dem Landgericht hat die Klägerin schließlich - im Beisein einer Dolmetscherin - angegeben, sie sei sportlich und flott unterwegs gewesen, beim Hochlaufen der Treppe habe sie sich am Endpunkt des Geländers festhalten wollen und sei dann dort in dem unteren Bereich mit ihrem Handrücken dagegen gestoßen; dabei sei der Knochen verletzt worden. Der Anstoß an das Geländer sei bedingt durch die Armbewegung erfolgt, die man normalerweise beim Laufen mache und nicht mit einem Riss an der Handoberfläche verbunden gewesen (Bl. 83 f. GA). Wegen ihrer Verletzung an der rechten Mittelhand hat die Klägerin ein Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 8.000,- Euro für angemessen gehalten. Durch die - schriftsätzlich behauptete - Risswunde und die eingeschränkte Verwendungsmöglichkeit der rechten Hand sei sie überdies auf Dauer in ihrer Erwerbsmöglichkeit eingeschränkt; daraus resultiere ein künftiger Erwerbsschaden von 22.000,- Euro. Die Beklagte hat den schriftsätzlich geschilderten Ablauf mit Nichtwissen bestritten und auf Widersprüche zur vorgerichtlichen...

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