Entscheidungsstichwort (Thema)

Fortsetzung von ruhenden Altversorgungsausgleichsverfahren nach neuem Recht

 

Verfahrensgang

AG Homburg (Beschluss vom 01.09.2010; Aktenzeichen 9 F 97/04 VA)

 

Tenor

1. Auf die Beschwerden der und der Zweitbeschwerdeführerin wird der Beschluss des AG - Familiengericht - in Homburg vom 1.9.2010 - 9 F 97/04 VA - abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1. Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts des verstorbenen vormaligen Antragstellers bei der auf das Versicherungskonto der Antragsgegnerin bei der ein Anrecht i.H.v. 13,5099 Entgeltpunkten, bezogen auf den 30.4.2004, übertragen.

2. Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

2. Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erhoben. Die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

3. Verfahrenswert des Beschwerdeverfahrens: bis 3.000 EUR.

 

Gründe

I. Der vormalige Antragsteller (Ehemann) und die Antragsgegnerin, beide Deutsche, hatten am 25.8.1994 die Ehe geschlossen. Der Scheidungsantrag des Ehemannes wurde der Antragsgegnerin am 14.5.2004 zugestellt. Die Folgesache Versorgungsausgleich wurde durch Beschluss des Familiengerichts vom 29.4.2005 vom Scheidungsverbund abgetrennt. Durch Urt. v. 6.5.2005 - rechtskräftig seit 14.6.2005 - wurde die Ehe des Ehemannes und der Antragsgegnerin geschieden. In der Folgezeit heirateten der Ehemann und die Zweitbeschwerdeführerin einander und setzten sich mit am 7.7.2008 vor dem errichteter notarieller Urkunde gegenseitig zu Alleinerben ein. Am 20.7.2009 verstarb der Ehemann.

Nachdem das Familiengericht die abgetrennte Folgesache Versorgungsausgleich am 6.5.2005 durch - den Beteiligten nicht eröffneten - Vermerk nach § 2 Abs. 1 Nr. 1b VAÜG zum "Ruhen" gebracht hatte, hat es mit Verfügung vom 30.3.2010 das Versorgungsausgleichsverfahren durch ein an die gerichtetes Auskunftsersuchen wieder fortgeführt.

Ohne den weiteren Beteiligten die Wiederaufnahme zuvor mitgeteilt zu haben, hat das Familiengericht durch den angefochtenen Beschluss vom 1.9.2010, auf den Bezug genommen wird, den Versorgungsausgleich dahin geregelt, dass es vom Versicherungskonto des Ehemannes bei der DRV Knappschaft Bahn See auf das Versicherungskonto der Antragsgegnerin bei der 11,3981 Entgeltpunkte übertragen (Ziff. 1. der Beschlussformel), im Wege der internen Teilung zu Lasten des Anrechts des Ehemannes bei der zugunsten der Antragsgegnerin ein Anrecht i.H.v. 11.870,56 EUR nach Maßgabe der Richtlinie für den Versorgungsausgleich in der ab dem 1.9.2009 geltenden Fassung, bezogen auf den 30.4.2004, übertragen (Ziff. 2.) und vom Versicherungskonto der Antragsgegnerin bei der auf das Versicherungskonto des Ehemannes bei der 2,9836 Entgeltpunkte sowie 0,8954 Entgeltpunkte (Ost) übertragen hat (Ziff. 3.).

Hiergegen haben die und die erstmals vom Senat am Verfahren beteiligte Zweitbeschwerdeführerin Beschwerde eingelegt.

Mit ihrer Erstbeschwerde beantragt die, den (richtig:) Beschluss des Familiengerichts hinsichtlich der zu übertragenden Rentenanwartschaften abzuändern und den Versorgungsausgleich nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften durchzuführen. Bei der Ermittlung der auszugleichenden Anrechte hätten die Ehezeitanteile der Anrechte, die Ausgleichswerte und die korrespondierenden Kapitalwerte nach dem ab dem 1.9.2009 geltenden Recht ermittelt und zugrunde gelegt werden müssen.

Die Zweitbeschwerde erstrebt die Aufhebung des Beschlusses und die Durchführung des Wertausgleichs nach Maßgabe von § 31 VersAusglG.

Diesem Begehren ist die Antragsgegnerin nicht entgegengetreten. Die und die Unterstützungskasse des. haben sich zu den Beschwerdeangriffen nicht geäußert.

Die beteiligten Versorgungsträger haben im Beschwerdeverfahren neue Auskünfte erteilt; die Auskünfte der vom 20.10.2010, der Unterstützungskasse des e.V. vom 17.11.2010 und der vom 14.1.2011 werden in Bezug genommen.

II. Die Senatsentscheidung richtet sich in diesem vom Familiengericht - stillschweigend durch die Verfügung vom 30.3.2010 - nach § 50 Abs. 1 Nr. 2 VersAusglG wieder aufgenommenen Verfahren gem. Art. 111 Abs. 4 S. 1 FGG-RG, § 48 Abs. 2 Nr. 1 VersAusglG nach dem seit dem 1.9.2009 geltenden materiellen und Verfahrensrecht (vgl. auch BGH FamRZ 2011, 635).

Die nach §§ 58 ff., 228 FamFG zulässigen Beschwerden sind begründet und führen nach Maßgabe der Entscheidungsformel zur Abänderung der angefochtenen Entscheidung.

Das erstinstanzliche Verfahren leidet an schwerwiegenden Verfahrensmängeln.

Entgegen §§ 26, 28 Abs. 1, 220 FamFG hat das Familiengericht in dem von ihm wiederaufgenommenen Verfahren keine neuen Auskünfte bei den beteiligten Trägern der gesetzlichen Rentenversicherung eingeholt, obwohl deren vorangegangenen Auskünfte aus dem Jahr 2004 bzw. vom 4.1.2005 gestammt haben. Es hätte sich dem Familiengericht aufdrängen müssen, dass in der Zwischenzeit erhebliche tatsächliche und rechtliche Änderungen hinsichtlich der in Rede stehenden Versorgungsanrechte eingetreten und diese amtswegig zu ermitteln sind ...

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