Leitsatz (amtlich)

1. Bei der Regulierung von Unfallschäden beginnt die dem gegnerischen Kraftfahrt-Haftpflichtversicherer zuzubilligende Prüffrist mit dem Zugang eines spezifizierten Anspruchsschreibens.

2. Die Anforderungen an ein die Prüffrist auslösendes spezifiziertes Anspruchsschreiben sind stets unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zu bestimmen.

3. Wurde dem gegnerischen Kraftfahrt-Haftpflichtversicherer noch kein Unfallbericht übermittelt, hat das Anspruchsschreiben grundsätzlich (kurze) Angaben zum Unfallhergang aus Sicht des Anspruchstellers zu enthalten.

 

Verfahrensgang

LG Saarbrücken (Urteil vom 30.06.2016; Aktenzeichen 6 O 65/17)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen die Entscheidung über die Kosten des Rechtsstreits in dem Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 30. Juni 2016 - 6 O 65/17 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Klägerin.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 1.943,15 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Klägerin hatte von dem Beklagten zu 1 als Fahrer und Halter und von der Beklagten zu 2 als Haftpflichtversicherer eines unfallbeteiligten Kraftfahrzeugs auf Grund eines Verkehrsunfalls am 5. Januar 2017 in Lebach mit Anwaltsschreiben vom 13. Januar 2017 unter Fristsetzung zum 27. Januar 2017 vorläufig auf 8.257,44 EUR bezifferten Schadensersatz nebst außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten verlangt (Bl. 39 f.). Mit weiterem Anwaltsschreiben vom 31. Januar 2017 hatte sie der Beklagten zu 2 eine Kopie des von dieser mit Schreiben vom 25. Januar 2017 erbetenen ausgefüllten Fragebogens für Anspruchsteller übersandt (Bl. 41 d. A.).

Nach Einreichung der Klageschrift vom 14. Februar 2017 beim Landgericht Saarbrücken am 17. Februar 2017 (Bl. 1 d. A.) über eine Hauptforderung in Höhe von 9.384,67 EUR und außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 887,03 EUR, jeweils nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 14. Februar 2017, hat die Klägerin auf die Kostenrechnung des Landgerichts vom 23. Februar 2017 am 27. Februar 2017 den Gerichtskostenvorschuss eingezahlt (Bl. I d. A.). Die Beklagte zu 2 hat auf der Grundlage ihres Abrechnungsschreibens vom 28. Februar 2017 (Bl. 69 d. A.) und einer Haftungsquote beider Unfallbeteiligten von jeweils 50 v. H. mit Wertstellung zum 6. März 2017 an die Klägerin einen Betrag von 4.650,69 EUR auf die Hauptforderung und von 492,54 EUR auf die außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten gezahlt (Bl. 67 d. A.). Am 8. März 2017 ist die Klage beiden Beklagten zugestellt worden (Bl. 63, 64 d. A., jeweils Rücks.). In der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht am 2. Juni 2017 hat die Klägerin nach Aufruf der Sache und Einführung in den Sach- und Streitstand die Klage in Höhe der geleisteten Zahlungen zurückgenommen und Kostenantrag gestellt (Bl. 93 d. A.).

Mit dem am 30. Juni 2017 verkündeten Urteil, auf das Bezug genommen wird (Bl. 110 ff. d. A.), hat das Landgericht unter Abweisung der weitergehenden Klage die Beklagten als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin weitere 9.383,67 EUR abzüglich am 6. März 2017 gezahlter 4.650,69 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21. Februar 2017 sowie 887,03 EUR abzüglich am 6. März 2017 gezahlter 492,54 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21. Februar 2017 zu zahlen. Die Kosten des Rechtsstreits hat das Landgericht der Klägerin und den Beklagten als Gesamtschuldnern jeweils zur Hälfte auferlegt. Das Urteil ist den Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 4. Juli 2017 zugestellt worden (Bl. 128 d. A.). Diese haben am 18. Juli 2017 für die Klägerin sofortige Beschwerde eingelegt mit dem Antrag, in Abänderung der angefochtenen Entscheidung die Kosten des Rechtsstreits den Beklagten als Gesamtschuldnern insgesamt aufzuerlegen (Bl. 130 d. A.). Das Landgericht hat dem Rechtsmittel durch Beschluss vom 9. August 2017 nicht abgeholfen und die sofortige Beschwerde dem Saarländischen Oberlandesgericht vorgelegt (Bl. 144 d. A.).

II. Die sofortige Beschwerde hat keinen Erfolg.

1. Das Rechtsmittel ist zulässig, insbesondere nach §§ 269 Abs. 5, 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthaft und fristgerecht eingelegt (§ 569 Abs. 1 ZPO). Soweit die Hauptsache - wie hier - nur teilweise durch eine Klagerücknahme abgeschlossen wurde, bleibt es bei der isolierten Anfechtbarkeit hinsichtlich des auf die Rücknahme entfallenden Teils der Kosten im Wege der sofortigen Beschwerde nach § 269 Abs. 5 Satz 1 ZPO, auch wenn sich dieser Umstand lediglich auf die Quote einer einheitlichen Kostenentscheidung ausgewirkt hat (BGH NJW-RR 2007, 1586, 1587 Rn. 8 f.; Bacher in Vorwerk/Wolf, BeckOK ZPO Stand 15.09.2017 § 269 Rn. 29).

2. Die sofortige Beschwerde ist jedoch nicht begründet. Das Landgericht hat der Klägerin, soweit die Klage zurückgenommen worden ist, jedenfalls im Ergebnis zu Recht die Kosten auferlegt.

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