Verfahrensgang

LG Saarbrücken (Beschluss vom 13.01.2006; Aktenzeichen 12 O 417/05)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 09.11.2006; Aktenzeichen I ZB 28/06)

 

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde der Beschwerdeführerin vom 19.1.2006 gegen den Beschluss des LG Saarbrücken vom 13.1.2006 - Az: 12 O 417/05 - wird zurückgewiesen.

2. Die Beschwerdeführerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

3. Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 2.000 EUR festgesetzt.

4. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Beschwerdeführerin, ein Verband nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG, verlangt von der Beschwerdegegnerin, einer Krankenkasse, im Wege der einstweiligen Verfügung es zu unterlassen, mit einem Hinweis auf den 1. Platz in der Kategorie Gesamtzufriedenheit einer Studie zu werben, wenn die Studie den angesprochenen Kunden auf Nachfrage nicht zugänglich gemacht wird. Die Beschwerdegegnerin hatte im Oktober 2005 unter Herausstreichung ihres Beitragssatzes im Vergleich mit den Beitragssätzen anderer Krankenkassen entsprechend geworben.

Durch Beschluss vom 25.11.2005 hat das LG Saarbrücken ohne mündliche Verhandlung die beantragte einstweilige Verfügung erlassen. Hiergegen hat die Beschwerdegegnerin Widerspruch erhoben, gleichzeitig die Zuständigkeit des Zivilgerichts gerügt und Verweisung des Rechtsstreits an das zuständige Sozialgericht beantragt. Durch Beschluss vom 13.1.2006 hat das LG Saarbrücken den beschrittenen Rechtsweg für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das Sozialgericht Saarbrücken verwiesen. Gegen diesen Beschluss hat die Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom 19.1.2006, bei Gericht am selben Tag eingegangen, sofortige Beschwerde eingelegt.

II. Die sofortige Beschwerde ist gem. § 17a Abs. 4 S. 3 GVG i.V.m. den §§ 567ff ZPO statthaft und zulässig. Sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Das LG hat zutreffend den Rechtsweg zu den Sozialgerichten nach § 51 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 SGG für zulässig erachtet und eine Zuständigkeit der Zivilgerichte verneint.

(1) Die Zuständigkeit der Sozialgerichte ergibt sich aus § 51 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 S. 1 SGG in der im Jahr 2005 geltenden Fassung. Die Rechtswegfrage ist nach derjenigen Fassung des § 51 SGG zu beurteilen, welche im Zeitpunkt der Einreichung der Antragsschrift gegolten hat (BGH, Beschl. v. 19.12.2002 - I ZB 24/02 = NJW 2003, 1194).

Nach der Änderung des § 51 SGG zum 2.1.2002 hat der BGH ausgeführt, es komme nach dem Wortlaut des § 51 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 S. 1 SGG für die Eröffnung des Rechtswegs zu den Sozialgerichten alleine darauf an, ob es sich um eine Streitigkeit in einer Angelegenheit der gesetzlichen Krankenversicherung handele. Nicht entscheidend sei nach der Bestimmung, ob die Streitigkeit öffentlich-rechtlicher oder privatrechtlicher Natur sei. (BGH, Beschl. v. 4.12.2003 - I ZB 19/03 = WRP 2004, 619). Im Folgenden hat der BGH einen unmittelbaren Sachzusammenhang des Klagebegehrens mit den im SGB V geregelten Rechtsbeziehungen der Krankenkassen zu den Leistungserbringern genügen lassen, um den Rechtsweg zu den Sozialgerichten anzunehmen. Dass die dortige Klägerin ihr Begehren auf Vorschriften gestützt hat, die dem Privatrecht zuzurechnen sind (§§ 823, 1004 BGB und §§ 1, 3 UWG), war wegen § 17 Abs. 2 S. 1 GVG nach Ansicht des BGH ohne Bedeutung (BGH a.a.O.). Die frühere Formulierung, dass maßgeblich sei, ob das Schwergewicht des Rechtsstreits in einem Aufgabenbereich anzusiedeln sei, dessen Erfüllung den Krankenkassen unmittelbar aufgrund der öffentlich-rechtlichen Bestimmungen des Fünften Buchs Sozialgesetzbuch obliege (so noch BGH, Beschl. v. 26.11.2002 - VI ZB 41/02 = NJW 2003, 1192 und BGH, Beschl. v. 19.12.2002 - I ZB 24/02 - NJW 2003, 1194), ist nicht mehr verwendet worden.

Nach diesen Kriterien genügt es, dass die Werbemaßnahmen der Beschwerdegegnerin unter Herausstreichung ihres Beitragssatzes eine Umsetzung der Regelungen der § 13 SGB I und der §§ 241 ff. SGB V sind. Wegen der Wahlfreiheit der Versicherten nach den §§ 173 ff. SGB V und der damit verstärkten Wettbewerbssituation der Krankenkassen untereinander, ist die Werbung der Krankenkassen um Mitglieder eine Angelegenheit der gesetzlichen Krankenversicherung. Zusammen mit der Aufklärungspflicht nach § 13 SGB I dient der Wettbewerb - und damit auch die Werbung - dem Ziel der Reduzierung der Beitragssätze und der Verwirklichung des Wirtschaftlichkeitsgebotes, so wie es in § 12 SGB V zum Ausdruck kommt. Außerdem muss sich die Werbemaßnahme inhaltlich an der Pflicht zur engen Zusammenarbeit der Träger der Sozialleistungen nach § 86 SGB X messen lassen, die das Gebot der Rücksichtnahme auf widerstreitende Interessen eines anderen Trägers der Sozialversicherung umfasst. Die Werbemaßnahme einer Krankenkasse um Mitglieder betrifft im Regelfall auch die anderen Krankenkassen, so dass § 86 SGB X zu beachten ist.

Die frühere Rechtsprechung des BGH, zusammengefasst in der Entscheidung vom 14.5.1998 - I ZB 17/98 = WRP 1998, 1076, die danach unterschieden hat, ob zwei Krankenkassen untereinander üb...

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