Leitsatz (amtlich)

Zur Behandlung eines Antrages auf Gewährung von Prozesskostenhilfe und der Beschwerde gegen die den Antrag zurückweisende Entscheidung, wenn die Erklärung der Partei ausschließlich über das Elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach (EGVP) mittels nicht qualifiziert signierter elektronischer Dokumente eingereicht wurden.

 

Normenkette

ZPO § 130a

 

Verfahrensgang

LG Saarbrücken (Beschluss vom 22.03.2022; Aktenzeichen 14 O 72/22)

 

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Prozesskostenhilfe versagenden Beschluss des Landgerichts Saarbrücken vom 22. März 2022 - 14 O 72/22 - wird unter deklaratorischer Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und des Nichtabhilfebeschlusses vom 13. Mai 2022 als unzulässig verworfen.

2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Antragstellerin hat mit einem am 21. März 2022 über das Elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach (EGVP) eingereichten, nicht qualifiziert signierten elektronischen Dokument die Gewährung von Prozesskostenhilfe für einen beabsichtigten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen die Antragsgegnerin, ihren Kfz-Versicherer, begehrt. Sie hatte dort am 1. März 2020 den Abschluss einer Kfz-Haftpflichtversicherung und einer Fahrzeugvoll- und Teilkaskoversicherung mit Comfort-Schutz und Schutzbriefversicherung für das Fahrzeug VW-Golf mit der Fahrzeug-Ident-Nr. ... beantragt und dabei - irrtümlich - den "2. März 2020" als Datum der Erstzulassung angegeben, ihr Antrag wurde dementsprechend unter der Versicherungsschein Nr. ... policiert. Nach Erhalt einer Beitragsrechnung vom 19. Oktober 2021 teilte sie der Antragsgegnerin mit Schreiben vom 9. November 2021 mit, dass das im Vertrag niedergelegte Erstzulassungsdatum unrichtig sei. In der Folge wurde ihr mitgeteilt, dass Vollkaskoschutz und Schutzbrief für das Fahrzeug aufgrund seines tatsächlichen Alters ausgeschlossen seien; die Antragsgegnerin erteilte unter dem 7. Dezember 2021 mehrere Nachträge zum Versicherungsschein, die ab dem 9. November 2021 nur noch einen Versicherungsschutz in der Kfz-Haftpflichtversicherung ausweisen, sowie mehrere Beitragsgutschriften, am 28. Dezember 2021 übersandte sie ihre Beitragsrechnung über den am 1. Januar 2022 fälligen Folgebeitrag der Kfz-Haftpflichtversicherung in Höhe von 115,14 Euro. Im Rahmen des - sehr umfangreichen - vorgerichtlichen Schriftverkehrs entstand Streit über das korrekte Datum der Erstzulassung des versicherten Fahrzeugs; außerdem existiert eine E-Mail-Korrespondenz zu datenschutzrechtlichen Fragen. Mit Schreiben vom 26. Februar 2022 mahnte die Antragsgegnerin unter Hinweis auf die Rechtsfolgen des Zahlungsverzuges offene Versicherungsbeiträge zur Kraftfahrtversicherung Nr. ... in Höhe von 145,78 Euro zzgl. Mahngebühren in Höhe von 1,- Euro an.

Die Antragstellerin hat in ihrem "Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für ein Eilrechtsschutzverfahren" unter ausdrücklicher Bitte, "einen etwaigen Beschluss zur Einstweiligen Verfügung nur für die Punkte zu erlassen, für die mir Prozesskostenhilfe bewilligt wird und für die ich keine Kosten zu tragen habe", nachfolgende Anträge angekündigt:

1. Die Beklagte setzt ihre Forderung und Mahnung über 146,78 Euro vom 26. Februar 2022 /Eingang: 16. März 2022 sofort aus und unterlässt eine Kündigung des Vertragsverhältnisses.

2. Die Beklagte speichert als Daten zum Fahrzeug der Klägerin VW Golf mit dem Kennzeichen ... das korrekte Erstzulassungsdatum des Kfz; dieses hat sie sich von der Zulassungsstelle einzuholen. Ersatzweise legt die Beklagte gem. ihren Versicherungsbedingungen das Alter des Fahrzeugs zugrunde, das ihr seit Angebotseinholung am 1. März 2020 bekannt ist und das in dem Fall das frühestmögliche Baujahrdatum des Fahrzeugs sein kann (1997) rsp. basierend auf der HSN/TSN Nr. 0603/377, die der Beklagten am und seit dem 4. März 2020 durch die Übermittlung der Zulassungsstelle bekannt ist. Die Beklagte unterlässt es, als Kfz-Erstzulassungsdatum den 1. Januar 1990 zu erfinden.

3. Beitragsnachteile zu Lasten der Klägerin aufgrund einer falschen Datengrundlage zum Fahrzeugalter gehen zu Lasten der Beklagten. Ergibt sich für die Beklagte basierend auf Ziff. 2 ein Fahrzeugalter, aufgrund dessen gem. den Versicherungsbedingungen der Beklagten ein Versicherungsangebot der Beklagten über eine Vollkaskoversicherung nebst Schutzbrief zu dem Fahrzeug ausgeschlossen ist, hat die Beklagte sodann die Vollkaskoversicherung sowie den Schutzbrief zum Datum der Zulassung des Fahrzeugs auf die Halterin und Klägerin per 4. März 2020 rückabzuwickeln; der Vollkasko- und Schutzbriefbetrag für die Zeit vom 4. März 2020 bis 31. Dezember 2021 ist der Klägerin zu erstatten. Bei Nichteinvernehmlichkeit der Parteien darüber ist dieser Punkt in einem Hauptsacheverfahren zu klären, aber durch eine Kündigung der Beklagten gegen die Klägerin nicht zu erzwingen und nicht vorab zu entscheiden.

4. Der Beklagten wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung unter Androhung eines Ordnu...

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