Notfall

Eine Rohrverstopfung – in aller Regel sind hiervon die Abwasserleitungen betroffen – stellt stets einen Notfall dar. Unerheblich von der konkreten Eigentumszuordnung des betroffenen Rohres bzw. Rohrteils ist jeder Wohnungseigentümer nach der Bestimmung des § 18 Abs. 3 WEG berechtigt, entsprechende Abhilfemaßnahmen zu ergreifen. Der Wohnungseigentümer darf also erforderliche Erhaltungsmaßnahmen ohne Zustimmung der anderen Wohnungseigentümer treffen, wenn diese zur Abwendung eines dem gemeinschaftlichen Eigentum unmittelbar drohenden Schadens notwendig sind, was bei einer Rohrverstopfung stets der Fall ist. Er darf daher in Fällen eines Rohrbruchs oder einer Rohrverstopfung – insbesondere an Wochenenden und Feiertagen – sofort einen Handwerker mit der Vornahme der unverzichtbaren Instandsetzungsarbeiten beauftragen.

Spiegelbildlich ist der Verwalter im Rahmen der Nachteilsabwendung bzw. seiner Notgeschäftsführungsbefugnis aus § 27 Abs. 1 Nr. 2 WEG berechtigt und verpflichtet, entsprechende Maßnahmen zu ergreifen, so er Kenntnis von einer Rohrverstopfung hat.

Ursachenermittlung

Hauptproblem in der Praxis ist gerade bei Rohrverstopfungen die Frage nach deren Ursache. Tritt die Verstopfung im Bereich einer Sondereigentumseinheit – etwa Dusche, Toilette – auf, spricht vieles für ein Nutzerfehlverhalten des betreffenden Wohnungseigentümers. Befindet sich die Rohrverstopfung auch im Bereich der Abwasserzuleitung der Wohnung zum Hauptstrang, ist auch unabhängig von der konkreten Eigentumszuordnung dieses Rohrteils die Frage nach dem Verursacher geklärt. Ist es im Einzelfall jedenfalls einmal möglich, den verursachenden Wohnungseigentümer identifizieren zu können, kann er entsprechend zur Kostenerstattung herangezogen werden, bzw. hat die Kosten für die Beseitigung der Verstopfung selbst zu tragen.

Freilich ist stets zu berücksichtigen, dass abhängig vom konkreten Einzelfall, eine Rohrverstopfung nicht durch einmaliges Einleiten von Substanzen in die Abwasserleitung entsteht, die dort nicht zu entsorgen sind. Rohre können sich vielmehr nach und nach zusetzen. Stets müssen Abwasserrohre auch ein ausreichendes Gefälle haben. Das gilt für die Anschlussleitungen von den einzelnen Entsorgungsstationen wie Waschbecken, Duschen oder Toiletten und auch für die Rohre, die aus der Wohnanlage in das öffentliche Kanalnetz führen. Ist das Gefälle zu gering, kommt es in diesen Leitungen regelmäßig zu Verstopfungen, weil die Fließgeschwindigkeit des Wassers zu gering ist, um Feststoffe zu transportieren. Nicht nutzerbezogene, sondern bauliche Ursache ist es auch, wenn ein dickes Fallrohr in ein dünnes mündet. Schließlich können auch mechanische Beschädigungen der Rohre Grund für Verstopfungen sein. In diesen Fällen kann durch die nötige Umsicht eine Verstopfung zwar oft vermieden werden, aber insgesamt ist damit zu rechnen, dass die Rohre sich immer wieder zusetzen werden.

Verwalterpflichten

Wird dem Verwalter seitens eines Wohnungseigentümers eine Rohrverstopfung angezeigt und er gebeten, für entsprechende Abhilfe zu sorgen, sollte sich der Verwalter davor hüten, den Wohnungseigentümer auf seine vermeintliche Eigenverantwortlichkeit und Pflicht zur Schadensbeseitigung zu verweisen. Das kann er ausschließlich dann, wenn von vornherein feststeht, dass Schaden und Schadensursache im Sondereigentum liegen. Ist die Ursache der Verstopfung hingegen unklar, muss der Verwalter wegen der denkbaren Schadensursächlichkeit (auch) des Gemeinschaftseigentums unverzüglich das Erforderliche unternehmen, um die Schadensursache festzustellen. Verletzt er diese Pflicht schuldhaft, so kann ihn die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer für den Schaden des betroffenen Eigentümers auch dann in Regress nehmen, wenn sich nachträglich herausstellt, dass die Schadensursache ausschließlich im Sondereigentum lag.

 
Hinweis

Direkthaftung des Verwalters?

Ob geschädigte Wohnungseigentümer auch einen Direktanspruch gegen den Verwalter haben, ist noch unsicher. Nach altem Recht wurde der Verwaltervertrag noch als ein solcher mit Schutzwirkung für die Wohnungseigentümer angesehen.[1] Geschädigte Wohnungseigentümer konnten ihre Ansprüche also direkt gegen den Verwalter geltend machen. Seit Inkrafttreten des WEMoG am 1.12.2020 ist dies umstritten, wurde allerdings in einer ersten gerichtlichen Entscheidung schon verneint.[2]

Stets aber lässt sich bei entsprechender Mitteilung des Wohnungseigentümers und anschließender Auftragsvergabe durch den Verwalter auch am ehesten die Ursache der Verstopfung zuverlässig klären. Der Verwalter wird nämlich ein Fachunternehmen mit der Beseitigung der Verstopfung beauftragen und dieses um Angabe des Grunds für die Verstopfung bitten. Entsprechend der Aussage des Unternehmers lässt sich insoweit dann auch die Frage der Ursache der Verstopfung klären.

Präsentiert ein Wohnungseigentümer dem Verwalter eine Rechnung infolge der Beseitigung einer Rohrverstopfung im Bereich seiner Wohnung und bittet ihn um Kostenerstattung, sollte er anlässlich d...

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