Zusammenfassung

Seit 1. Januar 2019 ist das Vierte Gesetz zur Änderung des Umwandlungsgesetzes mit neuen Regeln für die grenzüberschreitende Verschmelzung in Kraft, mit denen der Brexit für die "deutsche" Limited erleichtert werden soll.

Die derzeitige Situation der "deutschen" Limited:

Laut Schätzung der Bundesregierung gibt es derzeit noch etwa 8.000 bis 10.000 englische private companies limited by shares (Limited), die ihren Verwaltungssitz in Deutschland haben. Diese können nach dem Austritt des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland nicht in der gewohnten Form weitergeführt werden.

Hintergrund ist, dass im deutschen Recht eine Gesellschaft nicht nach dem Recht desjenigen Staates zu beurteilen ist, in dem sie gegründet wurde und registriert ist, sondern nach dem Recht des Staates, in dem sie ihren faktischen Verwaltungssitz hat (sog. Sitztheorie). Nach englischem Recht hingegen ist für das anwendbare Recht allein der Ort der Gründung und Registrierung maßgeblich, unabhängig davon, wo sich der Verwaltungssitz befindet (sog. Gründungstheorie). Nach der Rechtsprechung des EuGH überlagert jedoch die europarechtliche Niederlassungsfreiheit deutsches Recht, sodass für in England gegründete und registrierte Gesellschaften nach der dort geltenden Gründungstheorie die englischen Regelungen maßgeblich sind. Daher ist die Limited mit Verwaltungssitz in Deutschland als englische Gesellschaft anzuerkennen. Dies gilt jedoch nur bis zum Brexit.

Was passiert mit der Limited bei Inkrafttreten des Brexit?

Die Rechtsfähigkeit der "deutschen" Limited und damit auch die Haftungsbeschränkung ihrer Gesellschafter hängen am seidenen Faden des Europarechts. Sobald das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland die EU verlassen hat und auch eine etwaige Übergangszeit abgelaufen ist, kann sich die Limited mit Verwaltungssitz in Deutschland nicht mehr auf die Niederlassungsfreiheit berufen, und es gilt wieder die Sitztheorie. Die Limited wird dann über Nacht zur Personengesellschaft (bei Betrieb eines Handelsgewerbes zur OHG, ansonsten zur GbR), wenn sie mehrere Gesellschafter hat. Gibt es nur einen Gesellschafter, wird dieser bei Betrieb eines Handelsgewerbes zum Einzelkaufmann. Problematisch vor allem für die Gesellschafter: Sie haften ab diesem Zeitpunkt persönlich und unbeschränkt mit ihrem Privatvermögen.

Wechsel in eine deutsche Rechtsform nach bisherigem Recht: Asset-Deal oder grenzüberschreitende Verschmelzung

Spontan mag man zur Rettung der "deutschen" Limited an eine Einzelübertragung aller Vermögenswerte auf eine deutsche Gesellschaft, z.B. GmbH oder UG (haftungsbeschränkt) denken, die dann das Geschäft weiter betreibt (Asset Deal). Damit würde jedoch die Haftung für bereits bestehende Gesellschaftsschulden nicht beseitigt: Im Moment des Brexit haften die (oder haftet der) Gesellschafter auch für die vor dem Brexit entstandenen Schulden. Auch das Risiko der Besteuerung stiller Reserven oder die Unübertragbarkeit von Vertragsbeziehungen und Verbindlichkeiten stehen dem Asset Deal in den meisten Fällen entgegen.

Vorzugswürdig ist daher eine Umwandlung mit Gesamtrechtsnachfolge, die alle Aktiva, Passiva und laufenden Geschäftsbeziehungen auf einen Schlag regelt. Als probatestes Mittel gilt hierfür bislang die Gründung einer deutschen GmbH mit anschließender grenzüberschreitender Verschmelzung der Limited auf diese GmbH.

Eine Rettung der "deutschen" Limited per grenzüberschreitender Verschmelzung scheitert jedoch vielfach am Aufwand. Die Kosten für den beträchtlichen Dokumentationsbedarf (Bekanntmachung des Verschmelzungsplans in Deutschland und in England, unverzichtbarer Verschmelzungsbericht, Beurkundung der Verschmelzung nebst Zustimmungsbeschlüssen, alles zweisprachig deutsch/englisch, Antrag auf Verschmelzungsbescheinigung und mündliche Verhandlung mit Gesellschaftern und/ oder Gläubigern beim High Court, Entscheidung des High Court in England, Handelsregisteranmeldungen in Deutschland, dabei Notarzwang in Deutschland und Barristorzwang in England) sind insbesondere für die kleinen Unternehmen, die sich seinerzeit für die Limited entschieden hatten, um das gesetzliche Mindestkapital nicht aufbringen zu müssen, oft ein Dealbreaker. Hinzu kommt ein zeitliches Problem: Ohne Übergangsfrist lässt sich das langwierige Verschmelzungsverfahren vor dem Brexit kaum noch rechtzeitig umsetzen.

Die Möglichkeiten durch das Vierte Gesetz zur Änderung des Umwandlungsgesetzes

Der deutsche Gesetzgeber möchte der Limited daher die grenzüberschreitende Verschmelzung erleichtern und hat hierfür das Umwandlungsgesetz geändert. Danach ist eine Verschmelzung auch auf deutsche Personenhandelsgesellschaften (OHGs, KGs und Partnerschaftsgesellschaften) möglich, sofern sie in der Regel nicht mehr als 500 Arbeitnehmer beschäftigen. In diesem Fall soll die Erstellung eines Verschmelzungsberichts verzichbar sein. Damit würde sich nach neuem Recht auch die GmbH & Co. KG anbieten, wobei die GmbH als Komplementärin ebenfalls mit dem Minde...

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