Leitsatz

Nur eine Entlastung "im weitesten Sinne" steht Rückzahlungsansprüchen gegen den Ex-Verwalter entgegen, der sich vom Konto der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer selbst "bedient" hat

 

Normenkette

§§ 280, 397 Abs. 1 BGB

 

Das Problem

Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer nimmt den ehemaligen Verwalter auf Schadensersatz in Anspruch. Dieser wendet gegenüber der Klage ein, dass die Wohnungseigentümer die Jahresabrechnungen für die Jahre 2007 bis 2009, die er "als Verwalter" erstellt habe, genehmigt und neben dem Beirat auch "den Verwaltungen" für die Jahre 2007 bis 2009 Entlastung erteilt habe.

 

Entscheidung

  1. Die Verteidigung des Verwalters verfängt nicht. Die Wohnungseigentümer hätten ihm keine Entlastung im weitesten Sinne erteilt. Nur dann aber wäre der Anspruch nicht mehr gegeben, sondern – aufgrund der Wirkung der Entlastung als negatives Schuldanerkenntnis bzw. als Verzicht – erloschen. Dem hätte nicht entgegengestanden, dass die Eigentümer nur auf solche Ansprüche verzichten können, die ihnen bekannt oder für sie bei sorgfältiger Prüfung erkennbar waren; dass die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer mögliche Ersatzansprüche gegen den Verwalter habe, welche im hiesigen – ab dem 2010 anhängigen – Rechtsstreit den Streitgegenstand bilden, sei den übrigen Eigentümern hier im Jahr 2012 bekannt gewesen.
  2. Der Verwalter habe aber nicht bewiesen, dass der Entlastungsbeschluss seine gesamten "Verwaltungstätigkeiten" in den Jahren 2007 und 2008 umfasste. Von Bedeutung sei in diesem Zusammenhang, dass dann, wenn die Entlastung zusammen mit der Jahresabrechnung erteilt werde, sich dies in der Regel nur auf die Tätigkeiten erstrecke, aus der die Jahresabrechnung hervorgegangen sei; andernfalls müsse "wegen der gesamten Verwaltung des Gemeinschaftseigentums" Entlastung erteilt werden (Hinweis auf Bärmann/Merle, WEG, 11. Aufl. 2010, § 28 Rn. 132). Daran fehle es.
 

Kommentar

Anmerkung
  1. Die Hamburger WEG-Kammer unterscheidet unter Hinweis auf eine Kommentierung von Werner Merle "feinsinnig" zwischen einer Entlastung im Zusammenhang mit der Genehmigung der Jahresabrechnung und einer Entlastung im Übrigen (was in der 12. Auflage Matthias Becker a.a.O. Rn. 202 übernommen hat).
  2. Die Unterscheidung stammt freilich nicht von Merle, sondern vom BayObLG. Dieses entschied u.a. im Jahr 2000, dass dann, wenn über die Entlastung gesondert beschlossen werde, im Wege der Auslegung der zeitliche und gegenständliche Umfang der Entlastung zu ermitteln sei (BayObLG v. 31.1.2000, 2 Z BR 136/99, ZWE 2000 S. 352, 353). In der Regel betreffe eine gesondert beschlossene Entlastung die gesamte Tätigkeit des Verwalters, also nicht nur einzelne Tätigkeiten, in Bezug auf die gemeinschaftliche Verwaltung bis zur Beschlussfassung. In 2001 entschied es hingegen unter Hinweis auf Deckert, WE 1993, S. 120 und Staudinger/Bub, BGB, 12. Bearbeitung 1997, § 28 WEG Rn. 438, dass dann, wenn dem Verwalter im Zusammenhang mit Erläuterung und Genehmigung der Abrechnung Entlastung erteilt werde, sich die Entlastung auf das Verwalterhandeln beschränke, das in der Abrechnung seinen Niederschlag gefunden habe. (BayObLG v. 1.2.2001, 2 Z BR 122/00, NZM 2001 S. 388, 389).
  3. Richtig hieran ist, dass es eine Frage der Auslegung ist, wofür dem Verwalter Entlastung erteilt wird. Dass eine bloße "enge" Entlastung gewollt ist, wenn sie "im Zusammenhang" mit der Abrechnung und dem Wirtschaftsplan erteilt wird, wird man hingegen nur schwer vertreten können.

Was ist für den Verwalter wichtig?

Der Verwalter sollte vor dem Hintergrund der Rechtsprechung bei seiner Entlastung darauf achten, dass sie nicht"im Zusammenhang mit der Abrechnung und dem Wirtschaftsplan erteilt wird" und dass sie "weit" ist.

Muster

Die Wohnungseigentümer erteilen dem Verwalter für das Wirtschaftsjahr ___ [Datum des Jahres] namens der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer in Bezug auf die gesamte Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums Entlastung. Die Entlastung ist nicht auf das Verwalterhandeln beschränkt, das in der Abrechnung seinen Niederschlag gefunden hat.

 

Link zur Entscheidung

LG Hamburg, Urteil v. 30.1.2013, 318 S 127/11

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