Da die Verwaltung des Gemeinschaftseigentums seit Inkrafttreten des WEMoG am 1.12.2020 nicht mehr den Wohnungseigentümern, sondern der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer obliegt, hat die Bruchteilsgemeinschaft erheblich an Bedeutung verloren. Allerdings bleiben die Wohnungseigentümer weiter die "Herren der Verwaltung". Dem Verwalter als Vertreter und Organ der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer sind in § 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG eigenständige Handlungskompetenzen bezüglich Maßnahmen ordnungsmäßiger Verwaltung eingeräumt, die von untergeordneter Bedeutung sind und nicht zu erheblichen Verpflichtungen der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer führen. Ist diese Grenze überschritten, bedarf es eines Beschlusses der Wohnungseigentümer. Unabhängig hiervon können die Wohnungseigentümer die Befugnisse des Verwalters auch innerhalb der Grenzen des § 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG durch Beschluss gemäß § 27 Abs. 2 WEG beschränken; sie können sie aber auch erweitern.

Abhängig von der Größe der Eigentümergemeinschaft hat der Verwalter nach dem Gesetz jedenfalls einen eigenständigen Handlungsspielraum, der allerdings bei größeren Erhaltungsmaßnahmen oder Maßnahmen der baulichen Veränderung oder auch beim Abschluss von Dienstleistungsverträgen größeren Umfangs überschritten sein dürfte und daher einer Beschlussfassung der Wohnungseigentümer bedarf. Hier dürfte in Großanlagen wohl die Grenze bei 5.000 EUR zu ziehen sein.

Da sich die Rechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft auf den Bereich der gesamten Verwaltung bezieht und insbesondere das Gemeinschaftsvermögen der rechtsfähigen Wohnungseigentümergemeinschaft zugeordnet ist, ist die rechtsfähige Eigentümergemeinschaft nicht nur Inhaberin von Rechten und Pflichten gegenüber außenstehenden Dritten, sondern insbesondere auch Inhaberin der Zahlungsansprüche gegen die Wohnungseigentümer.

 
Praxis-Beispiel

Hausgelder nach Wirtschaftsplan

Die Festlegung der Höhe der voraussichtlich entstehenden Kosten im Wirtschaftsplan obliegt den Wohnungseigentümern durch Beschlussfassung über die Festsetzung der entsprechend zu leistenden Vorschüsse nach § 28 Abs. 1 Satz 1 WEG. Ist dieser Beschluss gefasst und kommen einzelne Wohnungseigentümer ihren Zahlungspflichten nicht nach, ist der Rechtskreis der rechtsfähigen Wohnungseigentümergemeinschaft betroffen. Als Inhaberin des Gemeinschaftsvermögens stehen ihr dann auch die Zahlungsansprüche gegen die Wohnungseigentümer zu. Ist insoweit ein Gerichtsverfahren erforderlich, weil Hausgeldschuldner freiwillig keine Zahlung leisten, ist die Klage von der rechtsfähigen Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zu erheben.

Sämtliche Zahlungsansprüche, gerichtet auf die Verwaltung des Gemeinschaftseigentums, stehen insoweit der rechtsfähigen Wohnungseigentümergemeinschaft zu. Namentlich handelt es sich hierbei um die von den Wohnungseigentümern

  • auf Grundlage des Wirtschaftsplans durch Beschluss nach § 28 Abs. 1 Satz 1 WEG zu leistenden Hausgeldvorschüsse;

  • zu leistenden Beiträge aufgrund beschlossener Sonderumlagen;

  • aufgrund negativer Abrechnungsspitzen zu leistenden Nachschüsse auf Grundlage der Jahresabrechnung;

  • zu leistenden Schadensersatzzahlungen wegen einer Beschädigung des Gemeinschaftseigentums.

Spiegelbildlich fungiert die rechtsfähige Eigentümergemeinschaft als Anspruchsgegnerin der einzelnen Wohnungseigentümer, soweit es sich um

  • Rückzahlungsansprüche aus positiven Abrechnungsspitzen, also Anpassungsbeträgen gegenüber dem Wirtschaftsplan nach § 28 Abs. 2 Satz 1 WEG auf Grundlage der Jahresabrechnung sowie

  • Ansprüche aus einer berechtigten Notgeschäftsführung nach § 18 Abs. 3 WEG oder

  • Aufopferungsansprüche aus § 14 Abs. 3 WEG

handelt.

Bezüglich Schadensersatzansprüchen der Wohnungseigentümer ist zu differenzieren:

  • Beruhen diese auf verweigerter Beschlussfassung über erforderliche Erhaltungsmaßnahmen des Gemeinschaftseigentums, weshalb im Sondereigentum des einzelnen Wohnungseigentümers ein Schaden entstanden ist?

  • Beruhen diese auf einer verzögerten oder gar nicht erfolgten Beschlussdurchführung seitens des Verwalters?

Verweigerte Beschlussfassung

Erleidet ein Wohnungseigentümer Schäden an seinem Sondereigentum, weil ein Beschluss über eine Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums unterblieben ist, haftet zwar die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer. Allerdings hat diese einen Regressanspruch gegen diejenigen Wohnungseigentümer, die schuldhaft entweder untätig geblieben sind oder nicht für die erforderliche Maßnahme gestimmt bzw. sich enthalten haben.[1] Ein Anspruch auf Schadensersatz wegen verzögerter Beschlussfassung über notwendige Instandsetzungsmaßnahmen scheidet allerdings aus, wenn der betroffene Wohnungseigentümer vorher gefasste Beschlüsse über die Zurückstellung der Instandsetzung nicht angefochten hat.[2]

Verzögerte Beschlussdurchführung

Ist die Willensbildung dagegen erfolgt und ein Beschluss gefasst worden, der jedoch nicht oder nur unvollständig durchgeführt wird, so trifft die Haftung zwar wiederum die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer. Nunmehr ...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge