Mehr noch als über den Standort einer Einfriedung können die Nachbarn über deren Beschaffenheit in Streit geraten. Das verwundert nicht, wenn man bedenkt, dass beim heutigen kleinräumigen Grundstückszuschnitt in Doppel- und Reihenhaussiedlungen etwa eine 2 m hohe Einfriedungsmauer aus Beton dem Nachbarn durchaus das Gefühl einer gefängnisartigen Abschottung vermitteln kann, gegen die er sich zu Recht zur Wehr setzt.

Aus diesem Grund regeln die Nachbarrechtsgesetze von

  • Berlin,
  • Brandenburg,
  • Hessen,
  • Niedersachsen,
  • Nordrhein-Westfalen,
  • Rheinland-Pfalz,
  • Saarland,
  • Sachsen,
  • Sachsen-Anhalt,
  • Schleswig-Holstein und
  • Thüringen

neben dem Standort von Grundstückseinfriedungen auch deren Beschaffenheit.

Eine Ausnahme bildet insoweit nur Baden-Württemberg (siehe unten Kap. 5.1). Das verwundert aber nicht, weil das dortige Nachbarrechtsgesetz eine Einfriedungspflicht nur im Außenbereich zum Schutz von landwirtschaftlichen Kulturen kennt, bei denen es auf besondere Anforderungen an die Beschaffenheit einer Einfriedung nicht ankommt.

"Ortsüblichkeit" der Einfriedung

Maßstab für die Beschaffenheit einer Grundstückseinfriedung ist nach den Nachbarrechtsgesetzen der genannten Bundesländer die Ortsüblichkeit, was bedeutet, dass die Einfriedung den näheren örtlichen Gegebenheiten entsprechen muss. Dabei kann sich der räumliche Prüfungsumfang der Ortsüblichkeit auch auf einen bestimmten Siedlungsbereich (etwa eine neu gebaute Reihenhaussiedlung) beschränken, wenn es sich um eine geschlossene und von der weiteren Umgebung abgehobene Siedlung handelt.[1]

Das Erfordernis der Ortsüblichkeit bildet nicht nur den Maßstab dafür, welche Art der Einfriedung Sie als Nachbar kostenmäßig hinnehmen müssen, vielmehr bestimmt es im beiderseitigen Interesse auch die zweckgerechte und darüber hinaus die optisch-ästhetisch zumutbare Beschaffenheit der Einfriedung, weil gerade in Bezug auf das äußere Erscheinungsbild einer Einfriedung sich die Interessen der Nachbarn häufig widerstreiten und die Landesnachbarrechtsgesetze solche Streitigkeiten in angemessener Weise ausgleichen wollen.

Deshalb kann die Beseitigung oder Abänderung einer bereits vorhandenen Einzäunung jedenfalls dann verlangt werden, wenn sich nur unter dieser Voraussetzung der nachbarrechtliche Anspruch auf eine ortsübliche Einfriedung verwirklichen lässt.[2]

  • Dies hat die Rechtsprechung etwa bei einer aus dem Rahmen fallenden Einfriedung aus senkrecht aneinander gereihten Eisenbahnschwellen ebenso bejaht, wie bei einer 2 m hohen Gartenmauer anstelle der ortsüblichen Einfriedung mit 1 m hohen Hecken.[3]
  • Ebenso kann derjenige, der gegen den Eigentümer des Nachbargrundstücks einen Anspruch auf Einfriedung an der gemeinsamen Grenze hat, verlangen, dass nicht neben einer ortsüblichen Einfriedung (Grenzzaun) eine weitere andersartige Einfriedung (2 m hohe Einfriedungsmauer) oder 2 m hoher Holzbretterzaun gesetzt wird, welche diese in ihrem Erscheinungsbild völlig verändert.[4]
  • Ein Beseitigungsanspruch des Nachbarn ist auch dann gegeben, wenn mit der Einfriedung die vorgeschriebene Höhe nicht eingehalten wird.[5]
  • Ebenso kann der Nachbar die Beseitigung einer Einfriedung aus gebrauchten Eisenbahnschwellen verlangen, von denen wegen ihrer Imprägnierung gesundheitsgefährdende Ausdünstungen ausgehen.[6]

"Hässlicher" Zaun

Eine Beseitigung kann nicht verlangt werden, wenn der Nachbar den Zaun schlicht für "hässlich" hält.[7] Solange ein Zaun der ortsüblichen Einfriedung entspricht und seine Funktion als Einfriedung erfüllt, muss er nicht entfernt oder ersetzt werden.[8]

Ortsüblichkeit ist nicht feststellbar

Ist eine Ortsüblichkeit nicht feststellbar, weil es in dem zu beurteilenden Gemeinde- oder Stadtgebiet eine Vielzahl höchst unterschiedlicher Grundstückseinfriedungen gibt, dann kann der Nachbar die Beseitigung einer die für solche Fälle vorgeschriebenen Höhe einhaltenden Grundstücksmauer aus Hohlblocksteinen selbst dann nicht verlangen, wenn diese Art der Einfriedung ästhetisch unschön und ansonsten nirgends vertreten ist.[9] Das gilt allerdings nur für Nordrhein-Westfalen, weil im dortigen Nachbarrechtsgesetz bei fehlender Ortsüblichkeit nur die Höhe der dann zulässigen Einfriedung geregelt ist, ohne etwas über die Beschaffenheit der Einfriedung zu sagen.

Welche Einfriedungen bei fehlender Ortsüblichkeit zulässig sind, können Sie der folgenden Übersicht entnehmen:

 
Bundesland Art der Einfriedung
   
Berlin ca. 1,25 m hoher Maschendrahtzaun
Brandenburg ca. 1,25 m hoher Maschendrahtzaun
Hessen ca. 1,20 m hoher verzinkter Maschendrahtzaun
Niedersachsen bis zu 1,20 hoher Zaun aus Holz oder Metall
Nordrhein-Westfalen ca. 1,20 m hohe Einfriedung (Mauer oder Zaun)
Rheinland-Pfalz 1,20 m hoher Zaun aus festem Maschendraht
Saarland 1,20 m hoher Zaun aus festem Maschendraht
Sachsen
Sachsen-Anhalt ca. 1,20 m hoher Zaun aus Holz oder Metall
Schleswig-Holstein ca. 1,20 m hoher Maschendrahtzaun
Thüringen 1,20 m hoher Zaun aus festem Maschendrahtzaun

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