Leitsatz

Die Wohnungseigentümer sind nicht verpflichtet, die Anschaffung und Installation von Rauchwarnmeldern durch und auf Kosten der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zu beschließen, wenn lediglich eine sogenannte "gekorene Wahrnehmungsbefugnis" (§ 10 Abs. 6 Satz 3 Fall 2 WEG) besteht.

 

Normenkette

§ 15 Abs. 7 LBO-BW; §§ 10 Abs. 6 Satz 3 Fall 2, 21 Abs. 3 WEG

 

Das Problem

  1. In der Versammlung einer Wohnungseigentumsanlage WA, in der es Wohnungs- und Teileigentum gibt, wird unter Tagesordnungspunkt (TOP) 10 über die folgenden Beschlussanträge abgestimmt:

    1. Es soll beschlossen werden, einen Rauchmelder gem. dem beiliegenden Angebot der Firma M für je 3,75 EUR brutto jährlich zu mieten.
    2. Alternativ soll beschlossen werden, die Rauchmelder für 23,78 EUR brutto zu kaufen. Für die Wartung kommen hier dann nochmals 4,88 EUR brutto im Jahr hinzu.
    3. Des Weiteren soll beschlossen werden, auch in den Wohnungen die oben aufgeführten Rauchmelder in den Schlafräumen, Fluren und Kinderzimmern von der Firma X warten zu lassen. Der Preis hierfür beträgt 4,88 EUR brutto.

      Ggf. fallen weitere Liegenschaftskosten in Höhe von 29,99 EUR brutto und Fahrtkosten in Höhe von 18,92 EUR brutto gesamt an, wenn nicht mit der Ablesung die Rauchmelderprüfung durchgeführt wird.

    4. Sollten keine gemeinschaftlichen Rauchmelder angeschafft werden, wird der Verwalter aus der Haftung entlassen. Dies bedeutet, dass jeder Eigentümer selbst für seine Rauchmelder verantwortlich ist.
  2. Der Antrag TOP 10a) wird mehrheitlich abgelehnt, ebenso der Antrag zu TOP 10b) sowie der Antrag zu TOP 10c). Dem Antrag zu TOP 10d) wird hingegen mehrheitlich zugestimmt. Hiergegen geht Wohnungseigentümer W vor. Er meint, der Beschluss unter TOP 10d) verstoße im Hinblick auf die in § 15 Abs. 7 Landesbauordnung Baden-Württemberg (LBO-BW) geregelte Pflicht zur Ausstattung bestimmter Räume mit Rauchwarnmeldern gegen die Grundsätze ordnungsmäßiger Verwaltung.

    § 15 Abs. 7 LBO-BW

    Aufenthaltsräume, in denen bestimmungsgemäß Personen schlafen, sowie Rettungswege von solchen Aufenthaltsräumen in derselben Nutzungseinheit sind jeweils mit mindestens einem Rauchwarnmelder auszustatten. Die Rauchwarnmelder müssen so eingebaut oder angebracht werden, dass Brandrauch frühzeitig erkannt und gemeldet wird. Eigentümerinnen und Eigentümer bereits bestehender Gebäude sind verpflichtet, diese bis zum 31. Dezember 2014 entsprechend auszustatten. Die Sicherstellung der Betriebsbereitschaft obliegt den unmittelbaren Besitzern, es sei denn, der Eigentümer übernimmt die Verpflichtung selbst.

  3. Diese verpflichtend anzubringenden Rauchwarnmelder seien als wesentliche Bestandteile des Gebäudes zwingend gemeinschaftliches Eigentum. Es liege eine Beschlusskompetenz und gleichzeitig eine gesetzliche Pflicht zum Einbau von Rauchwarnmeldern vor. Die Wohnungseigentümer müssten daher einem entsprechenden Antrag zustimmen, ohne dass hinsichtlich der Installationspflicht ein Ermessensspielraum bestehe. Der getroffene Beschluss sei daher nichtig. Aufgrund der Einordnung in das gemeinschaftliche Eigentum könne die Verantwortlichkeit nicht in die Verantwortung desjenigen Eigentümers gestellt werden, der aufgrund seines Sondereigentums Besitzer des jeweiligen Rauchmelders sei.
  4. W beantragt daher die Feststellung, dass die Beschlüsse zu TOP 10 nichtig sind. Hilfsweise beantragt er, die unter TOP 10 gefassten Beschlüsse für ungültig zu erklären und "die WEG zu verurteilen, Beschluss des Inhalts zu fassen, dass spätestens zum 1.1.2015 der Einbau von Rauchwarnmeldern nach § 15 Abs. 7 LBO-BW vorzunehmen ist".
 

Die Entscheidung

  1. Die Klage hat keinen Erfolg! Die unter TOP 10 gefassten Beschlüsse seien weder nichtig noch aufgrund eines Verstoßes gegen die Grundsätze ordnungsgemäßer Verwaltung aufzuheben.
  2. Zwar bestehe eine Beschlusskompetenz, den Einbau von Rauchwarnmeldern zu beschließen, wenn das Landesrecht eine öffentlich-rechtliche Einbaupflicht vorsehe. Diese Beschlusskompetenz bestehe unabhängig davon, ob sich diese Pflicht an den Verband richte oder an die einzelnen Wohnungseigentümer (Hinweis auf BGH v. 8.2.2013, V ZR 238/11, NJW 2013 S. 3092).
  3. Es sei aber nicht zu beanstanden, dass die Wohnungseigentümer von dieser Beschlusskompetenz keinen Gebrauch gemacht haben. § 15 Abs. 7 LBO-BW verpflichte die einzelnen Wohnungseigentümer. In diesem Fall sei zwischen einer geborenen sowie einer gekorenen Wahrnehmungskompetenz zu unterscheiden. Eine geborene Wahrnehmungskompetenz bestehe, wenn die Verpflichtung sämtliche Mitglieder der Gemeinschaft betreffe. Da die LBO-BW nur die Ausstattung von Wohnungen mit Rauchwarnmeldern vorschreibe, nicht jedoch auch von anderweitig genutzten Räumen, fehle eine solche Verpflichtung.
  4. Dies bedeute, dass die Wohnungseigentümer zwar berechtigt sind, von ihrem Zugriffsermessen Gebrauch zu machen, eine Verpflichtung hierzu jedoch nicht bestehe. Ob die Wohnungseigentümer die Möglichkeit wahrnehmen, die Ausübung der Rechte zu einer gemeinschaftlichen Aufgabe zu machen oder sie der individuellen Rechtsverfolgun...

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