Wann muss Verstoß vorliegen?

Nach den marktüblichen Bedingungen zur Rechtsschutzversicherung (hier: ARB 2012) besteht Versicherungsschutz – unter Berücksichtigung der Wartezeit – von dem Zeitpunkt an, in dem der Versicherungsnehmer einen Verstoß gegen Rechtspflichten begangen hat oder begangen haben soll.

Auf Verstöße aus der Zeit vor Abschluss des Rechtsschutzversicherungsvertrags laut einem Urteil des KG Berlin kann nur abgestellt werden, wenn sie nach der Lebenserfahrung entweder bereits für sich allein geeignet waren, den Rechtskonflikt auszulösen oder zumindest insoweit Nachwirkung gezeigt haben, als sie den endgültigen Ausbruch der Streitigkeit nach dem Vorliegen eines oder weiterer Verstöße noch adäquat kausal (mit-)ausgelöst haben.

Ein Wohnungsvermieter hatte seine Räumungsklage gegen den Mieter darauf gestützt, dass dieser auch nach der Abmahnung durch fortgesetztes tägliches Blasen des sogenannten Schofa-Horns den Hausfrieden störe.

Vorvertraglichkeit…

Der Rechtsschutzfall war hier laut einer Entscheidung des KG Berlin für den rechtsschutzversicherten Mieter, der sich gegen die Räumungsklage wehrte, nicht schon – wie der beklagte Rechtsschutzversicherer meinte – mit dem ersten Blasen des Schofa-Horns seit Beginn des Mietverhältnisses, sondern frühestens mit dem ersten Blasen nach der Abmahnung des Vermieters eingetreten. Eine sogenannte Vorvertraglichkeit, die dem Rechtsschutz entgegengestanden hätte, konnte das Gericht deshalb nicht feststellen.

… verneint

Der Hinweis des beklagten Rechtsschutzversicherers, dass bei mehreren, sich regelmäßig wiederholenden Verstößen gegen die Hausordnung für den Eintritt des Versicherungsfalls grundsätzlich auf den ersten Verstoß abzustellen sei, führte vorliegend zu keinem anderen Ergebnis. Denn auch auf dieser Grundlage konnte eine Vorvertraglichkeit nicht festgestellt werden.

Gerade wenn der Kläger sein Gebet von Mietbeginn an mit einem kurzen Blasen des Schofa-Horns verbunden hatte, durfte er bis zum Zugang der Abmahnung nach Auffassung des Gerichts berechtigt davon ausgehen, sich innerhalb des vertragsgemäßen Gebrauchs zu bewegen.

Im Rahmen der Prüfung, ob Vorvertraglichkeit gegeben ist, kommt zudem nur solchen Verstößen Relevanz zu, die den Rechtsstreit adäquat kausal verursacht haben können.

Das Vorliegen dieser Voraussetzungen konnte für das Hornblasen des Klägers vor Abschluss der Rechtsschutzversicherung aber gerade nicht festgestellt werden. Denn vor Zugang der Abmahnung, die zweifellos nach dem Abschluss der Rechtsschutzversicherung erfolgt war, hatte der Vermieter dem Kläger gegenüber zu keiner Zeit kundgetan, dass er das Hornblasen nicht als von der Hausordnung gedecktes Spielen eines Instruments bzw. Musizieren und damit als Störung des Hausfriedens ansah.

(KG Berlin, Beschluss v. 17.4.2018, 6 U 121/17)

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