In bestimmten Fällen kann ein Räumungstitel auch im Wege der einstweiligen Verfügung erlangt werden. Die insoweit maßgebliche Bestimmung des § 940a ZPO regelt 4 Fälle:

  1. verbotene Eigenmacht[1]
  2. konkrete Gefahr für Leib und Leben[2]
  3. Unkenntnis von besitzendem Dritten bei Räumung gegen den Mieter[3]
  4. Verzug mit Sicherheitsleistung nach Sicherungsanordnung[4]

8.1 Verbotene Eigenmacht

Zunächst kommt die Räumungsverfügung des § 940a Abs. 1 ZPO bei verbotener Eigenmacht in Betracht. Klassischer Fall ist der Hausbesetzer oder der Obdachlose, der die Wohnung okkupiert. Besonders praxisrelevant sind diese Konstellationen allerdings nicht.

8.2 Gefahr für Leib und Leben

Die 2. Alternative des § 940a Abs. 1 ZPO regelt als weiteren und durchaus praxisrelevanten Verfügungsgrund die Räumungsverfügung zum Schutz vor körperlicher Gewalt. Die Räumung von Wohnraum kann also auch bei einer konkreten Gefahr für Leib oder Leben des Vermieters, Mitmieters oder sonstiger Hausbewohner durch einstweilige Verfügung angeordnet werden. Entscheidend ist das Vorliegen einer konkreten Gefahr für Leib oder Leben.[1] Harmlose Gefährdungen reichen für eine Räumungsverfügung nicht aus, insbesondere, wenn ihr Provokationen durch den Vermieter vorausgegangen sind.[2] Hysterische Ängste reichen ebenfalls nicht, wohl aber verständliche Angst etwa aufgrund früherer Vorfälle oder wegen ausgesprochener Drohungen.

  • Unerheblich ist, ob sich die Gefahr innerhalb der zu räumenden Wohnung zu verwirklichen droht oder außerhalb, etwa in Gemeinschaftsräumen oder vor dem Haus bzw. in der Nachbarschaft.[3]
  • Ein Verfügungsgrund liegt insbesondere bei ständigen Beleidigungen, Bedrohungen und Angriffen seitens des Mieters oder seines Mitbewohners auf den Vermieter, dessen Beauftragte sowie Mitmieter und deren Besucher vor.[4]
  • Er liegt unzweifelhaft auch dann vor, wenn der Mieter ein Metzgermesser in der Hand hält und anderen Mietern androht, ihnen die Hälse durchzuschneiden.[5]
  • Ein Verfügungsgrund liegt auch dann vor, wenn der gekündigte Mieter im Rahmen des vom Vermieter angestrengten Räumungsverfahrens seine "Klageerwiderung" in einer blutverschmierten Plastiktüte dem vom Vermieter als Zeugen benannten anderen Mieter an die Wohnungstür hängt.[6]

Eine Räumungsverfügung wegen Gefahr für Leib oder Leben ist nicht nur dem Vermieter vorbehalten. Als Verfügungsgläubiger kommen durchaus auch Mitbewohner derselben Wohnung[7] oder Bewohner anderer Wohnungen des Hauses oder Personen aus der Nachbarschaft infrage. Der Vermieter wiederum kann die Räumungsverfügung nicht nur zur Abwehr einer eigenen Gefährdung beantragen, sondern auch zur Abwehr von Gefahren für die Hausbewohner, für Hausmeister und Hausverwalter oder sonstige Beauftragte.[8]

 

Musterschreiben: Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zur Räumung von Wohnraum (§ 940a Abs. 1 ZPO)

Amtsgericht Düsseldorf

Werdener Straße 1

40227 Düsseldorf

 
Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung nach § 940a Abs. 1 Alt. 2 ZPO
  1. der Frau Martina May, Mohrenstraße 9, 40589 Düsseldorf
  2. des Herrn Felix May, Mohrenstraße 9, 40589 Düsseldorf

– Antragsteller –

Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt Peter Klein, Königsallee 240, 40215 Düsseldorf

gegen

Herrn Herbert Meier, Hornhügel 28, 40699 Düsseldorf

– Antragsgegner –

Hiermit zeige ich – ordnungsgemäße Bevollmächtigung anwaltlich versichernd – die Vertretung der Antragsteller an. Namens und in Vollmacht der Antragsteller b e a n t r a g e ich

 
  den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Verfügung – der Dringlichkeit wegen ohne mündliche Verhandlung – zu verurteilen, die von ihm innegehaltene, im ersten Obergeschoss des Hauses Hornhügel 28, 40699 Düsseldorf, gelegene Wohnung, bestehend aus 2 Zimmern, einer Küche, einer Diele, einem Bad mit WC nebst zugehörigem und mit der Nr. 4 an der Tür gekennzeichneten Kellerraum im Kellergeschoss zu räumen und an die Antragsteller herauszugeben.
 
Begründung

Den auf § 940a Abs. 1 Alt. 2 ZPO gestützten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung begründe ich wie folgt:

Der Antragsgegner hat die im Antrag näher bezeichneten Räumlichkeiten mit Mietvertrag vom 30. September 2016 zum 1. Oktober 2016 angemietet.

 
  Glaubhaftmachung: Mietvertrag als Kopie in – Anlage K 1 –

Mutmaßlich infolge zwischenzeitlicher Arbeitslosigkeit des Antragsgegners ist dieser mehr und mehr dem Alkohol verfallen. Seine Lebensgefährtin, die die Wohnung mit ihm bezogen hatte, ist zwischenzeitlich ausgezogen. Vermehrt kam es in den vergangenen Monaten zu verbalen und aggressiven Auseinandersetzungen mit Hausbewohnern. Die in der benachbarten Wohnung lebende alleinstehende Mieterin hat er im Zeitraum der letzten 2 Monate vermehrt teils grob als "blöde Schlampe", "dumme Kuh" bezeichnet und ihr mehrfach zugerufen "er werde es ihr irgendwann einmal ordentlich besorgen". Frau Klaus lebt in Angst vor dem Antragsgegner und ist bereits auf der Suche nach anderweitigem Wohnraum.

 
  Glaubhaftmachung: Eidesstattliche Versicherung der Elli Klaus in ...

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