Gesetzestext

 

(1) 1Ist die Gesellschaft nicht für eine bestimmte Zeit eingegangen, so kann jeder Gesellschafter sie jederzeit kündigen. 2Ist eine Zeitdauer bestimmt, so ist die Kündigung vor dem Ablauf der Zeit zulässig, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. 3Ein wichtiger Grund liegt insbesondere vor,

1. wenn ein anderer Gesellschafter eine ihm nach dem Gesellschaftsvertrag obliegende wesentliche Verpflichtung vorsätzlich oder aus grober Fahrlässigkeit verletzt hat oder wenn die Erfüllung einer solchen Verpflichtung unmöglich wird,
2. wenn der Gesellschafter das 18. Lebensjahr vollendet hat.

4Der volljährig Gewordene kann die Kündigung nach Nummer 2 nur binnen drei Monaten von dem Zeitpunkt an erklären, in welchem er von seiner Gesellschafterstellung Kenntnis hatte oder haben musste. 5Das Kündigungsrecht besteht nicht, wenn der Gesellschafter bezüglich des Gegenstands der Gesellschaft zum selbstständigen Betrieb eines Erwerbsgeschäfts gemäß § 112 ermächtigt war oder der Zweck der Gesellschaft allein der Befriedigung seiner persönlichen Bedürfnisse diente. 6Unter den gleichen Voraussetzungen ist, wenn eine Kündigungsfrist bestimmt ist, die Kündigung ohne Einhaltung der Frist zulässig.

(2) 1Die Kündigung darf nicht zur Unzeit geschehen, es sei denn, dass ein wichtiger Grund für die unzeitige Kündigung vorliegt. 2Kündigt ein Gesellschafter ohne solchen Grund zur Unzeit, so hat er den übrigen Gesellschaftern den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen.

(3) Eine Vereinbarung, durch welche das Kündigungsrecht ausgeschlossen oder diesen Vorschriften zuwider beschränkt wird, ist nichtig.

A. Vorbemerkungen zu den §§ 723–740.

 

Rn 1

Die §§ 723740 befassen sich mit der Auflösung (§§ 723729) und der Auseinandersetzung (§§ 730–735) der GbR sowie mit dem Ausscheiden eines Gesellschafters bei Fortführung der GbR (§§ 736–740).

 

Rn 2

Für die Auflösung bestimmen §§ 723729 verschiedene gesetzliche Gründe, die dispositiv und nicht abschließend sind. So kann zB für den Fall der Kündigung die Fortsetzung der GbR unter den übrigen Gesellschaftern vereinbart werden (vgl § 736 I). Und neben den gesetzlich geregelten sind weitere Auflösungsgründe zB die Anwachsung des Gesellschaftsvermögens beim letzten verbliebenen Gesellschafter (§ 719 Rn 5), der Ablauf der Zeit, für die die GbR eingegangen ist (s § 131 I Nr 1 HGB), der Auflösungsbeschluss der Gesellschafter (s § 131 I Nr 2 HGB) oder der Eintritt einer vereinbarten auflösenden Bedingung.

 

Rn 3

Auflösungsfolge ist außer im Fall der Anwachsung, die sofort zur Vollbeendigung führt, idR zunächst nur eine Zweckänderung der GbR: Anstelle der mit der GbR verfolgten Ziele tritt der Zweck ihrer Abwicklung. Die Geschäftsführung geht auf die Liquidatoren über (§ 730 II 2) und Nachschusspflichten werden gem § 735 fällig. Zur Liquidation bei der Innen-GbR ieS (ohne Gesellschaftsvermögen) vgl § 730 Rn 2.

B. Grundlagen des § 723.

 

Rn 4

§ 723 I unterscheidet zwischen ordentlicher und außerordentlicher Kündigung aus wichtigem Grund. Das Recht zur ordentlichen Kündigung besteht bei einer GbR, die auf unbestimmte Zeit eingegangen ist, das Recht zur außerordentlichen Kündigung wird dagegen nur relevant, wenn das ordentliche Kündigungsrecht entweder durch Bestimmung einer festen oder Mindestdauer der GbR (§ 723 I 2) oder durch Kündigungsfristen (§ 723 I 6) ausgeschlossen oder eingeschränkt ist. In beiden Fällen zieht die Kündigung zur Unzeit Ersatzpflichten des Kündigenden nach sich (§ 723 II). Die Kündigungsregeln sind nur beschränkt dispositiv (§ 723 III). Der spezielle wichtige Grund der Vollendung des 18. Lebensjahrs wurde in § 723 I durch das Minderjährigenhaftungsbeschränkungsgesetz (BGBl I 1998, 2487) eingeführt. § 723 geht der allg Kündigungsregelung für Dauerschuldverhältnisse in § 314 vor und verdrängt damit insb die Voraussetzungen des § 314 II (MüKo/Schäfer § 723 Rz 5).

C. Die Kündigung.

I. Kündigungserklärung und -wirkung.

 

Rn 5

Die Kündigungserklärung ist ein einseitiges Gestaltungsrecht jedes Gesellschafters (nicht etwa der Gesellschaft) zur Beendigung des besonderen Dauerschuldverhältnisses der GbR. Ist für diesen Fall nicht die Fortführung der GbR vereinbart, hat sie ihre Auflösung zur Folge. Mangels abw Bestimmung hat die Erklärung allen Gesellschaftern zuzugehen, wobei auch die Weiterleitung an die Gesellschafter etwa durch den Geschäftsführer genügt (BGH NJW 16, 2492 [BGH 11.05.2016 - XII ZR 147/14] Rz 25; NJW 93, 1002 [BGH 11.01.1993 - II ZR 227/91]). Die Kündigung ist formfrei, wenn der Gesellschaftsvertrag nichts anderes bestimmt (RGZ 77, 70; Ddorf NJW-RR 98, 658 [OLG Düsseldorf 24.10.1997 - 22 U 43/97]). Sie ist auch konkludent möglich, etwa durch Verkauf des Gesellschaftsvermögens (BGH NJW 03, 1729 [BGH 24.03.2003 - II ZR 4/01]: Eigentumswohnung) oder durch Mitwirkung an Abwicklungsmaßnahmen (MüKo/Schäfer § 723 Rz 12). Auch der Begriff ›Kündigung‹ ist nicht erforderlich, vielmehr genügt es, wenn der Wille, die Auflösung herbeizuführen, eindeutig erkennbar ist. Ist eine Form vorgeschrieben, bedeutet Schweigen auf formlose Erklärung nicht den Verzicht auf das Formerfordernis (Staud/Habermeier § 723 Rz 10; MüKo/Schäfer ...

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