Prof. Dr. Michael Stürner
Rn 10
Die Vorschrift setzt Art 13 III VRRL um; sie greift den Rechtsgedanken des früheren Rückgaberechts (§ 356 aF) auf (BTDrs 17/12637, 63), das im Rahmen der Umsetzung der VRRL ersatzlos gestrichen wurde und enthält eine Sonderregel für die Rückabwicklung bei Verbrauchsgüterkäufen (Definition: § 474 I). Danach ist der Verbraucher mit seiner Rückgabepflicht (§ 355 III 1) grds vorleistungspflichtig (IV 1).
Rn 10a
Daraus ergibt sich ein Leistungsverweigerungrecht des Unternehmers, bis der Verbraucher seine Rückgabepflicht erfüllt hat. Veräußert der Verbraucher die Sache an einen Dritten, wird es zum dauerhaften Leistungsverweigerungsrecht (BGHZ 236, 148; München MDR 23, 179: peremptorische Einrede nach § 813 S 1). Das gilt ausnahmsweise nicht, wenn der Unternehmer der Veräußerung zugestimmt hat (BGHZ 236, 132). Das Leistungsverweigerungsrecht besteht, bis die Sache zurückerhalten oder der Nachweis der Absendung erbracht ist (BGH 18.10.22, XI ZR 226/21 – juris). Zu den Auswirkungen der Unmöglichkeit auf das Zurückbehaltungsrecht Brinkmann DAR 23. 351; Freitag ZIP 23, 829; für die Fälle der Weiterveräußerung Strobel NJW 23, 1250. Eine Berufung auf das Leistungsverweigerungsrecht ist selbst bei Zurückweisung des Widerrufs nicht treuwidrig (Stuttg 17.3.23, 6 U 163/22 – juris Rz 19). Das Leistungsverweigerungsrecht bezieht sich auch auf den Anspruch auf Kapitalnutzungsersatz (Braunschw 28.2.23, 4 U 11/21 – juris Rz 24).
Rn 10b
Die Vorleistungspflicht gilt nur dann nicht, wenn der Unternehmer angeboten hat, die Waren abzuholen (IV 2). Tritt diesbezüglich Verzug ein, so gilt die Haftungserleichterung des § 300 I; der Verbraucher kann ggf entstehenden Aufbewahrungskosten nach § 304 ersetzt verlangen (MüKo/Fritsche § 361 Rz 12).
Rn 10c
Der Unternehmer ist für den Rückerhalt der Sache zu Mitwirkungshandlungen verpflichtet (Braunschw NJW-RR 23, 1415 [BGH 25.05.2023 - IX ZR 116/21]).