Gesetzestext
(1) 1Eine Entscheidung zum Sorge- oder Umgangsrecht oder ein gerichtlich gebilligter Vergleich ist zu ändern, wenn dies aus triftigen, das Wohl des Kindes nachhaltig berührenden Gründen angezeigt ist. 2Entscheidungen nach § 1626a Absatz 2 können gemäß § 1671 Absatz 1 geändert werden; § 1671 Absatz 4 gilt entsprechend. 3§ 1678 Absatz 2, § 1680 Absatz 2 sowie § 1681 Absatz 1 und 2 bleiben unberührt.
(2) Eine Maßnahme nach den §§ 1666 bis 1667 oder einer anderen Vorschrift des Bürgerlichen Gesetzbuches, die nur ergriffen werden darf, wenn dies zur Abwendung einer Kindeswohlgefährdung oder zum Wohl des Kindes erforderlich ist (kindesschutzrechtliche Maßnahme), ist aufzuheben, wenn eine Gefahr für das Wohl des Kindes nicht mehr besteht oder die Erforderlichkeit der Maßnahme entfallen ist.
(3) Eine Anordnung nach § 1632 Absatz 4 ist auf Antrag der Eltern aufzuheben, wenn die Wegnahme des Kindes von der Pflegeperson das Kindeswohl nicht gefährdet.
A. Abs 1 S 1: Generalnorm zur Abänderung.
I. Formelle Voraussetzungen – Anwendungsbereich.
1. Allgemeines.
Rn 1
Der mit Inkrafttreten des FGG-RG am 1.9.09 neu gestaltete § 1696 enthält die materiell-rechtliche Eingriffsbefugnis zur Änderung von sorge- und umgangsrechtlichen Entscheidungen sowie von gerichtlich gebilligten Vergleichen iSd § 156 II FamFG. Die verfahrensrechtlichen Regelungen wurden in § 166 FamFG übernommen. Inhaltlich neu ist lediglich, dass nunmehr auch gerichtlich gebilligte Vergleiche der Abänderung nach § 1696 unterliegen. Die Generalnorm des I 1 tritt ggü den Spezialvorschriften des I 2 und II zurück. Die Anwendung des I 1 setzt voraus, dass eine Entscheidung des FamG oder ein von diesem gerichtlich gebilligter Vergleich auf dem Gebiet der elterlichen Sorge oder des Umgangsrechts bereits vorliegt. Ohne einen solchen Titel kann eine Abänderung gem § 1696 I 1 nicht erfolgen. Deshalb findet die Vorschrift keine Anwendung, wenn eine privatrechtliche Vereinbarung der Eltern oder ein kraft Gesetzes bestehendes Sorgerechtsverhältnis abgeändert werden soll (Staud/Coester § 1696 Rz 35f). Abänderbar sind auch ausländische Entscheidungen, die im Inland anerkennungsfähig sind (Hamm FamRZ 15, 346; Nürnbg FamRZ 21, 600, 606). Hauptanwendungsfälle sind die Abänderung von gerichtlichen Umgangsanordnungen oder -vergleichen (vgl Frankf FamRZ 19, 206; KG FamRZ 19, 363 zu Abänderung Wechselmodell); Privatvergleiche nicht Jena FamRZ 14, 859) sowie von Sorgeentscheidungen gem § 1671 (vgl Kobl FamRZ 19, 216) und gem §§ 1671, 1672 aF, wozu auch die gerichtliche Anordnung der gemeinsamen Sorge in diesen Altfällen zählt (Schwab FamRZ 98, 457, 471; hinsichtlich § 1672 aF vgl auch Braunschw FamRZ 99, 1006; Zweibr OLGR 00, 144; Schlesw OLGR 99, 341). Dagegen unterliegt die auf Grund gemeinsamer Sorgeerklärung gem § 1626a I Nr 1 (Schwab FamRZ 98, 457, 471) oder Heirat gem § 1626a I Nr 2 bestehende gemeinsame elterliche Sorge ebenso wenig der Abänderung gem § 1696 wie die gem § 1626a III bestehende Alleinsorge der unverheirateten Mutter. Kein Fall der Abänderung ist die Entscheidung zum Umgang – auch zur Anordnung eines paritätischen Wechselmodells – bei vorausgegangener Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts, da dieser keine Bindungswirkung zukommt (BGH FamRZ 20, 255; Brandbg FamRZ 20, 1655).
Rn 2
Hinsichtlich § 1672 aF ist die Anwendbarkeit des § 1696 I 1 aber nur insoweit gegeben als während der Dauer des weiteren Getrenntlebens vor der Scheidung eine Abänderung erfolgen soll. Denn einer Entscheidung gem § 1672 aF kommt auch nach Inkrafttreten des Kindschaftsrechtsreformgesetzes am 1.7.98 keine Bestandskraft über die Scheidung hinaus zu. Dies folgt aus der Systematik der Neuregelung, deren Zweck es war, die Elternautonomie zu stärken. Dem würde es widersprechen, wenn in einem zu diesem Zeitpunkt noch nicht abgeschlossenen Scheidungsverfahren einem Elternteil, der an der gemeinsamen elterlichen Sorge festhalten will, die Wirkungen des neuen Rechts wegen einer Norm vorenthalten würden, deren Zweck es nicht war, die Verhältnisse nach der Scheidung zu regeln (Zweibr FamRZ 00, 506; Hamm FamRZ 98, 1315; 99, 1159; Schlesw OLGR 99, 341; Stuttg FamRZ 01, 435; Stuttg OLGR 00, 212; Bambg FamRZ 99, 805; Nürnbg FamRZ 99, 614; Köln FamRZ 99, 613; 00, 509; aA Frankf FamRZ 99, 612; Stuttg FamRZ 99, 804; Zweibr FamRZ 99, 807; AG Freysing FamRZ 99, 806; Jena FamRZ 01, 436). Für die Zeit nach der Scheidung richtet sich die Regelung der elterlichen Sorge allein nach § 1671 mit der Folge, dass der Elternteil, der an der Alleinsorge – die ihm während des Getrenntlebens gem § 1672 aF übertragen worden war – festhalten will, einen Antrag gem § 1671 II stellen muss; andernfalls tritt mit Rechtskraft des Scheidung gemeinsame Sorge ein.
Rn 3
Dass die gemeinsame Sorge, die nach neuem Recht trotz Trennung und Scheidung fortbesteht, keiner Abänderung nach § 1696 I zugänglich ist, versteht sich von selbst, da eine gerichtliche Entscheidung gerade fehlt. Aber auch wenn ein Antrag eines Elternteils gem § 1671 II zurückgewiesen wurde, gilt nichts anderes (Oldbg FamRZ 19, 807; ähnl bei Ablehnung des Umgangsrechtsant...
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