Leitsatz

Prozesskosten einzelner Wohnungseigentümer dürfen nicht dauerhaft aus gemeinschaftlichen Mitteln entnommen werden, insbesondere nicht aus der Instandhaltungsrückstellung.

 

Normenkette

§§ 16 Abs. 8, 21 Abs. 4, 28 Abs. 3, 29 WEG

 

Das Problem

  1. In der Gemeinschaftsordnung einer Wohnungseigentumsanlage mit 18 Wohnungseigentumsrechten heißt es unter anderem wie folgt:

    Die Wohnungseigentümer haben gemeinschaftlich die Aufwendungen zu tragen, die für die Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums, den Betrieb der gemeinschaftlichen Anlagen und Einrichtungen und die Verwaltung tatsächlich entstehen.

    Die Eigentümer der Wohnungen 1 bis 17 tragen die von ihnen gemeinschaftlich vorzunehmenden Instandhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen zu folgenden Anteilen:

    (...) Wohnung Nr. 3: 7,307 % (...). Der Eigentümer der Wohnung 18 trägt die von ihm vorzunehmenden Instandhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen allein. Jeder Wohnungseigentümer hat den hiernach auf ihn entfallenden Teil der Aufwendungen ohne Rücksicht darauf zu tragen, ob er einen größeren oder geringeren Vorteil davon hat als andere Wohnungseigentümer.

    2. Zu den entsprechend diesen Grundsätzen zu tragenden Aufwendungen gehören insbesondere (...) c) die Kosten des Wasserverbrauchs, soweit er nicht im Einzelfall durch Zähler ermittelt wird, (...).”

    In der Versammlung vom 16.12.2010 genehmigen die Wohnungseigentümer die Abrechnung und die Einzelabrechnungen für das Jahr 2009. Ferner werden der Verwalter und die Mitglieder des Verwaltungsbeirats für das Wirtschaftsjahr 2009 entlastet.

  2. Wohnungseigentümer K, der Eigentümer der Einheit 3, geht gegen diese Beschlüsse vor. Er behauptet, man habe ihn nicht eingeladen. Hätte er eine Einladung erhalten, hätte er an der Versammlung teilgenommen. Er habe eine Verlegung der Versammlung und vorherige Belegeinsicht gefordert, aber nicht erhalten. Er meint, der Abrechnungsmaßstab der Wohnfläche für die verbrauchsunabhängigen Heizkosten sei falsch. Die Heizkosten seien nach Entstehung bzw. beheizbaren Flächen abzurechnen, zu denen die einbezogenen Balkonflächen nicht gehörten. Vorschüsse für Rechtsanwaltskosten dürften nicht aus der Instandhaltungsrückstellung entnommen werden, sondern seien von den Verfahrensbeteiligten vorzuschießen. Soweit Rechtsanwaltsvorschusskosten entnommen worden seien, sei er daran nicht zu beteiligen. Die Abrechnung sei auch fehlerhaft, soweit nicht nach Wohneinheiten, sondern nach Miteigentumsanteilen abgerechnet worden sei.
  3. Die beklagten Wohnungseigentümer behaupten, der Verwalter habe K die Einladung zur Versammlung in den Hausbriefkasten eingeworfen. Hätte K an der Versammlung teilgenommen, hätte sein Gegenstimme das Abstimmungsergebnis nicht beeinflusst. K sei auch keine Belegeinsicht verwehrt worden. K habe aber keinen Anspruch darauf, eine Einsichtnahme ins "Uferlose" zu treiben. Die Gesamt- und Einzelabrechnungen für 2009 seien auch gar nicht fehlerhaft. Die Umlageschlüssel seien richtig. Auch die Entlastung der Verwalterin und der Mitglieder des Verwaltungsbeirats sei nicht zu beanstanden. Es bestünden keine einer Entlastung entgegenstehende Schadensersatzansprüche, schon gar nicht wegen angeblich unterlassener Belegeinsicht oder der unverzinslichen Anlage der "Gemeinschaftsgelder". Die Wohnungseigentümer hätten eine Verzinsung nicht beschlossen.
 

Die Entscheidung

  1. Die Klage hat teilweise Erfolg! Die formalen Voraussetzungen der Beschlussfassung seien allerdings gewahrt gewesen. K's Rüge, nicht rechtzeitig zur Versammlung eingeladen worden zu sein, gehe fehl. Die Ladungsfrist sei gewahrt gewesen, wenn K die Einladung spätestens am 2.12.2011 zugegangen ist. Dies sei der Fall. Die Beweisaufnahme habe ergeben, dass K die Einladung nebst Gesamt- und Einzelabrechnung am 25.11.2011 durch Einwurf in den Hausbriefkasten zugegangen sei.
  2. Die Genehmigung der Abrechnung sei aber hinsichtlich der Rechtsanwaltsvorschusskosten für ungültig zu erklären. Prozesskosten einzelner Wohnungseigentümer dürften wegen § 16 Abs. 8 WEG nicht dauerhaft aus gemeinschaftlichen Mitteln entnommen werden, insbesondere nicht aus der Instandhaltungsrückstellung. Ordnungsmäßiger Verwaltung widerspreche ferner die Umlage der Kosten. Kostenschuldner der Rechtsanwaltskosten seien nur die verklagten übrigen Eigentümer, von denen diese Kosten – etwa im Wege einer Sonderumlage – zu erheben gewesen wären (Hinweis auf LG Rostock v. 12.4.2012, 1 S 273/10).
  3. Im Übrigen entspreche der Beschluss allerdings ordnungsmäßiger Verwaltung. Der der Abrechnung zugrunde liegende Umlageschlüssel sei nicht fehlerhaft. Nach Miteigentumsanteilen (§ 16 Abs. 2 WEG) und ebenso nach der Gesamtwohnfläche der 18 Wohnungen von 1.524,72 m2 entfielen auf K bei Berücksichtigung aller 18 Wohnungen 6,781 %. Bei Berücksichtigung der Wohnungen 1 bis 17, die nach § 7 der Teilungserklärung eine eigene "Abrechnungseinheit" bildeten, seien es hingegen 7,307 %. Bei der Berechnung sei es zulässig gewesen, einen Anteil von 25 % unbeheizter Balkonfläche für ...

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