Leitsatz

  1. Pflicht zur Beseitigung einer Parabolantenne
  2. Möglichkeit der Beschlussfassung ungeachtet vereinbarter Verwalterzustimmung
  3. Qualifizierter Mehrheitsbeschluss kraft vereinbarter Öffnungsklausel kann auch konstitutiv Handlungspflichten gegen einen Störer begründen
 

Normenkette

§§ 14 Nr. 1, 15 Abs. 3, 22 Abs. 1, 23 Abs. 4 WEG; § 1004 BGB

 

Kommentar

  1. Zum Sachverhalt: Ein Eigentümer hatte seine Wohnung an einen aus der Ukraine bzw. aus Russland stammenden Mieter vermietet. Dieser hatte im Balkonbereich auf einer Metallstange eine von außen deutlich sichtbare Parabolspiegelantenne angebracht, um Fernsehprogramme in seiner Muttersprache sehen zu können. In der Wohnanlage bestand allerdings ein Breitbandkabelanschluss, über den u. a. sechs russische Sender und Euronews in russischer Sprache empfangen werden konnten (gegen Zahlung einer Versandgebühr von 9,90 EUR und einer Freischaltgebühr von 14,50 EUR für einen Digitalreceiver; für russischsprachige Programme bestand eine monatliche Empfangsgebühr von 13,90 EUR).

    In der Gemeinschaft wurde bereits im Jahr 2000 ein bestandskräftig gewordener Beschluss gefasst, durch den der vermietende Eigentümer letztmals aufgefordert wurde, den Parabolspiegel zu entfernen; gleichzeitig wurde die Verwaltung ausdrücklich in diesem Beschluss beauftragt und bevollmächtigt, gegebenenfalls Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche der Gemeinschaft von widerrechtlich angebrachten Antennen gerichtlich durchzusetzen. Im Jahr 2005 wurde ein entsprechender Ergänzungsbeschluss gefasst, dass Antennen auch nicht innerhalb des Balkons auf dem Balkonboden mit einem Ständer dergestalt aufgestellt werden dürfen, dass sie von außen deutlich sichtbar wird; auch dieser Beschluss blieb unangefochten.

    Vereinbart war in der Gemeinschaftsordnung u. a., dass "Antennen nur nach schriftlicher Einwilligung des Verwalters und nur in der von ihm bestimmten Art und Form angebracht werden dürfen. Sollte der Verwalter die erwünschte Einwilligung verweigern oder widerrufen, habe auf Antrag die Gemeinschaft zu entscheiden".

  2. Es kann zunächst dahingestellt bleiben, ob das Beseitigungsverlangen auf die Eigentümerbeschlüsse aus 2000 und 2005 oder auf § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB i. V. mit § 14 Nr. 1 und § 15 Abs. 3 WEG gestützt wird.

    Die Gemeinschaft hat hier Abwehransprüchean sich gezogen, die damit auch durch den Verband geltend gemacht werden können (vgl. OLG München, ZWE 2006, 135 = ZMR 2006, 157). Solche Abwehransprüche sind nicht nur Angelegenheit der Wohnungseigentümer als Einzelpersonen, sondern gehören daneben auch zur Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums durch den insoweit teilrechtsfähigen Verband, zumal der Gesamteindruck der ganzen Wohnanlage betroffen ist, dessen Gestaltung auch Bestandteil der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums ist.

    Das Beseitigungsverlangen beruht hier auf den bestandskräftig gewordenen Eigentümerbeschlüssen von 2000 und 2005, die konstitutiv die Verpflichtung des Antragsgegners zur Entfernung der Parabolantenne begründen (BayObLG, WuM 1996, 790).

    In der Gemeinschaftsordnung findet sich hier auch anders als in dem vom BGH entschiedenen Fall (ZMR 2004, 438 = NZM 2004, 227/230) keine Gebrauchsregelung, die ihrerseits bereits die Modalitäten für die Anbringung einer Antenne festlegt. Durch die Vereinbarungsregelung ist hier den Eigentümern auch die Beschlusskompetenz bezüglich der Anbringung von Parabolantennen nicht entzogen worden. Die vereinbarte Einwilligung des Verwalters soll hier Eigentümer von eigener Entscheidung nicht ausschließen, sondern eine Erleichterung für sie darstellen, um Wohnungseigentümerversammlungen nicht mit Beschlussanträgen zu überfrachten. Nach dem Sinn der Regelung können also die Eigentümer auch Beschlüsse über die Anbringung bzw. Beseitigung von Antennen fassen, wenn der Verwalter in dieser Angelegenheit überhaupt noch nicht tätig geworden ist.

    Vorliegend sind dann auch jeweils positive Beschlussergebnisse festgestellt und verkündet worden; dies hat nach der Rechtsprechung des BGH – der auch der Senat folgt – grds. konstitutive Bedeutung (BGH, ZMR 2001, 809/814). Damit wurde von der Gemeinschaft festgelegt, dass die Art der Antennenanbringung, wie sie der Mieter des Antragsgegners vorgenommen hatte, nicht zulässig war.

  3. Der Antragsgegner als Eigentümer und Vermieter ist auch (zumindest mittelbarer) Handlungsstörer, da er sich die von seinem Mieter vorgenommene Aufstellung zurechnen lassen muss (BayObLG, WuM 1996, 790). Damit ist auch der vermietende Eigentümer für die Geltendmachung des Beseitigungsanspruchs passivlegitimiert (verantwortlicher Schuldner einer Beseitigung).

    Das Verlangen der Gemeinschaft stellt auch keine unzulässige Rechtsausübung dar, da der Antragsgegner keinen Anspruch auf Herbeiführung eines genehmigenden Eigentümerbeschlusses hat.

    Die angebrachte Antenne beeinträchtigt auch den optischen Gesamteindruck des Gebäudes in sehr deutlich wahrnehmbarer Weise von außen. Die Beurteilung der Frage einer Beeinträchtigung obliegt in erster Linie de...

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