rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Anfechtung einer Baugenehmigung

 

Verfahrensgang

VG Aachen (Urteil vom 12.01.1994; Aktenzeichen 3 K 498/93)

 

Tenor

Das Verfahren wird eingestellt.

Das Urteil des Verwaltungsgerichts Aachen vom 12. Januar 1994 ist unwirksam.

Die Kläger tragen als Gesamtschuldner Kosten des in der Hauptsache erledigten Verfahrens einschlißlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.

Der Streitwert wird auch für das Berufungsverfahren auf 10.000,– DM festgesetzt.

 

Gründe

Nachdem die Kläger und der beklagte das Verfahren in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, war das Verfahren in entsprechender Anwendung der §§ 125 Abs. 1, 92 Abs. 2 VwGO einzustellen und das Urteil des Verwaltungsgerichts in entsprechender Anwendung des § 173 VwGO i.V.m. § 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO für unwirksam zu erklären sowie gemäß §§ 161 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden. Dem entspricht es, den Klägern die Kosten einschließlich der außergerichtlichen des Beigeladenen aufzuerlegen, denn sie wären voraussichtlich unterlegen.

Die zulässige Berufung wäre unbegründet gewesen.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.

Hierbei kann dahinstehen, ob die Anfechtungsklage zwischenzeitlich unzulässig geworden ist, weil die streitige Baugenehmigung ggf. durch Zeitablauf – § 72 Abs. 2 BauO NW ihre Wirkung verloren hat. Zwar führt regelmäßig der Nachbarwiderspruch und die – klage zur Hemmung des Fristablaufs,

vgl. OVG NW, Urteil vom 17. Juli 1987 – 10 A 378/85 –; Gädtke/Böckenförde/Temme, BauO NW, 8. Aufl., § 72 Rdnr. 11; Boeddinghaus/Hahn, BauO NW, § 72 Rdnr. 8,

wenn der Bauherr sich durch diese von der Bauausführung abhalten läßt. Weicht er jedoch erheblich mit dem Vorhaben von der Baugenehmigung ab, so ist die Nachbareinwendung nicht mehr kausal für das Nichtausnutzen der Baugenehmigung. Ob insoweit das vorliegende Abweichen von der Baugenehmigung in der Weise, daß zusätzlich an der Rückseite ein Schleppdach angebracht wurde und das Lichtband im streitigen Anbau zum Grundstück der Kläger bedeutend höher und über die gesamte Breite ausgebildet worden ist, die Annahme eines qualifizierten Abweichens rechtfertigt, weil die Art der Ausbildung der Außenwand z. B. für die Frage des Lärmschutzes von Bedeutung ist kann jedoch letztlich dahinstehen.

Die Klage war jedenfalls unbegründet, denn die angefochtene Baugenehmigung in der Fassung des Widerspruchsbescheides verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO), da ihnen Nachbarabwehrrechte gegen das strittige Vorhaben nicht zustehen.

Hierbei kann dahinstehen, ob sich die planungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens nach § 34 BauGB oder § 35 BauGB richtet, ob die Bebauung entlang der V. Straße insbesondere im Bereich des hier streitigen Vorhabens noch Teil eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils ist oder schon dem Außenbereich zugerechnet werden muß.

Soweit die Bebauung noch Teil eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils ist, handelt es sich nach dem vorliegenden Karten- und Bildmaterial sowie dem Ergebnis der Ortsbesichtigung bei der näheren Umgebung des streitigen Grundstücks nach der Art der Nutzung um eine solche, die dem Charakter eines Dorfgebietes im Sinne der §§ 34 Abs. 2 BauGB, 5 BauNVO entspricht und nicht, wie die Kläger meinen, um ein allgemeines Wohngebiet oder ein Mischgebiet. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird insoweit auf die zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts im angefochtenen Urteil und die Ausführungen im Beschluß des Senats im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes verwiesen.

Liegt das Grundstück des Klägers in einem faktischen Dorfgebiet (§ 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 5 BauNVO), steht den Klägern ein nachbarliches Abwehrrecht gegen das Vorhaben unter dem Gesichtspunkt eines Gebietsgewährleistungsanspruchs,

vgl. hierzu Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 16. September 1993 – 4 C 28.91 –, BRS 55 Nr. 110,

wegen einer gebietsfremden Nutzung nicht zu, denn eine solche ist nicht gegeben.

Auch im übrigen läßt sich ein nachbarliches Abwehrrecht nicht begründen. Die Kläger sind insoweit auf die Geltendmachung eines Verstoßes gegen das Gebot der Rücksichtnahme beschränkt, welches sich insoweit aus § 15 Abs. 1 BauNVO ableitet. Das Vorhaben verstößt jedoch insgesamt nicht zu Lasten der Kläger gegen dieses Gebot. Die Wohnnutzung der Kläger auf einem – einen Bebauungszusammenhang unterstellt – im Dorfgebiet gelegenen Grundstück, wird durch das Vorhaben des Beigeladenen nicht unzumutbar beeinträchtigt.

Ein Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot allein wegen der Zulassung der Erweiterung des Boxenlaufstalls als solcher ist ausgeschlossen, da der Boxenlaufstall als Teil einer Wirtschaftsstelle eines landwirtschaftlichen Betriebes im Dorfgebiet zulässig ist. Insoweit beschränkt sich die Prüfung eines Verstoßes gegen das Rücksichtnahmegebot alleine darauf, ob ausgehend von der planungsrechtlichen Zulässigkeit...

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